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August Becker ist der Star unter den Pressefotografen, seine Porträts sind unverwechselbar. Im aktuellen Wahlkampf um die Kanzlerschaft erhält er von einer liberalen Wochenzeitschrift den Auftrag, den Spitzenkandidaten einer populistischen Partei zu fotografieren. Ulli Popp hetzt gegen Migranten, gegen Frauen, gegen unabhängige Medien. August Becker soll den Mann hinter der Fassade von Fürsorglichkeit entlarven, seine Brutalität, seinen Zynismus, er soll den unaufhaltsam scheinenden Siegeszug seiner Partei stoppen. August verachtet Popp, er nimmt den Auftrag an, und tatsächlich gelingt ihm ein…mehr

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Produktbeschreibung
August Becker ist der Star unter den Pressefotografen, seine Porträts sind unverwechselbar. Im aktuellen Wahlkampf um die Kanzlerschaft erhält er von einer liberalen Wochenzeitschrift den Auftrag, den Spitzenkandidaten einer populistischen Partei zu fotografieren. Ulli Popp hetzt gegen Migranten, gegen Frauen, gegen unabhängige Medien. August Becker soll den Mann hinter der Fassade von Fürsorglichkeit entlarven, seine Brutalität, seinen Zynismus, er soll den unaufhaltsam scheinenden Siegeszug seiner Partei stoppen. August verachtet Popp, er nimmt den Auftrag an, und tatsächlich gelingt ihm ein Schnappschuss, von dem er überzeugt ist, dass er den Ausgang der Wahl entscheidend beeinflussen wird - bis sich von einem Tag auf den anderen alle Gewissheiten ins Gegenteil verkehren.
Mit Witz, Ironie und Fabulierlust erzählt Doron Rabinovici in seinem neuen Roman von einer immer stärker polarisierten Gegenwart, einer zunehmend gespaltenen Gesellschaft. Es geht um die Relativierung von Fakten, die Anziehungskraft des Autoritären, die Macht der Bilder. Es geht um den Kampf eines Populisten gegen einen Fotografen, der genau weiß, dass jede Aufnahme Zeugnis einer Einstellung ist.
Autorenporträt
Doron Rabinovici, 1961 in Tel Aviv geboren, in Wien aufgewachsen, ist Schriftsteller und Historiker. Sein Werk umfasst Kurzgeschichten, Romane und wissenschaftliche Beiträge. In Österreich hat er immer wieder prominent Position gegen Rassismus und Antisemitismus bezogen. Für sein Werk wurde er zuletzt mit dem Anton-Wildgans-Preis und dem Ehrenpreis des österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln ausgezeichnet.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Rezensent Stefan Michalzik erhält in Doron Rabinovicis neuem Buch "Die Einstellung" ein scharfes Abbild einer immer stärker vom Populismus geprägten Gesellschaft. Der 1961 in Tel Aviv geborene Autor lässt dafür seinen Protagonisten, den renommierten Pressefotografen August Becker, mit dem populistischen Politiker Ulli Popp agieren - Becker soll Fotos von Popp für ein Magazin schießen, was ihm gut gelingt, denn sein Bild hat das Potenzial, Popps Wahl zu vermasseln. Doch das Magazin entscheidet sich für ein anderes Foto, und das Geschehen schaukelt sich für Becker, der nach und nach und eigentlich unbeabsichtigt immer häufiger mit Popp verkehrt, hoch, bis der Protagonist seine Arbeit und seinen guten Ruf verliert, erzählt uns Michalzik. Rabinovicis gut in die unterhaltsame Handlung eingebundenen Figuren erinnern den Rezensenten mit ihren Konturen und den modellhaften Verdichtungen an das Ensemble eines guten Theaterstücks. Und auch wenn der Kritiker Einwände gegen das stellenweise Pathos und den schwachen Schluss erhebt, erscheint ihm das Buch in seiner Süffisanz amüsant und gewinnbringend.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.03.2022

