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Das Leben steckt voller Geheimnisse - Katja Lange-Müllers Erzählungen aus den letzten acht Jahren sind Kabinettstücke der genauen Beobachtung. Lakonisch und komisch berichten sie von »biotopischen Zuständen« im Alltag. Katja Lange-Müller hat sich hineinbegeben in das Leben, hingesehen und zugelangt - und dann darüber geschrieben. Entstanden sind Texte der besonderen Art, die einem ihrer Lieblingsobjekte gleichen - den Pilzen: Sie wölben sich am Hut, stülpen sich aus und lassen sich sammeln, doch in der Tiefe bilden sie ein verzweigtes Geflecht, das sie zusammenhält und das weiter wächst. In…mehr

Produktbeschreibung
Das Leben steckt voller Geheimnisse - Katja Lange-Müllers Erzählungen aus den letzten acht Jahren sind Kabinettstücke der genauen Beobachtung. Lakonisch und komisch berichten sie von »biotopischen Zuständen« im Alltag.
Katja Lange-Müller hat sich hineinbegeben in das Leben, hingesehen und zugelangt - und dann darüber geschrieben. Entstanden sind Texte der besonderen Art, die einem ihrer Lieblingsobjekte gleichen - den Pilzen: Sie wölben sich am Hut, stülpen sich aus und lassen sich sammeln, doch in der Tiefe bilden sie ein verzweigtes Geflecht, das sie zusammenhält und das weiter wächst.
In ihren kunstvollen, von Fabulierlust vorangetriebenen Erzählungen geht es um Artverwandtes und -fremdes, um Tiere im Zoo und in freier Wildbahn, um Städte und Wälder, um amerikanische Baseballstadien, südamerikanische Strände und Berliner Bezirke, vor allem aber um die Wesen, die diese Orte bevölkern. Ihnen ist Katja Lange-Müller auf der Spur, mit Liebe zum Detail, Gefühl für Stimmungen und einer außergewöhnlichen Sprachpräzision, die den Leser hineinzieht in die Exotik des Alltags. Dabei führt sie die hohe Schule der Erzählkunst vor: Storys in klassischer Manier, nach dem Modell des Hemingwayschen Eisbergs, bei denen das Entscheidende unter der Oberfläche bleibt.
Autorenporträt
Katja Lange-Müller, geboren 1951 in Ostberlin, lebt als freie Schriftstellerin in Berlin und im Aargau. 1986 erhielt sie den Ingeborg-Bachmann-Preis, 1995 den Alfred-Döblin-Preis für ihre zweiteilige Erzählung »Verfrühte Tierliebe«, 2002 den Preis des ZDF, des Senders 3sat und der Stadt Mainz, 2005 den Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor, 2008 den Preis der LiteraTour Nord, den Gerty-Spies-Preis und den Wilhelm-Raabe-Preis. In den Jahren 2012/2013 war sie Stipendiatin der Villa Massimo, erhielt den Kleist-Preis und war 2013/2014 Stipendiatin der Kulturakademie Tarabya Istanbul. 2017 erhielt sie den Günter-Grass-Preis, 2023 den Turmschreiberpreis der Stadt Deidesheim.
Rezensionen
»Katja Lange-Müller ist eine Meisterin des Understatement.« (Katharina Döbler, NZZ)

»Wie der Titel schon nahe legt, handelt es sich beim jüngsten Werk der Berliner Schriftstellerin um sehr unterschiedliche Prosastücke. Urlaubserinnerungen von Erdferkeln, Goldhamstern und eben Enten, Anekdoten, Satiren, Skizzen: Lange-Müller in bester Kurzform, eine vergnügliche und anregende Sommermischung voller Texte, die sich oft leichter lesen, als sie gemeint sind, Texte für den zweiten, manchmal auch dritten Blick.« (Hörzu)

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.07.2003

Zwischen Scham und Stolz
Katja Lange-Müller und Jana Hensel im Architektur Museum

Ein Autor kam nicht, ein Büchertisch fehlte, und auch die Akustik ließ zu wünschen übrig. Zudem entpuppte sich das, was das Deutsche Architektur Museum in Frankfurt großspurig als "Symposion" angekündigt hatte, als landläufige Lesung mit anschließender Publikumsdiskussion. Dem Literaturhaus kann man es nicht verargen, daß die Kooperationspartner am südlichen Mainufer so unprofessionell zu Werke gingen, der Moderatorin Hanne Kulessa auch nicht. Sie erfuhr erst in der Pause, daß Wolfgang Engler mit einer Sommergrippe im Bett lag und sich nicht an der Gesprächsrunde mit seinen Kolleginnen Katja Lange-Müller und Jana Hensel beteiligen konnte. Dennoch meisterte die Journalistin vom Hessischen Rundfunk den Abend im stickigen Auditoriumsbunker mit Bravour.

