Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
In einer umfangreichen Sammelrezension bespricht Ludker Lütkehaus sieben Bücher des japanischen Schriftstellers Yasushi Inoue. Die Rezension enthält eine Reihe von Informationen zur Biografie des Autors. Dessen Stärke, fasst Lütkehaus zusammen, liege, anders als bei den japanischen Nobelpreisträgern Yasunari Kawabata und Kenzaburo Oe, nicht in ästhetischer Innovation, sondern in einer "den Abgründen abgewonnenen Humanität."
1) "Das Jagdgewehr"
Nach der Einleitung durch ein Prosagedicht, dessen Meister Inoue gewesen sei, entfaltet sich die Erzählung, so Lütkehaus, polyperspektivisch. Die tragische Ehebruchsgeschichte findet ihren Höhepunkt in der titelgebenden Szene: die Gattin sieht im Spiegel, wie ihr Mann das Jagdgewehr auf sie anlegt. Inoue schildere eine Welt der Kälte und der Einsamkeit, die Isolation erscheine "unwiderruflich."
2) "Der Stierkampf"
Dies ist (nebend "Schwarze Flut") der gesellschaftskritischste Roman Inoues, meint Lüdtkehaus. In der spannenden Schilderung eines scheiternden Stierkampf-Events porträtiere der Autor die japanische Nachkriegsgesellschaft. Bestimmend sei hier, wie in seinen anderen Werken, das "Grundgefühl von Kälte und Einsamkeit".
3) "Die Eiswand"
Das Reißen des Seils auf einer Bergtour zweier Freunde führt zum Tod des einen. Auf die Frage nach dem Grund des Unfalls öffnen sich, so der Rezensent, "psycho-kriminologische" Abgründe, Verdacht steht gegen Vertrauen. Das Seil wird zum Symbol des Verbindenden zwischen den Menschen, die Wissenschaft kann nichts klären, am Ende bleibt nur das Vertrauen, umreißt Lüdtkehaus das Thema. In diesem Roman habe Inoue seinen humanstem Charakter geschaffen: die bärbeißige Figur des Tokiwa sei unvergesslich. Dennoch endet der Roman in der Katastrophe, der einzige Gewinn: der Tod ist "kein dissonanter mehr".
4) "Reise nach Samarkand"
Auffallendes Merkmal von Inoues Reiseberichten sei die akribische Recherche. Dennoch sind es die Details der Stimmungs- und Landschaftsbeobachtung, nicht der geschichtlichen Fakten, die die "Reise nach Samarkand" so lesenswert machen, findet der Rezensent. Das bestimmende Gefühl sei das der Überzeitlichkeit, des "Verwehens" der Zeit, das in den "riesigen Räumen Asiens" seinen symbolischen Ort finde.
5) "Der Sturm"
Dies, so Lütkehaus, ist Inoues "Odyssee". Ein historischer Roman aus dem 18. Jahrhundert, die Geschichte eines Handelsschiffes und seiner Besatzung auf der Reise von den Aleuten über Sibirien und zurück nach Japan.
6) "Die Höhlen von Dun-Huang"
Lütkehaus hält diesen für den bedeutendsten historischen Roman Inoues. Die Hauptfigur, Xing-De, sei eine Art Parzivalfigur im China der Anfänge des 2. Jahrtausends. Fasziniert ist der Rezensent von der Inszenierung der Kämpfe zwischen den Heeren, besonders aber von der vielschichtigen Schilderung der Individuen, deren Leidenschaften, Lieben und auch ihr Witz bewegten. Es folgt, wie mehrmals in der Rezension, ein längeres Zitat aus dem besprochenen Werk.
7) "Meine Mutter"
Unter diesem Titel sind drei große Alterserzählungen Inoues zusammengefasst, die der Rezensent für die bedeutendste Leistung des Autors hält. In mehreren Ansätzen werden geistige Regression und Sterben einer alten Frau geschildert, die als Mutter Inoues identifizierbar ist. Hier kulminiere das Grundthema des Autors vom "Trauma einer unüberwindlichen Fremdheit zwischen den Menschen". Einen so irritierenden wie faszinierenden Effekt haben, so Lütkehaus, die Wiederholungen in den drei Erzählungen, die beinahe den Eindruck von Amnesie auch beim Erzähler erweckten und auf raffinierte Weise den Leser verunsicherten.