Die Riefenstahl
unserer Zeit
Doron Rabinovicis Polit-Parabel
„Die Einstellung“
Schon auf der ersten Seite geht es los: Jener Politiker, der da beschrieben wird, der „auf einer Kundgebung volksnah, bei einem Galadinner charmant und vor Firmenvorständen weltgewandt“ aufzutreten versteht, ist das Jörg Haider? Parallelen zwischen dem Politiker, der den Aufstieg der FPÖ in den Achtzigerjahren bewirkt hat und als Vorreiter des Rechtspopulismus in Europa gilt, und der Figur Ulli Popp im Roman sind evident. Aber auch Facetten von Donald Trump, Viktor Orbán und Matteo Salvini blitzen durch. Auch die Hauptfigur August Becker scheint ein literarisches Konglomerat zu sein, das sich aus mehreren bekannten Pressefotografen zusammensetzt. Bei der Figur von Flo Maus, dem Mitarbeiter des Bundeskanzlers, sind Ähnlichkeiten zu illustren PR-Beratern zu erkennen.
Im neuen Roman von Doron Rabinovici gibt es häufig Bezüge zur aktuellen Politik und den Medien sowie Anleihen bei real existierenden Personen. Das macht den Reiz dieses Buches aus, dessen Anspielungen Leserinnen und Lesern, die mit den Entwicklungen in Österreich vertraut sind, sicher klarer erkennen und entschlüsseln können als andere. Es geht auch um „Staatsaufträge und Beteiligungen an heimischen Firmen im öffentlichen Besitz“, die einem skrupellosen, offensichtlich aus Russland stammenden Geschäftsmann versprochen werden – Bezüge zur Ibiza-Affäre sind offensichtlich. Auch ein neues Online-Boulevardmedium spielt eine Rolle – ein solches wurde in Österreich jüngst gegründet. Aber Rabinovici geht es nicht nur um Österreich. Sein Roman ist mehr als die literarische Verdichtung von Tagespolitik in seinem Heimatland. Der Historiker und Publizist zielt auf die grundsätzliche Ebene. In diesem Roman geht es um die Macht der Bilder, um das Verhältnis zwischen Politik und Medien. Deshalb ist der Titel „Die Einstellung“ treffend doppeldeutig, weil er nicht nur auf die Arbeit des Fotografen, sondern auch auf Gesinnung abzielt. Rabinovici versteht es, die großen Themen Populismus und Pressefreiheit einzubetten in eine Handlung, die sehr im Heute und Jetzt verankert ist. Er zeigt die Gefährdungen auf, die Kipppunkte im öffentlichen und privaten Diskurs. Letztlich geht es um Toleranz und Aufklärung sowie den Fortbestand der liberalen Demokratie.
Die Figur Popp ist ein rhetorisch gewandter, autoritärer Politiker, der auszieht, um die Stimmung in Stimmen zu verwandeln, um die Unzufriedenheit in einer Protestbewegung zu bündeln. „Unsere Bewegung ist ein Aufstand der einfachen Leute.“ Er braucht kein Programm, es reicht, gegen „die da oben“ zu sein, gegen die bösen „Eliten“ und die „Lügenpresse“, die attackiert wird: „Wir sprechen nur aus, worüber der Mainstream nicht zu reden wagt.“ Die sozialen Medien und Chat-Nachrichten spielen eine große Rolle, die eingestreut auch zur Dynamik der Handlung beitragen. Dieser in rasantem Tempo vorwärts drängende höchst politische Roman passt ins Zeitalter von Instagram. Der Autor setzt sich mit der Wirkung von Bildern in den Medien auseinander – in den traditionellen und denen, die als sozial bezeichnet werden.
Zentral geht es um ein Foto, das Becker von Popp macht, das den Politiker vermeintlich entstellt beim Bieranstich steigt: Da „entgleiste ihm das Gesicht, die Augen weit aufgerissen, der Blick stier, der Mund verzogen vor Anstrengung“, so beschreibt Fotograf Becker seine Aufnahme. Für ihn sieht der Politiker „wie ein Mörder“ aus, „wie ein Koloss, ein Monster, ein Unmensch“. Sein Auftraggeber, das Magazin Forum, will das Bild nicht drucken aus Angst, dass das Motiv als Einmischung in der Endphase des Wahlkampfes wahrgenommen wird.
Becker verkauft es schließlich an Popp – überzeugt, dass er mit diesem Bild, das ihn in dieser Einstellung zeigt, nichts anfangen kann. Aber der Populist nimmt es als Motiv für seine Plakatkampagne. Der Fotograf wird zum Verräter in der linksliberalen Szene gestempelt. In sozialen Medien bricht ein Shitstorm aus. Becker wird vorgeworfen, er sei „die Leni Riefenstahl unserer Zeit“. Die Handlung wird rasanter, doch viele Darstellungen sind zu klischeehaft, viele Dialoge zu holzschnittartig, zu bemüht und zu konstruiert: die Debatten zwischen August Becker und seinem Sohn, die als typischer Generationendialog gelten sollen oder die Beschreibung und Rezeption von Ausländern oder Österreichern mit Migrationshintergrund. Und dann auch noch eine Liebesgeschichte. Etwas mehr Subtilität und sprachliche Raffinesse hätte dem Roman gutgetan, denn die Botschaft ist von der erste Seite an mehr als deutlich. Rabinovici hat eine flott erzählte Momentaufnahme der Gegenwart vorgelegt, die in literarischer Form politische Mechanismen bloßlegt.
ALEXANDRA FÖDERL-SCHMID
Etwas mehr Subtilität und
sprachliche Raffinesse
hätten dem Roman gutgetan
Doron Rabinovici:
Die Einstellung. Roman. Suhrkamp Verlag,
Berlin 2022.
224 Seiten, 24 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.03.2022

Mit dem Pinsel der Kolportage

Doron Rabinovici schreibt eine Mustererzählung über den rechten Populismus. Doch das Muster wirkt literarisch fadenscheinig.