Müssen sich die Kinder der ehemaligen DDR ihrer Herkunft schämen? Oder sollen sie stolz auf den politischen Bruch in ihrer Entwicklung sein? Was die Fotos der Ausstellung "City Scape East" in der dritten Etage des Museums abbilden, ist auch bei Jana Hensel nachzulesen: die Erfahrung einer deutschen Identität im Wandel. In ihrem Buch "Zonenkinder", das voriges Jahr bei Rowohlt erschienen ist, wundert sich die 27 Jahre alte Leipzigerin, die jetzt in Berlin lebt, über das enge Verhältnis westlicher Freunde zu den Eltern. Als "Söhne und Töchter der Verlierer" versuchten hingegen die "Aufstiegskinder" ihre Wurzeln zu vergessen und ihr Leben vor den Eltern geheimzuhalten. Statt zu rebellieren wie die Achtundsechziger, wollten sie ihren Eltern, die ohnehin schon am Boden seien, eher beistehen als nach deren historischer Schuld fragen. Katja Lange-Müller, die schon seit 1984 im Westen Berlins  lebt und zur Elterngeneration gehört, erzählt in ihrem Buch "Die Enten, die Frauen und die Wahrheit" vom Ost-West-Verkehr im "Sklavendreieck" von Moabit. Etwa in der "Feuchten Welle", einer Kiez-Kneipe, in der obdachlose Gelegenheitsarbeiter campieren und bierselige Nachtschwärmer polnische Besucher schikanieren. Wo es Jana Hensel nur um die Sache geht, die ihr persönlich unter den Nägeln brennt, legt Katja Lange-Müller auch Wert auf eine gewisse literarische Form. Selbst in jenen komplexen Satzkonstrukten, in denen man beim Zuhören irgendwann den Anschluß an das Subjekt verliert, setzt sich der handfeste trockene Humor der Berlinerin durch. Es war ein Genuß, ihr zuzuhören, während das "zwittrige Ostwestkind" vor allem um Mitgefühl buhlte.

Dieses wurde ihm vor allem von der abgeklärten Kollegin zuteil, obwohl sich auch Katja Lange-Müller mit dem prätendierten "Wir" Jana Hensels nicht anfreunden konnte. Erst recht wußte die Moderatorin nicht, was sie von der "negativen" Perspektive der jungen Autorin halten sollte, und das Publikum fragte sich sogar, ob die "Zonenkinder" nicht Grund hätten, stolz zu sein auf ihre besonderen Erfahrungen. Doch Jana Hensel ist schon froh, daß sie sich nicht mehr schämen muß: für ihre Eltern, ihre Lehrer und ihre sächsische Mundart, die sie sich abgewöhnt hat. Die Erfahrung einer gebrochenen Sozialisierung macht ihr das Leben schwer inmitten einer Gesellschaft, die an Kontinuität gewöhnt ist. Vielleicht wird sie eines Tages wie Katja Lange-Müller eher das Differente zwischen Ost und West wahrnehmen als das Trennende.

CLAUDIA SCHÜLKE

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

In vielen der ganz verschiedenen Prosastücke, die der Band "Die Enten, die Frauen und die Wahrheit" versammelt, zeigt sich Katja Lange-Müller zur Freude von Rezensent Heinrich Detering in absoluter "Bestform". Etwa wenn sie aus einer anekdotischen Urlaubserinnerung vom Strand in Nicaragua, wo sie einem sterbenskranken streunenden Hund begegnet, eine "majestätische Erzählung von Trauer, Tod und Vergeblichkeit" entwickle. Ihre Geschichten von Enten im Stadtpark, der Einsamkeit der Goldhamster oder dem "zarte Schnaufen" des Erdferkels im Nachttiertrakt des Berliner Zoos überzeugen Detering durch ihren "Humor ohne Possierlichkeit" und ihre "Warmherzigkeit ohne Sentimentalität". Allerdings bleiben manche der Erzählungen zum Bedauern des Rezensenten zu skizzenhaft. Für die besten Geschichten des Bandes findet Detering einen kuriosen Vergleich: sie lesen sich, versichert er, wie Ernst Jüngers "Subtile Jagden" in einer Remix-Version von Max Goldt.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Vergnüglich sind Lange-Müllers Geschichten, manch satirisches Kleinod ist darunter« Kölner Stadt-Anzeiger Magazin