Vor zwölf Jahren wurde Milou mit ihrem Kuscheltier auf dem Dach des berühmtesten Waisenhauses von Amsterdam gefunden. Seitdem hofft sie auf die Rückkehr ihrer Eltern. Doch bevor diese auftauchen, steht der Zuckerhändler Bas Rotman vor der Tür. Er will Milou und ihre vier Freunde adoptieren, um sie auf seinem Schiff schuften zu lassen. Höchste Zeit zu fliehen! Die fünf folgen einer Spur, die in Milous Kuscheltier versteckt war: eine Taschenuhr, in die Koordinaten eingraviert sind. Der Weg zu Milous Familie? Er führt sie durch enge Gassen und über gefrorene Kanäle bis zu einer alten Windmühle. Wo sind ihre Eltern? Was ist damals passiert? Während die fünf nach Antworten suchen, sucht jemand anders längst nach ihnen ...
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Hana Tookes Kinderbuch ist nichts für Zartbesaitete, warnt Rezensentin Yvonne Poppek, denn die Abenteuergeschichte erzählt von fünf Waisenkindern in Amsterdam Ende des 19. Jahrhunderts, die auf sich allein gestellt sind und von Erwachsenen schlecht behandelt werden. Wie die Kinder dagegen zusammenhalten und dabei ihre genderklischeefreien Talente einsetzen (Lotta ist naturwissenschaftlich, Mads zeichnerisch begabt), gefällt der Rezensentin, die außerdem Tookes geschicktes Balancieren zwischen spannenden und fabelhaften Passagen lobt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.04.2021Kleine Tulpe
Harte Action um fünf Waisenkinder
Für das Aussetzen von Babys gibt es im Waisenhaus „Kleine Tulpe“ in Amsterdam drei herzlose Regeln. Erstens: Das Baby muss in ein Baumwolltuch gewickelt sein. Zweitens: Das Baby muss in einem Weidenkorb liegen. Drittens: Der Korb mit dem Baby muss auf der obersten Stufe der Eingangstreppe stehen. Die Leiterin des Waisenhauses hat dieses Procedere festgelegt, das lässt einiges befürchten. Etwa, dass sie selbst ihre Mildtätigkeit und Fürsorge wohl weit vor der Eingangstreppe abgestellt hat. Und dass der Alltag der Kinder, die dort leben müssen, alles andere als rosig sein dürfte.
Autorin Hana Tooke hat die fiktive „Kleine Tulpe“ zum Ausgangsort ihres Kinderbuchs „Die elternlosen Erlebnisse der unzertrennlichen Fünf“ gemacht. Und sie hat sich einen historischen Zeitpunkt für ihre Geschichte ausgesucht: Im Herbst 1880 werden dort fünf Babys ausgesetzt, allesamt regelwidrig. Als Letzte taucht Milou auf, abgestellt auf dem Dachboden des Hauses in einem sargförmigen Korb, in der Faust eine edle Marionette.
Milou ist die Erzählerin von Tookes Roman. Mit Beginn der Handlung ist das Mädchen bereits zwölf,es glaubt fest, dass seine Eltern es eines Tages abholen werden. Warum Milou zurückgelassen wurde, dafür hat sie allerlei Geschichten erdacht – die „Heimliche Spione-Theorie“ oder die „Baby-Phobie-Theorie“. Sie ist eine begabte Geschichtenerzählerin, ihre vier besten Freunde – die anderen Babys von 1880 – besitzen ebenfalls besondere Talente, jenseits der üblichen Genderklischees: So ist Lotta ein naturwissenschaftliches Genie, Mads ein Zeichentalent, Mona eine Köchin und Gisbert, das soziale Herz der Gruppe, ein Schneiderkünstler. Als eines Tages ein dubioser Kaufmann auftaucht, der sie alle adoptieren möchte, fliehen die Kinder und begeben sich auf die Suche nach Milous Zuhause.