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1) "Das Jagdgewehr"
Nach der Einleitung durch ein Prosagedicht, dessen Meister Inoue gewesen sei, entfaltet sich die Erzählung, so Lütkehaus, polyperspektivisch. Die tragische Ehebruchsgeschichte findet ihren Höhepunkt in der titelgebenden Szene: die Gattin sieht im Spiegel, wie ihr Mann das Jagdgewehr auf sie anlegt. Inoue schildere eine Welt der Kälte und der Einsamkeit, die Isolation erscheine "unwiderruflich."
2) "Der Stierkampf"
Dies ist (nebend "Schwarze Flut") der gesellschaftskritischste Roman Inoues, meint Lüdtkehaus. In der spannenden Schilderung eines scheiternden Stierkampf-Events porträtiere der Autor die japanische Nachkriegsgesellschaft. Bestimmend sei hier, wie in seinen anderen Werken, das "Grundgefühl von Kälte und Einsamkeit".
3) "Die Eiswand"
Das Reißen des Seils auf einer Bergtour zweier Freunde führt zum Tod des einen. Auf die Frage nach dem Grund des Unfalls öffnen sich, so der Rezensent, "psycho-kriminologische" Abgründe, Verdacht steht gegen Vertrauen. Das Seil wird zum Symbol des Verbindenden zwischen den Menschen, die Wissenschaft kann nichts klären, am Ende bleibt nur das Vertrauen, umreißt Lüdtkehaus das Thema. In diesem Roman habe Inoue seinen humanstem Charakter geschaffen: die bärbeißige Figur des Tokiwa sei unvergesslich. Dennoch endet der Roman in der Katastrophe, der einzige Gewinn: der Tod ist "kein dissonanter mehr".
4) "Reise nach Samarkand"
Auffallendes Merkmal von Inoues Reiseberichten sei die akribische Recherche. Dennoch sind es die Details der Stimmungs- und Landschaftsbeobachtung, nicht der geschichtlichen Fakten, die die "Reise nach Samarkand" so lesenswert machen, findet der Rezensent. Das bestimmende Gefühl sei das der Überzeitlichkeit, des "Verwehens" der Zeit, das in den "riesigen Räumen Asiens" seinen symbolischen Ort finde.
5) "Der Sturm"
Dies, so Lütkehaus, ist Inoues "Odyssee". Ein historischer Roman aus dem 18. Jahrhundert, die Geschichte eines Handelsschiffes und seiner Besatzung auf der Reise von den Aleuten über Sibirien und zurück nach Japan.
6) "Die Höhlen von Dun-Huang"
Lütkehaus hält diesen für den bedeutendsten historischen Roman Inoues. Die Hauptfigur, Xing-De, sei eine Art Parzivalfigur im China der Anfänge des 2. Jahrtausends. Fasziniert ist der Rezensent von der Inszenierung der Kämpfe zwischen den Heeren, besonders aber von der vielschichtigen Schilderung der Individuen, deren Leidenschaften, Lieben und auch ihr Witz bewegten. Es folgt, wie mehrmals in der Rezension, ein längeres Zitat aus dem besprochenen Werk.
7) "Meine Mutter"
Unter diesem Titel sind drei große Alterserzählungen Inoues zusammengefasst, die der Rezensent für die bedeutendste Leistung des Autors hält. In mehreren Ansätzen werden geistige Regression und Sterben einer alten Frau geschildert, die als Mutter Inoues identifizierbar ist. Hier kulminiere das Grundthema des Autors vom "Trauma einer unüberwindlichen Fremdheit zwischen den Menschen". Einen so irritierenden wie faszinierenden Effekt haben, so Lütkehaus, die Wiederholungen in den drei Erzählungen, die beinahe den Eindruck von Amnesie auch beim Erzähler erweckten und auf raffinierte Weise den Leser verunsicherten.
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