»Wir haben keinen einzigen Beweis, nur Indizien und Aussagen von anderen, die gegen die Wiese sprechen. Hätten wir nur einen einzigen Hinweis, wäre mir wohler und wir würden die Frau schnell hinter Gitter bringen können… Schaffen Sie mir mehr heran Heuer, das sind wir den wahrscheinlich toten
Kindern schuldig, denn ja, ich glaube ebenso wie Sie, dass die Wiese sie aus reiner Habgier ohne mit der…mehr»Wir haben keinen einzigen Beweis, nur Indizien und Aussagen von anderen, die gegen die Wiese sprechen. Hätten wir nur einen einzigen Hinweis, wäre mir wohler und wir würden die Frau schnell hinter Gitter bringen können… Schaffen Sie mir mehr heran Heuer, das sind wir den wahrscheinlich toten Kindern schuldig, denn ja, ich glaube ebenso wie Sie, dass die Wiese sie aus reiner Habgier ohne mit der Wimper zu zucken ermordet hat. Also sehen Sie zu. Irgendwie müssen wir sie drankriegen. Für was auch immer und wenn wir sie erst einmal in Untersuchungshaft haben, dann bekommen wir sie für ihre Taten aufs Schafott.«
Am 2. Februar 1905 endete das Leben von Elisabeth Wiese auf dem Schafott. Verurteilt wurde sie vom Hamburger Schwurgericht für den Mord an mindestens fünf Babys. Bis zuletzt leugnete sie, die Taten begangen zu haben. Kathrin Hanke hat sich auf Spurensuche gegeben und erzählt hier die Geschichte einer Frau, die für viele zum klassischen Bild der bösen Hexe aus dem Märchen passt.
Die Taten erschüttern, die Liste der Gräueltaten, die Elisabeth Wiese zugerechnet werden, ist ebenso lang wie schlicht unfassbar, die Abtreibungen werden geradewegs zu harmlosen Anfängen. Da wird die eigene Tochter misshandelt und zur Prostitution gezwungen, dem Ehemann trachtet sie (ohne Erfolg) nach dem Leben, sie ermordet den eigenen kleinen Enkel und diverse andere Babys und verbrennt die kleinen Leichen im heimischen Küchenherd.
Zumindest kam das Gericht nach Zeugenaussagen und Indizien zu diesem Urteil.
Das Buch las sich sehr flott und fesselte mich von der Handlung her enorm. Allerdings gefiel mir die zweite Hälfte deutlich besser, in der es um die Ermittlungen ging, um den Versuch, die verschwundenen Babys zu finden. Da wurden Indizien gesammelt, Zeugen befragt, immer wieder auch Elisabeth Wiese selbst. Dieser Teil wirkte sehr fundiert und nachvollziehbar, die ermittelnden Polizisten erschienen engagiert und bemüht, die Wahrheit herauszufinden und sich nicht einfach von dem Bild der „Hexe“ beeindrucken zu lassen.
Der erste Teil erzählte umfangreich die Geschichte der Tochter Paula. Diese Geschichte ist wichtig, was Paula widerfahren ist, ist von großer Bedeutung, denn schließlich war sie eine der Hauptbelastungszeuginnen im Gerichtsprozess. Allerdings wirkte dieser Teil häufig zu romanartig, speziell die vielen bösartigen Gedanken und Empfindungen, die Elisabeth hier zugesprochen werden, lassen sich in keiner Weise belegen. Selbst Paula konnte lediglich aussagen, was ihre Mutter sagte und tat, aber nicht, was sie dachte. Elisabeth selbst hat sich nie geäußert, hat ohnehin alles abgestritten und so etwas wie psychologische Gutachten (selbst in einfachster Form, der damaligen Zeit entsprechend) gab es wohl auch nicht. Wenn ich dann Seite um Seite lese, was Elisabeth angeblich alles Schlimmes dachte und fühlte, dann ist das für mich nicht „True Crime“.
Bitte nicht falsch verstehen, ich glaube, dass das damalige Gericht und die Polizei ihre Arbeit gut gemacht haben und ich glaube, dass Elisabeth Wiese schuldig war. Aber mich persönlich spricht – speziell bei einem wahren Kriminalfall – größere Objektivität mehr an.
Fazit: Faszinierende und sehr gruselige Geschichte einer Serienmörderin. Da es sich um eine wahre Geschichte handelt, hätte ich mir an einigen Stellen mehr Objektivität gewünscht.