„Die elternlosen Erlebnisse der unzertrennlichen Fünf“ ist ein Abenteuerroman, nichts für Zartbesaitete. Die Waisenkinder sind auf sich gestellt. Erwachsene erleben sie als Bedrohung. Sie werden eingesperrt, mit dem Tode bedroht, sie hungern. Stets meistern sie die Situation mit Mut, Fantasie und Zusammenhalt. Sie sind längst das geworden, was sie suchen: eine Familie. Tooke weiß das prächtig zu erzählen, balanciert geschickt zwischen Spannungselementen und jenen Passagen, in denen die Kinder sich eine Welt erschaffen, wie sie ihnen gefällt. Und diese Welt ist natürlich eine fabelhafte. (ab 10 Jahre)
YVONNE POPPEK
Hana Tooke: Die elternlosen Erlebnisse der unzertrennlichen Fünf. Mit Illustrationen von Ayesha L. Rubio. Aus dem Englischen von Birgit Niehaus. dtv junior, München 2021. 384 Seiten, 14,95 Euro.
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Harte Action um fünf Waisenkinder
Für das Aussetzen von Babys gibt es im Waisenhaus „Kleine Tulpe“ in Amsterdam drei herzlose Regeln. Erstens: Das Baby muss in ein Baumwolltuch gewickelt sein. Zweitens: Das Baby muss in einem Weidenkorb liegen. Drittens: Der Korb mit dem Baby muss auf der obersten Stufe der Eingangstreppe stehen. Die Leiterin des Waisenhauses hat dieses Procedere festgelegt, das lässt einiges befürchten. Etwa, dass sie selbst ihre Mildtätigkeit und Fürsorge wohl weit vor der Eingangstreppe abgestellt hat. Und dass der Alltag der Kinder, die dort leben müssen, alles andere als rosig sein dürfte.
Autorin Hana Tooke hat die fiktive „Kleine Tulpe“ zum Ausgangsort ihres Kinderbuchs „Die elternlosen Erlebnisse der unzertrennlichen Fünf“ gemacht. Und sie hat sich einen historischen Zeitpunkt für ihre Geschichte ausgesucht: Im Herbst 1880 werden dort fünf Babys ausgesetzt, allesamt regelwidrig. Als Letzte taucht Milou auf, abgestellt auf dem Dachboden des Hauses in einem sargförmigen Korb, in der Faust eine edle Marionette.
Milou ist die Erzählerin von Tookes Roman. Mit Beginn der Handlung ist das Mädchen bereits zwölf,es glaubt fest, dass seine Eltern es eines Tages abholen werden. Warum Milou zurückgelassen wurde, dafür hat sie allerlei Geschichten erdacht – die „Heimliche Spione-Theorie“ oder die „Baby-Phobie-Theorie“. Sie ist eine begabte Geschichtenerzählerin, ihre vier besten Freunde – die anderen Babys von 1880 – besitzen ebenfalls besondere Talente, jenseits der üblichen Genderklischees: So ist Lotta ein naturwissenschaftliches Genie, Mads ein Zeichentalent, Mona eine Köchin und Gisbert, das soziale Herz der Gruppe, ein Schneiderkünstler. Als eines Tages ein dubioser Kaufmann auftaucht, der sie alle adoptieren möchte, fliehen die Kinder und begeben sich auf die Suche nach Milous Zuhause.
„Die elternlosen Erlebnisse der unzertrennlichen Fünf“ ist ein Abenteuerroman, nichts für Zartbesaitete. Die Waisenkinder sind auf sich gestellt. Erwachsene erleben sie als Bedrohung. Sie werden eingesperrt, mit dem Tode bedroht, sie hungern. Stets meistern sie die Situation mit Mut, Fantasie und Zusammenhalt. Sie sind längst das geworden, was sie suchen: eine Familie. Tooke weiß das prächtig zu erzählen, balanciert geschickt zwischen Spannungselementen und jenen Passagen, in denen die Kinder sich eine Welt erschaffen, wie sie ihnen gefällt. Und diese Welt ist natürlich eine fabelhafte. (ab 10 Jahre)
YVONNE POPPEK
Hana Tooke: Die elternlosen Erlebnisse der unzertrennlichen Fünf. Mit Illustrationen von Ayesha L. Rubio. Aus dem Englischen von Birgit Niehaus. dtv junior, München 2021. 384 Seiten, 14,95 Euro.
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Hana Tookes leichthändige Zeichnung der Niederlande im späten 19. Jahrhundert trägt viel zur atmosphärischen Dichte dieses Romans bei. [...] Der Plot ist temporeich, greift frühe Andeutungen zum richtigen Zeitpunkt wieder auf und lässt auch erwachsene Leser Tanya Lieske Deutschlandfunk 20210626