Von Andreas Kilb

Eine moralische Erzählung muss nicht unbedingt eine Moral haben, sie kann sie auch als Spielmaterial nutzen. In Eric Rohmers Film "Meine Nacht bei Maud", dem vierten Teil seiner "Moralischen Geschichten", widersteht ein Mann einer klugen und verführerischen Frau, weil er sich in eine andere verliebt hat. Später stellt sich heraus, dass diese andere nicht so rein war, wie er es sich vorgestellt hat. Die Moral seines Handelns wird nicht desavouiert, aber ihre Voraussetzung gerät ins Zwielicht.

In Doron Rabinovicis Roman "Die Einstellung" knipst der Fotograf August Becker den populistischen Politiker Ulli Popp auf einer Wahlkampftour. Dabei fängt er den Augenblick ein, in dem Popp mit verzerrter Miene ein Bierfass anschlägt. Das Foto, erkennt Becker, demaskiert den Populisten, es zeigt "das Gesicht eines Totschlägers, Hass im Hochformat". Aber die Redaktion des Nachrichtenmagazins, für das der Fotograf arbeitet, will das Bild nicht drucken. Aus Trotz und Gekränktheit schickt Becker die Aufnahme an Popp. Der macht sie zum Motiv einer Plakatkampagne, die seiner Partei den überraschenden Wahlsieg bringt.

Der Roman leuchtet August Beckers Handeln aus verschiedenen Blickwinkeln aus. Der Fotograf, der seine Berufswahl gegen den Vater durchgesetzt und seinen Großvater als "Scheißnazi" beschimpft hat, hegt für Popps Heimatrhetorik und Ausländerhetze keine Sympathie. Aber er leidet unter dem Bedeutungsverlust der Reportagefotografie im Zeitalter der Smartphones, was ihn für die Schmeicheleien des Populisten empfänglich macht. Außerdem will er seiner Freundin Marion imponieren, die in der rechtslastigen Boulevardzeitung "Total" eine Kolumne schreibt. Seine Loyalität zu Selma, einer Enthüllungsjournalistin, die er bei ihrer Popp-Recherche begleitet, lässt dagegen nach, seit ihn Selmas Lebensgefährte, ein Künstler, als Figur ohne Unterleib gemalt hat. Und schließlich muss August das Geld für das Studium seines Sohnes aufbringen. Die Summe, die ihm Popp für ein Becker-Foto angeboten hat, löst das Problem auf einen Schlag. Und macht den Fotografen zum Zulieferer seines Feindes.

Dass "Die Einstellung" eine Parabel ist, eine Mustergeschichte mit einer Modellkonstellation, ist dem Roman ins Gesicht geschrieben. Der Maler, der August symbolisch kastriert, heißt Dino Ahmetovic, ein jüdischstämmiger Schriftsteller, der für den Fotografen auf Instagram in die Bresche springt, Avi Weiss, und ein zwielichtiger PR-Berater, der für die Regierung wie für private Dunkelmänner arbeitet, Flo Maus. Ein zwielichtiger Investor, mit dem Ulli Popp lieber nicht gesehen werden will, nennt sich Jo Gromow, und die Kleinstadt, in der Popps Wahlkampf beginnt, trägt den Namen Oberfeist.

Dieser Hang zum Überdeutlichen schließt nicht aus, dass der Autor, wenn er will, subtil sein kann. Der "Total"-Chefredakteur wird als "Evangelist des Groben" vorgestellt, der sich "die Freiheit zur Niedertracht" nimmt. Man könnte Rabinovici entsprechend als Salonmaler der neuen politischen Unübersichtlichkeit bezeichnen. Die Freiheiten, die er sich gestattet, sind vor allem sprachlicher Art: Der Satz "Das Abendlicht färbte den Gelben Muskateller in ihren Gläsern dunkler" dürfte selbst in einem Boulevardblatt gestrichen werden, die Bemerkung über eine Journalistin, "die nicht nur durch ihre scharfen Fragen aufzufallen wusste", würde man in einem Männermagazin vermuten.

Am bittersten vermisst man in "Die Einstellung" jenes Moment des Diskursiven, das der Titel verspricht. In Rohmers moralischen Filmerzählungen reflektieren die Personen ausgiebig ihre Motive, ganz gleich, ob sie einem Mädchen unter den Rock gucken oder Männerbekanntschaften sammeln. Bei Rabinovici aber sagt jede Figur nur auf, was man sowieso von ihr erwartet, mit Ausnahme von August Becker, der so rücksichtslos von den Wendungen des Plots getrieben wird, dass er nicht zu einem eigenen Standpunkt findet. Dabei ist es weder die Moral seiner Fotografien, die ins Zwielicht rückt, noch die Amoral seines Gegenspielers Ulli Popp, sondern die ästhetische Moral des Autors, der mit dem Pinsel der Kolportage die Gegenwart porträtieren will. Doch die Wahrheit, die er sucht, verschwindet im Plakativen. Trivialität im Breitformat.

Doron Rabinovici: "Die Einstellung". Roman.

Suhrkamp Verlag, Berlin 2022. 224 S., geb., 24,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Mit Witz, Ironie und Fabulierlust erzählt Doron Rabinovici in seinem neuen Roman von einer immer stärker polarisierten Gegenwart, einer zunehmend gespaltenen Gesellschaft.« Jamal Tuschick TEXTLAND 20220408