Die Jungfrauen-Compagnie
„Ich will, dass die Welt weiß, wer Maria Sybilla Merian war.“ (S. 170)
1691 fängt Maria Sybilla Merian mit 44 Jahren noch einmal neu an. Sie hat sich von ihrem Mann scheiden lassen, weil der auf ihren Erfolg eifersüchtig war, und die letzten Jahre mit ihren Töchtern
Johanna und Dorothea bei den Labadisten gelebt – einer Sekte, in der sie auf persönlichen Besitz und…mehrDie Jungfrauen-Compagnie
„Ich will, dass die Welt weiß, wer Maria Sybilla Merian war.“ (S. 170)
1691 fängt Maria Sybilla Merian mit 44 Jahren noch einmal neu an. Sie hat sich von ihrem Mann scheiden lassen, weil der auf ihren Erfolg eifersüchtig war, und die letzten Jahre mit ihren Töchtern Johanna und Dorothea bei den Labadisten gelebt – einer Sekte, in der sie auf persönlichen Besitz und Annehmlichkeiten verzichten mussten. Aber die Labadisten haben in Suriname eine Kolonie gegründet und schicken wunderschön präparierte Schmetterlinge nach Hause, die Maria Sibylla fasziniert und in ihr den Wunsch geweckt haben, selber in den südamerikanischen Regenwald zu reisen. Das ist für eine alleinstehende Frau eigentlich unmöglich und auch fast unbezahlbar. Doch sie ist niemand, der sich davon abschrecken lässt. Um das Geld für die Reise zu verdienen, gründet sie mit ihren Töchtern die „Jungfrauen-Compagnie“, in der sie Zeichenunterricht geben, Auftrags-Illustrationen anfertigen und Farben etc. verkaufen. Allerdings arbeiten Johanna und Dorothea noch unter dem Namen ihrer Mutter, weil der mehr Gewicht hat, schließlich hat sie bereits erfolgreich zwei Raupen- und drei Blumenbücher herausgebracht.
Sybilla hat mir sehr imponiert. Sie ist selbstbewusst, zielstrebig, willensstark und geht keiner Diskussion aus dem Weg oder lässt sich von anderen unterkriegen. Sie erzieht ihre Töchter zu modernen, unabhängigen Frauen und bildet sie zu Künstlerinnen aus. Das natürlich nicht ganz uneigennützig, schließlich müssen sie ihr bei der vielen Arbeit helfen. Außerdem sollen sie selber für ihren Lebensunterhalt sorgen können und nicht von ihren Männern abhängig sein. Johanna muss z.B. in der Zeit, als Maria Sibylla und Dorothea in Suriname sind, die Geschäfte zu Hause weiterführen.
Alexander Schwarz schreibt unglaublich lebendig und lässt Amsterdam als damals drittgrößte Stadt mit seinen Bewohnern und hochmodernen Bauwerken wiederauferstehen, beschreibt aber auch die unschönen Gerüche und verdreckten Krachten. Die Stadt protz mit ihrem Reichtum und hat einen der ersten Botanischen Gärten mit zahleichen Sammlungen und Ausstellungen. Zusätzlich gibt es unzählige private Sammler, die sich „Naturalien-Wunderkammern“ einrichten und alles sammeln, was sich mit Geld beschaffen lässt – je seltener und teurer, desto besser.
Maria Sybilla passt also eigentlich perfekt in diese Szene, zumal sie anbietet, bei ihrer Forschungsreise nach Suriname für Nachschub zu sorgen, wenn man sie finanziell unterstützt – aber das wollen die Männer nicht hören. Also fällt sie eine radikale Entscheidung und verkauft fast alles, was sie besitzt, um die Reisekosten für sich und Dorothea zusammenzubekommen.
„Das Ablegen der Haube … passte zu der neuen Freiheit … Eine Freiheit, die Maria Sibylla sogar bis hier auf den Surinam gebracht hatte.… Sie musste abstreifen, was ihr nicht diente. Sich nicht nach sinnlosen Regeln richten, sondern ihr Leben selbst bestimmen. Eigentlich war das nicht anders als bei den Raupen. Scheinbar hatten sie für jeden Lebensabschnitt eine andere Form, die ihnen in dieser Phase am besten diente, bis sie sich schließlich im wahrsten Sinne des Wortes entfalten konnten und im Fliegen und ihre Schönheit ihre Freiheit fanden.“ (S. 246 / 247)
Auch Suriname mit seiner Tier- und Pflanzenwelt wird sehr farbenprächtig und anschaulich geschildert. Maria Sybillas Illusionen zerschlagen sich schon bei ihrer Ankunft. Das Land lebt vom Zuckerrohr und die Plantagen werden mit unzähligen Sklaven bewirtschaftet. Das Klima ist noch unwirtlicher als erwartet, ihre Kleidung unpraktisch und der Urwald ohne die Sklaven, die ihr den Weg erst freischlagen und sie vor gefährlichen Tieren und Pflanzen schützen müssen, nicht begehbar. Der Kontrast zu Europa könnte kaum größer sein. Da sie gegen die Sklaverei und seine Begleiterscheinungen ist, versucht sie sie wenigstens als (fast) Gleichgestellte zu behandeln. Zudem weist sie die Plantagenbesitzer auf die Grundzüge von