Seit dem Stück "Marat/Sade" (1964) fand Peter Weiss internationale Anerkennung. Seine "Prozeß"-Dramatisierungen blieben allerdings im Schatten der vieldiskutierten Roman-Trilogie "Die Ästhetik des Widerstands" (1975-1981) so gut wie unbeachtet. Dieses Buch behandelt in einer vergleichenden Modellanalyse die beiden Kafka-Adaptationen von Weiss. Im Mittelpunkt steht die Frage der jeweiligen Gattungsperspektive. Die Veränderung der narrativen Perspektive des 'einsinnigen Erzählens' bei Kafka durch aktivierende Rezeptionsstrategien bei Weiss lenkt den Blick auf Spielarten der 'offenen Form des Dramas': im "Prozeß" (1974) die offene Form der dramatischen Parabel, im "Neuen Prozeß" (1981) die noch extremere Form der Montage von Wirklichkeitsfragmenten. In dieser Hinsicht ist die Untersuchung als ein Beitrag zur Entwicklung der Dramaturgie nach Brecht zu verstehen.