Das verborgene Monument: 'Die Drei Reiche' ist der legendäre, älteste Roman Chinas und ein einzigartiger Schlüssel zu seiner Kultur. Nun liegt er zum ersten Mal vollständig auf Deutsch vor: eine einzigartige Entdeckung, die Übersetzung eine sprachliche Meisterleistung.
'Die Drei Reiche' erzählt von der heroischen Epoche Chinas im 2. und 3. Jahrhundert. Das Reich war zerfallen, der Kaiser hilflos. Alle Macht gehörte Generälen, Eunuchen, intriganten Witwen, genialen Strategen und todesmutigen Helden. Erst hundert Jahre später, nach zahllosen Schlachten und Feldzügen von der Mongolei bis nach Vietnam, war das große Reich wieder geeint. Nie zuvor gab es eine vollständige Übersetzung der 'Drei Reiche' ins Deutsche. Die Sinologin Eva Schestag schließt endlich diese große Lücke in unserer Kenntnis über das Reich der Mitte - mit einer lebendigen, spannenden, begeisternden Übersetzung in einer umfassend annotierten Ausgabe - eine große Entdeckung.
Immer wenn China sich selbst und seine Geschichte verstehen will, beugt es sich über die 'Drei Reiche'. Monumentalfilme, Fernsehserien und Videospiele beziehen sich darauf. Diese Faszination eröffnet uns die gesamte Kultur Asiens.
'Die Drei Reiche' erzählt von der heroischen Epoche Chinas im 2. und 3. Jahrhundert. Das Reich war zerfallen, der Kaiser hilflos. Alle Macht gehörte Generälen, Eunuchen, intriganten Witwen, genialen Strategen und todesmutigen Helden. Erst hundert Jahre später, nach zahllosen Schlachten und Feldzügen von der Mongolei bis nach Vietnam, war das große Reich wieder geeint. Nie zuvor gab es eine vollständige Übersetzung der 'Drei Reiche' ins Deutsche. Die Sinologin Eva Schestag schließt endlich diese große Lücke in unserer Kenntnis über das Reich der Mitte - mit einer lebendigen, spannenden, begeisternden Übersetzung in einer umfassend annotierten Ausgabe - eine große Entdeckung.
Immer wenn China sich selbst und seine Geschichte verstehen will, beugt es sich über die 'Drei Reiche'. Monumentalfilme, Fernsehserien und Videospiele beziehen sich darauf. Diese Faszination eröffnet uns die gesamte Kultur Asiens.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.07.2017Dieses Buch ließ Mao die Welt verstehen
Erstmals der chinesische Romanklassiker "Die Drei Reiche" komplett auf Deutsch
"Wenn die Macht über die Welt lange geeint war, muss sie geteilt werden, und wenn sie lange geteilt war, muss sie geeint werden." So lautet eine zentrale Stelle im chinesischen Romanklassiker "Die Drei Reiche". Das Luo Guanzhong zugeschriebene Werk ist Chinas Nationalepos und ein Roman der Superlative: Es umfasst 800 000 Wörter, tausend Figuren und mehr als hundert Schlachtenszenen. Das Buch lebt von martialischen Fähigkeiten ebenso wie von intellektuellem Schlagabtausch. Seine chinesische Wirkungsgeschichte spiegelt sich in Opern, Strategiebüchern für Militärs, Sprichwörtern und Videospielen wider. Der historische Roman in 120 Episoden beleuchtet vom Jahr 165 an den Verfall des Hauses Han bis zur Zeit der Drei Reiche (208 bis 280 nach Christus). Vor dem geistigen Auge des Lesers defilieren dekadente Kaiser, aufständische Bauern und rivalisierende Kriegsherren.
