Die erziehungshistorische Forschung richtet ihre Analysen meist auf den Nationalstaat des 19. und 20. Jahrhunderts. Wird ihr Narrativ näher beleuchtet, zeigt sich eine Gründungserzählung, die den eigenen Forschungsbereich als Teil Europas und des Westens konstruiert. