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2 Kundenbewertungen

Eine entführte Prinzessin und ein verzweifelter Prinz, der ewige Kampf gegen übermächtige Eltern, verfehlter Stolz und rasende Herzen - mit Karen Duve wird auch ein phantastischer Ritterroman zu intelligenter und spannender Literatur!
"Ehre, Würde, Stolz ... seit wann haben Frauen denn daran Anteil? Ist es nicht das schlimmste Schimpfwort, das ein Ritter oder Soldat einem anderen geben kann, er benehme sich wie ein Weib? Entbindet das nicht von jeder Verpflichtung? Genießt die bodenlosen Vorteile der Schande, ein Weib zu sein."

Produktbeschreibung
Eine entführte Prinzessin und ein verzweifelter Prinz, der ewige Kampf gegen übermächtige Eltern, verfehlter Stolz und rasende Herzen - mit Karen Duve wird auch ein phantastischer Ritterroman zu intelligenter und spannender Literatur!

"Ehre, Würde, Stolz ... seit wann haben Frauen denn daran Anteil? Ist es nicht das schlimmste Schimpfwort, das ein Ritter oder Soldat einem anderen geben kann, er benehme sich wie ein Weib? Entbindet das nicht von jeder Verpflichtung? Genießt die bodenlosen Vorteile der Schande, ein Weib zu sein."

Autorenporträt
Karen Duve lebt in Hamburg. Für ihre Kurzgeschichten wurde sie mehrfach ausgezeichnet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.03.2005

Nun komm schon, Mädel
Mädchen brauchen Märchenprinzen: Karen Duves Ritterroman

Geschichten von törichten Rittern, holden Burgfräulein und grimmigen Familientyrannen, niedliche Beiträge zur systematischen Drachenkunde, verschwiegene Örtchen wie der "Abort der Verschnittenen" oder der Turm des Vergessens, allerliebste Erfindungen wie Windmatratzen und Sternenschleim sind natürlich der pure Eskapismus, aber das Wunderbare und Märchenhafte ist eines der wenigen Wachstumsgenres auf einem schrumpfenden Literaturmarkt. Don Quichotte hat vor vierhundert Jahren den phantastischen Ritterroman erledigt; unter dem Banner der Fantasy, gewappnet mit sanfter Ironie und enzyklopädisch-genealogischem Furor, feiert er fröhliche Urständ. Karen Duve brauchte nach ihrem zeitgenössisch düsteren "Regenroman" und "Dies ist kein Liebeslied" dringend Erholung, und so hat sie sich auf das besonnen, was sie immer schon schreiben wollte und noch in den Schubladen ihres Mädchenzimmers liegen hat: Märchen. Daß die epische Naivität der Volks- wie die reflektierte Romantik der Kunstmärchen längst verloren ist und die Artusritter in den Fantasy-, Space- und Wagneropern heute traurige Gestalten abgeben, war ihr klar. Aber sie wollte sich ja auch nicht in verkitschte Parallelgesellschaften zurückziehen, alberne Persiflagen oder altkluge Fabeln schreiben. Schneewittchen aus ihrem Glassarg wiederzuerwecken und zum sexuellen Mißbrauch von Zwergen anzustiften, überläßt sie Otto Waalkes; die topographisch ausschweifenden Ring-Parabeln Tolkien, das blasphemische Ritter-Bashing Monty Python.

Wenn Karen Duve von Minne und Aventiure erzählt, dann mit Heiterkeit und Ehrfurcht, wohlrecherchierter Sachkenntnis und liebevoller Einfühlung. Ihr Hofzwerg Pedsi etwa, ein drolliger, eitler Gnom, der sich vom gedemütigten Faktotum zum nobilitierten Gartenzwerg mausert, ist ihr so lieb wie die zerzauste Lieblingspuppe, die man auf dem Dachboden entdeckt und mit nostalgischer Zärtlichkeit neu einkleidet. Duve zieht dem Wichtel ein nettes Kostüm an, schenkt ihm einen Spazierstock aus Elfenbein, eine Schäfchen-Kutsche und einen Pilzpark, und wenn Pedsi dann bei der Spazierfahrt durch seine rhizomatischen Rabättchen behaglich Frechheiten drechselt, freut sich seine Schöpferin mit ihm: Nie war Duve charmanter und entspannter. Ihr Wohlbehagen teilt sich allen mit, die sich eine kindliche Lust am Entwerfen von Modelleisenbahnlandschaften, Puppenstuben und Zwerguniformen bewahrt haben. Wer den kritischen Verstand nicht schon beim "Es war einmal"-Eingangstor abgegeben hat, wundert sich allerdings auch, zu wieviel märchen- und mädchenhafter Harmlosigkeit eine ausgewachsene Schriftstellerin fähig ist.