Luo Guanzhong, der im vierzehnten Jahrhundert lebte, war eher Kompilator und Stoffsammler als Autor des Werks, das Anekdoten, Dokumentarisches und Gedichte vereint. Deren Ursprünge liegen in offiziellen Geschichtswerken wie "Chronik der Drei Reiche" aus dem dritten Jahrhundert und im Stoff der seit der Tang-Zeit aktiven Geschichtenerzähler. Es heißt, siebzig Prozent seien Geschichte und dreißig Prozent Fiktion. Die älteste erhaltene gedruckte Ausgabe stammt von 1522. Mao Lun und Mao Zonggang überarbeiteten das Werk im siebzehnten Jahrhundert; die nun vorliegende erste deutsche Gesamtübersetzung beruht auf der dieser Ausgabe von 1679. Schon auf den ersten Seiten taucht der Leser ein in ein exotisches Universum und Sittengemälde, das sich einer Querrolle gleich eröffnet. Von weißen Schlangen, Unwetter und Machenschaften der Eunuchen ist die Rede, von Zeichen, die vom Verfall des Han-Reichs künden: "Der einzige Grund, warum ein Regenbogen zur Erde fiel und sich Hühner in Hähne verwandelten, ist der, dass sich die Damen am Hofe und die Eunuchen den Beschlüssen der Regierung widersetzen."
Volkstümlich-holzschnittartige Heroen sind die drei "Schwurbrüder vom Pfirsichgarten": Liu Bei, Bastbinder und als Han-Nachfahre aus Sicht des Werks legitimer Erbe der Dynastie, gewinnt den ungestüm-trinkfreudigen einstigen Weinhändler, aber gerechten Streiter Zhang Fei und den ritterlich-hochmütigen, doch später idealisierten General Guan Yu, der heute als Stadt- und Kriegsgott verehrt wird, als Waffenbrüder. Im Landgut Zhangs schwören sie sich ewige Treue. Im Kampf rivalisierender Kräfte tun sich neben Liu Bei im Südwesten Sun Quan im Südosten und der machiavellistische Feldherr Cao Cao im Norden hervor. Die zahlenmäßig unterlegene Allianz der südlichen Kriegsherren gewinnt 208 die Schlacht an der Roten Wand, was zur Genese der Reiche Shu im Südwesten, Wu im Südosten und Wei im Norden führt.
Die Story lebt von Pakten und Joint Ventures, Versuchen feindlicher und freundlicher Übernahmen und der Krux simultaner Königreiche. Auch wenn Liu Bei im heutigen Sichuan erfolgreich das Reich Shu errichtet, bleibt die Reichseinigung ein Traum. Manchen Theorien zufolge inspirierte "Die Drei Reiche" Mao Tse-tungs Geschichtsbild in der tripolaren Weltkonstellation zwischen China, der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten.
Es lässt sich ein Heldenkonzept fern der Dichotomien von Gut und Böse erkennen. So macht sogar Liu Beis Berater, der mit übernatürlichen Kräften und Listenreichtum begabte Weise und geniale Stratege Zhuge Liang, Fehler, was an tragische Helden unserer Dramen erinnert. Spannung resultiert auch aus dem Widerstreit konfuzianischer Werte wie yi (Gerechtigkeit) und zhong (Untertanentreue). Geschichte bedeutet keine klassische Schicksalsergebenheit, sondern Zusammenspiel zwischen menschlicher Unternehmung und himmlischer Fügung.
Viele Schlachtenszenen und Strategiespiele sind in das kollektive Gedächtnis eingeschrieben. So zeigte das Museum of Modern Art 1998 Cai Guoqiangs Installation "Borrowing your enemy's arrows". Sie evoziert jenen genialen Kniff, als Zhuge Liang im Vorfeld der Schlacht an der Roten Wand 150 000 Pfeile von seinem Feind Cao Cao "borgte", indem er Schiffe mit Strohballen-Attrappen bestückte.
