Die Herausbildung der >>Sozialen Marktwirtschaft<< wird gemeinhin mit Ludwig Erhard, der Währungsreform 1948 und ordoliberalen Wirtschaftswissenschaftlern in Verbindung gebracht. Doch das ist eine unzutreffende Konstruktion, denn im Juni 1948 sprach noch niemand von >>Sozialer Marktwirtschaft<<. Im Gegenteil: Als die Deutsche Mark in Westdeutschland eingeführt und gleichzeitig die Wirtschaft reformiert wurde, strebten Erhard und andere eine >>freie Marktwirtschaft<< an.Erst nach einem turbulenten Herbst wurde der Kurs der Wirtschafts- und Sozialpolitik geändert. Dazu waren jedoch heftige Unruhen auf den Märkten der Bizone, flächendeckende Proteste und schließlich sogar der bislang letzte deutsche Generalstreik im November 1948 nötig. Zum Jahreswechsel begannen dann die wichtigsten Akteure, insbesondere die CDU, auch eine veränderte Bezeichnung - nämlich >>soziale Marktwirtschaft<< - zu ihrem Programm zu machen. Vertreter des Ordoliberalismus waren an dieser Episode eher unbeteiligt.Der Autor belegt diese Entwicklung unter Bezugnahme auf Michel Foucaults Diskursanalyse: Untersucht werden jedoch nicht nur Parlamentsreden und die öffentliche Meinung, sondern auch bislang unbeachtete Sozialproteste und wirtschaftspolitische Kursänderungen. Diese ganz unterschiedlichen Arten politischer Auseinandersetzung können durch die so entstandene Dispositivanalyse auch und gerade in ihren Verschränkungen begriffen werden. Das Ergebnis ist eine Genealogie der >>Sozialen Marktwirtschaft<<, die alle bisherigen Erzählungen zu ihrer Entstehung als fragwürdig erscheinen lässt.
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