"Die entführte Prinzessin" ist natürlich kein gänzlich unschuldiges Vergnügen. Weder Lisvana, die Prinzessin von Snögglinduralthorma, noch ihre beiden Freier leben hinter den sieben Bergen. Der ehrpusselige Ritter Bredun von Wackertun kommt zwar aus einem kalten Reich, dessen grobschlächtige Bewohner Vitaminmangel mit Met und winterliche Depressionen mit bärtigen Rentierwitzen bekämpfen; aber er erlebt auf dem Weg gen Süden einen veritablen Bildungsroman. Sein Rivale, Lisvanas Entführer Prinz Diego, ist das genaue Gegenteil: ein kultivierter, geckenhafter Latin Lover, von der Sonne Baskariens und höfischem Pomp verwöhnt, aber glücklos und schmerzensreich als Liebhaber: Er kann die stolze Eisprinzessin weder mit Luxus noch Erniedrigungen, nicht einmal mit aufrichtiger Liebe für sich erwärmen. "Ehre, Würde, Stolz", flüstert die zynische Mätresse Lisvana ins Ohr, "seit wann haben wir Frauen denn daran Anteil? Genießt die bodenlosen Vorteile der Schande, ein Weib zu sein." Aber erst nach vielen Abenteuern mit Feen, die keine Wünsche erfüllen, Zauberern, die nicht zaubern können, und fauchenden Kampfdrachen, die allenfalls als Fidibus oder Teddybär taugen, findet zusammen, was zusammengehört: der standhafte Prinz und die störrische Prinzessin, der knorrige Nordmann und sein mediterraner Männerfreund.

Männerehre und Frauenstolz, Hinterwäldlerneurosen und die Traumata schwererziehbarer Königssöhne, der Größenwahnsinn der Zwerge und die Minderwertigkeitskomplexe der Drachen: in Karen Duves Roman ist das Märchenhafte immer schon angekränkelt von den feministischen, psychoanalytischen und pädagogischen Geistern der Gegenwart; selbst die Haremsdamen auf der Insel der Glückseligkeit kennen ihr Frauenrecht und schmauchen, wie jede WG, gern ihr Haschpfeifchen. Auch die Sprache kennt keine Berührungsängste: Da fährt das Pferdefuhrwerk "mit Karacho gegen eine Mauer", die Mitgift ist popelig, die Zofe eine Schlampe, der fahrende Sänger ein Popstar avant la lettre. Minneritter sind "komplett plemplem", ihre höfischen Umgangsformen ("Du Sau") rauh, ihr Liebesgesäusel ("Nun komm schon, Mädel") durch alle Stürme moderner Beziehungsdebatten hindurchgegangen. Es sind diese spielerischen Variationen, Verfremdungen und ironischen Brechungen uralter Motive, die den Reiz des Romans ausmachen. Aber man muß kein Muggel sein, um den Prunkteppich aus Seemannsgarn, Schäfchenwolle und Harry-Potter-Zwirn für ein bißchen dünn und fadenscheinig zu halten.

Duve hat sich bedenkenlos aus dem Nähkörbchen der Weltliteratur bedient. Das Motiv der entführten Prinzessin und der Drache Grendel stammen aus der altgermanischen Mythologie, die Fraueninsel ist eine Fata Morgana aus Tausendundeiner Nacht; den Kleider- und Geschlechtertausch unter der Sonne eines italienischen Phantasiens kennt man von Shakespeare, das Faible für Schnittmusterbögen und Haushaltstips auch aus dem Sagenkreis der "Brigitte". Auch die Epochen gehen munter durcheinander. Beim Karneval der Kulturen begegnen sich maulfaule Ritter, barocke Sonnenkönige und Rokoko-Galane, antike Amazonen, die Zofen der bürgerlichen Komödie und Königinnen aus der Jetztzeit, verzärtelte Schoßhündchen und vorsintflutliche Ungeheuer. Daß der Kostümball dabei nicht aus den Fugen gerät, ist fast ein Wunder. Karen Duve darf ruhig einmal ein artiges Menuett mit ihren Jugendlieben tanzen; aber es wäre ein Jammer, wenn sie ihr großes Erzähltalent künftig mit Zwergenwitzen und Märchenprinzen vergeuden wollte.

MARTIN HALTER

Karen Duve: "Die entführte Prinzessin". Von Drachen, Liebe und anderen Ungeheuern. Eichborn Verlag, Frankfurt 2005. 397 S., geb., 24,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Was für ein "artiges Menuett mit literarischen Jugendlieben", staunt Rezensent Martin Halter. Wer hätte gedacht, dass eine erwachsene Autorin zu so viel reizender Harmlosigkeit fähig sei. Und obwohl Karin Duves Erzählung von "Minne und Aventiure" wegen diverser ironischer Brechungen uralter Motive durchaus ihre reizvollen Momente für den Rezensenten hat, ist ihm Geschichte doch zu dünn geraten. Brigitte statt Weltliteratur, denkt er bei mancher Passage. Am Ende schickt der Rezensent ein Stoßgebet gen Himmel, dass Karin Duve ihr großes Erzähltalent künftig nicht mehr an Zwergenwitze und Märchenprinzen vergeuden möge.

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