Die Alteinwohner Preußens, die Prußen, waren im 13. Jahrhundert zwar zum Christentum konvertiert, im 15. und 16. Jahrhundert wird aber noch von ihrem Heidentum berichtet. In Abgrenzung zum gängigen Interpretationsmuster, das eine Fortdauer der Altreligion im Geheimen sieht, entwickelt Michael Brauer einen Ansatz, der als Dialektik von Christianisierung und Entdeckung des 'Heidentums' bezeichnet werden kann: Erst als in den Reformbemühungen des 15. Jahrhunderts die vertiefte Christlichkeit der ganzen Gesellschaft angestrebt wird, geraten auch die wenig assimilierten prußischen Bauern ins Visier der Reformer; ihre eigenwillige, aber nicht religiöse oder antichristliche Festkultur wird schrittweise heidnisch konnotiert, reguliert und verboten. Mit der Einführung der Reformation in Preußen vereinigen sich die Einzelinitiativen verschiedener Akteure (Obrigkeit, Bischöfe), und erst zu dieser Zeit kommt es zur wirklichen Erfindung des prußischen 'Heidentums' als antichristlicher Religion, für die kaum zeitgenössische Belege existieren. Die Rede über die "Heiden" diente der Verständigung über das rechte christliche Leben. Das Buch thematisiert nicht nur die Entdeckung des "Heidentums", sondern ist zugleich eine Kulturgeschichte Preußens zwischen Mittelalter und Neuzeit.
"[Die] Studie [wirft] auf anregende Weise neues Licht auf ein altbekanntes Thema der preußischen Geschichte und schärft zugleich am preußischen Beispiel ganz allgemein unser Bewusstsein von der "Perspektivität der Quellen zu Heidentum, Magie und Aberglauben in der Vormoderne"." "Ein großes Plus der Arbeit ist, dass Brauer fast immer offen auch andere Interpretationsmöglichkeiten als seine eigenen mit anbietet und dabei viele Forschungsansätze integriert [...]." Grischa Vercamer für: H-Soz-u-Kult, 5.10.2011 (http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2011-4-007)