Auch Pro-Forma-Manöver, Taktiken wie "Im Osten lärmen, im Westen angreifen", Scheinüberläufer, Überredungskünstler, Selbstverletzungen oder Liebesfallen wie das "Strategem der schönen Frau" prägen den Roman. So wird Guan Yu als Tugendmodell verehrt: Als der gewiefte Cao Cao ihn mit zwei Ehefrauen Liu Beis logieren lässt, wird ironisch erzählt, wie Guan Yu mit Kerze in der Hand vor dem Zimmer der Damen Wache hält.
Franz Kuhn übersetzte den Roman 1940 nur stark gekürzt. Nun hat Eva Schestag das Gesamtwerk in sechsjähriger Arbeit in eine geistreiche annotierte Übersetzung und ein Schatzkästchen verwandelt. Das Buch endet nach einer Fülle von Schlachten und Scharmützeln nicht mit der erhofften Restauration der Macht der Han, sondern der Reichseinigung unter der neuen Jin-Dynastie.
STEFFEN GNAM
Luo Guanzhong: "Die Drei Reiche".Roman.
Aus dem Klassischen Chinesischen von Eva Schestag. Verlag S. Fischer, Frankfurt am Main 2017. Zwei Bände im Schuber, zus. 864 S., geb., 99,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Erstmals der chinesische Romanklassiker "Die Drei Reiche" komplett auf Deutsch
"Wenn die Macht über die Welt lange geeint war, muss sie geteilt werden, und wenn sie lange geteilt war, muss sie geeint werden." So lautet eine zentrale Stelle im chinesischen Romanklassiker "Die Drei Reiche". Das Luo Guanzhong zugeschriebene Werk ist Chinas Nationalepos und ein Roman der Superlative: Es umfasst 800 000 Wörter, tausend Figuren und mehr als hundert Schlachtenszenen. Das Buch lebt von martialischen Fähigkeiten ebenso wie von intellektuellem Schlagabtausch. Seine chinesische Wirkungsgeschichte spiegelt sich in Opern, Strategiebüchern für Militärs, Sprichwörtern und Videospielen wider. Der historische Roman in 120 Episoden beleuchtet vom Jahr 165 an den Verfall des Hauses Han bis zur Zeit der Drei Reiche (208 bis 280 nach Christus). Vor dem geistigen Auge des Lesers defilieren dekadente Kaiser, aufständische Bauern und rivalisierende Kriegsherren.
Luo Guanzhong, der im vierzehnten Jahrhundert lebte, war eher Kompilator und Stoffsammler als Autor des Werks, das Anekdoten, Dokumentarisches und Gedichte vereint. Deren Ursprünge liegen in offiziellen Geschichtswerken wie "Chronik der Drei Reiche" aus dem dritten Jahrhundert und im Stoff der seit der Tang-Zeit aktiven Geschichtenerzähler. Es heißt, siebzig Prozent seien Geschichte und dreißig Prozent Fiktion. Die älteste erhaltene gedruckte Ausgabe stammt von 1522. Mao Lun und Mao Zonggang überarbeiteten das Werk im siebzehnten Jahrhundert; die nun vorliegende erste deutsche Gesamtübersetzung beruht auf der dieser Ausgabe von 1679. Schon auf den ersten Seiten taucht der Leser ein in ein exotisches Universum und Sittengemälde, das sich einer Querrolle gleich eröffnet. Von weißen Schlangen, Unwetter und Machenschaften der Eunuchen ist die Rede, von Zeichen, die vom Verfall des Han-Reichs künden: "Der einzige Grund, warum ein Regenbogen zur Erde fiel und sich Hühner in Hähne verwandelten, ist der, dass sich die Damen am Hofe und die Eunuchen den Beschlüssen der Regierung widersetzen."
