Rezension von Andrea Camilleri, Die dunkle Wahrheit des Mondes. Commissario Montalbano erlebt Sternstunden. Aus dem Italienischen von Moshe Kahn, Edition Lübbe 2007, 269 Seiten, ISBN 978-3-7857-1601-4
Vielleicht auch deshalb, weil ihm sein Schöpfer Andrea Camilleri in seinem hohen Alter zunehmend
ins Auge schaut, setzt sich Salvo Montalbano, jener sympathische und hintergründige Commissario in…mehrRezension von Andrea Camilleri, Die dunkle Wahrheit des Mondes. Commissario Montalbano erlebt Sternstunden. Aus dem Italienischen von Moshe Kahn, Edition Lübbe 2007, 269 Seiten, ISBN 978-3-7857-1601-4
Vielleicht auch deshalb, weil ihm sein Schöpfer Andrea Camilleri in seinem hohen Alter zunehmend ins Auge schaut, setzt sich Salvo Montalbano, jener sympathische und hintergründige Commissario in seinem Haus am Meer immer öfter mit dem Tod auseinander. Besonders morgens nach dem Aufwachen überfallen ihn die dunklen Gedanken. „’Wenn der Tag deines Todes kommt’ …..Und was suchte dieser Gedanken inmitten all der anderen Gedanken ? Es war eine feige Attacke! Es war, als würde sich jemand, während er Liebe macht, daran erinnern, dass er die Telefonrechnung noch nicht bezahlt hatte. Es war nicht so, dass der Gedanke an den Tod ihm sonderlich Angst gemacht hätte, doch morgens um halb sieben war er fehl am Platz. Wenn einer anfing, morgens um sieben über seinen Tod nachzudenken, dann war er sicher, dass er sich um fünf Uhr nachmittags entweder erschoss oder sich mit einem Stein am Hals ins Meer stürzte.“
Montalbano, auch schon in die Jahre gekommen, begreift, dass ihn der Gedanke an den Tod nun nicht mehr verlassen wird und er nur eine Möglichkeit hat, ihn nämlich in sein Leben zu integrieren. Dieses Leben hat sich in den letzten Jahren eigentlich nicht viel verändert. Seine Freundin Livia lebt nach wie vor auf dem Festland und besucht ihn nur tageweise in Sizilien. Er isst für sein Leben gern, hat auf der Polizeiwache viel an seine Kollegen delegiert und mit seinen Oberen geht er auf eine pfiffige Weise um, die jene aber gar nicht bemerken. Catarella, jener tollpatschige Polizist, der seit dem ersten Band „Der Hund aus Terracotta“ vor vielen Jahren, den Leser dieser außergewöhnlichen Krimiserie immer wieder in schallendes Gelächter ausbrechen ließ mit seiner fast schon genialen Umständlichkeit, hat sich weiter am Computer qualifiziert und leistet mit seinen Kenntnissen in diesem neuen Fall einen nicht unwesentlichen Beitrag zu dessen Lösung.
Eine etwa vierzigjährige Frau, „auf den ersten Blick eine Überlebende des Laienordens der Töchter Mariens“, spricht auf der Polizeistation vor und meldet das Verschwinden ihres Bruders Angelo Pardo, 42 Jahre alt.
Die Frau lässt sich nicht beruhigen und schließlich wird die Leiche Angelo Pardos in dessen Sommerhäuschen, in das er sich immer alleine zurückzog, gefunden. Von einem Stirnschuss getötet, hat der Täter das Opfer mit geöffnetem Hosenlatz und heraushängendem Penis hinterlassen.
Zunächst deutet alles auf ein Verbrechen hin, das aus Leidenschaft begangen wurde. Michela, die Schwester Angelos Pardos, die sein Verschwinden gemeldet hatte und während der Ermittlungen zeigt, dass
sie unter ihrer „Schwesterntracht“ erhebliche Reize versteckt, und Elena, die letzte von zahllosen Geliebten Pardos, versuchen Salvo Montalbano im Laufe der Ermittlungen immer wieder, von der richtigen Spur abzubringen. Und ein sexuell ausgehungerter Commissario muss sich schwer zusammennehmen, um nicht schwach zu werden.
Es stellt sich heraus, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen Angelos Pardos Tod und dem als Herzanfall vertuschten Tod zweier Abgeordneter, Nicolea und Di Cristoforo. Die Ermittlungen, in die sich das Rauschgiftdezernat einschaltet mit dem Ziel der Vertuschung der wahren Hintergründe des Todes der beiden Politiker, führen Montalbano ins Drogenmilieu. Nachdem er, nicht zuletzt durch seine hohe literarische Bildung, die sein Schöpfer Camilleri ihn in jedem Buch ausspielen lässt, ein als Zahlencode verschlüsselte Botschaft geknackt hat, kommt Montalbano einer folgenreichen Tragödie auf die Spur….
Wie schon in anderen Büchern zuvor, schließt er den Fall auf seine Art ab und verschafft seiner ganz eigenen Form von Gerechtigkeit Geltung.
Ein unterhaltsamer, hintergründiger Roman mit melancholischen Untertönen.