Was passierte im 16. Jahrhundert, dass in den Küchen plötzlich neue Rezepturen und Verarbeitungsweisen einzogen? Wie kam es, dass die auf medizinischen Vorstellungen beruhende Gewürzküche des Mittelalters von einer Ästhetik des Geschmacks abgelöst wurde? Und welche Rolle spielten Frauen dabei?Dominik Fugger verfolgt, wie zuerst das Obst von neuen Konservierungsmethoden und einem veränderten medizinischen Verständnis profitierte und den Zeitgenossen bis dahin ungekannte sinnliche Erfahrungen bescherte. Bald schon beginnt ein reger Austausch der Rezepte von Latwergen (Fruchtmus) und Konfitüren, Rezeptbücher entstehen, die neue Kunst sickert in alle Gesellschaftsschichten ein und führt zu einem tiefgreifenden Wandel, der schließlich das gesamte Gebiet der Kulinarik erfasst.
Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
Der "Kulinarik-Historiker" Dominik Fugger legt für Kritikerin Catherine Newmark eine überzeugende Einführung in die "Küchengeschichte der frühen Neuzeit" vor - überraschenderweise vor allem, was Marmelade angeht. Im Mittelalter, lernt Newmark, hatte man alles Gekochte unter einer Gewürzschicht erstickt, dies sollte medizinischen Zwecken dienen, auch Obst wurde nicht roh genossen, sondern völlig verkocht. Erst im 16. Jahrhundert seien die humanistischen Mediziner zu den Überzeugungen der Antike zurückgekehrt, das Mittelalter habe einem Zeitalter der Sinnlichkeit Platz gemacht, in dem Zucker breiter verfügbar wurde und damit eingekochtes Obst plötzlich "wie ein Dessert" geschmeckt habt. Für die Rezensentin ein verdienstvoller Ausflug des Autors in die Welt des frühneuzeitlichen Geschmacks.
© Perlentaucher Medien GmbH
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