Volkstümlich-holzschnittartige Heroen sind die drei "Schwurbrüder vom Pfirsichgarten": Liu Bei, Bastbinder und als Han-Nachfahre aus Sicht des Werks legitimer Erbe der Dynastie, gewinnt den ungestüm-trinkfreudigen einstigen Weinhändler, aber gerechten Streiter Zhang Fei und den ritterlich-hochmütigen, doch später idealisierten General Guan Yu, der heute als Stadt- und Kriegsgott verehrt wird, als Waffenbrüder. Im Landgut Zhangs schwören sie sich ewige Treue. Im Kampf rivalisierender Kräfte tun sich neben Liu Bei im Südwesten Sun Quan im Südosten und der machiavellistische Feldherr Cao Cao im Norden hervor. Die zahlenmäßig unterlegene Allianz der südlichen Kriegsherren gewinnt 208 die Schlacht an der Roten Wand, was zur Genese der Reiche Shu im Südwesten, Wu im Südosten und Wei im Norden führt.
Die Story lebt von Pakten und Joint Ventures, Versuchen feindlicher und freundlicher Übernahmen und der Krux simultaner Königreiche. Auch wenn Liu Bei im heutigen Sichuan erfolgreich das Reich Shu errichtet, bleibt die Reichseinigung ein Traum. Manchen Theorien zufolge inspirierte "Die Drei Reiche" Mao Tse-tungs Geschichtsbild in der tripolaren Weltkonstellation zwischen China, der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten.
Es lässt sich ein Heldenkonzept fern der Dichotomien von Gut und Böse erkennen. So macht sogar Liu Beis Berater, der mit übernatürlichen Kräften und Listenreichtum begabte Weise und geniale Stratege Zhuge Liang, Fehler, was an tragische Helden unserer Dramen erinnert. Spannung resultiert auch aus dem Widerstreit konfuzianischer Werte wie yi (Gerechtigkeit) und zhong (Untertanentreue). Geschichte bedeutet keine klassische Schicksalsergebenheit, sondern Zusammenspiel zwischen menschlicher Unternehmung und himmlischer Fügung.
Viele Schlachtenszenen und Strategiespiele sind in das kollektive Gedächtnis eingeschrieben. So zeigte das Museum of Modern Art 1998 Cai Guoqiangs Installation "Borrowing your enemy's arrows". Sie evoziert jenen genialen Kniff, als Zhuge Liang im Vorfeld der Schlacht an der Roten Wand 150 000 Pfeile von seinem Feind Cao Cao "borgte", indem er Schiffe mit Strohballen-Attrappen bestückte.
Auch Pro-Forma-Manöver, Taktiken wie "Im Osten lärmen, im Westen angreifen", Scheinüberläufer, Überredungskünstler, Selbstverletzungen oder Liebesfallen wie das "Strategem der schönen Frau" prägen den Roman. So wird Guan Yu als Tugendmodell verehrt: Als der gewiefte Cao Cao ihn mit zwei Ehefrauen Liu Beis logieren lässt, wird ironisch erzählt, wie Guan Yu mit Kerze in der Hand vor dem Zimmer der Damen Wache hält.
Franz Kuhn übersetzte den Roman 1940 nur stark gekürzt. Nun hat Eva Schestag das Gesamtwerk in sechsjähriger Arbeit in eine geistreiche annotierte Übersetzung und ein Schatzkästchen verwandelt. Das Buch endet nach einer Fülle von Schlachten und Scharmützeln nicht mit der erhofften Restauration der Macht der Han, sondern der Reichseinigung unter der neuen Jin-Dynastie.
STEFFEN GNAM
Luo Guanzhong: "Die Drei Reiche".Roman.
Aus dem Klassischen Chinesischen von Eva Schestag. Verlag S. Fischer, Frankfurt am Main 2017. Zwei Bände im Schuber, zus. 864 S., geb., 99,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
nicht nur eine übersetzerische, sondern auch eine glanzvolle verlegerische Leistung, die für viele Liebhaber der chinesischen Literatur längst überfällig war. Bernhard Windisch Nürnberger Nachrichten 20170418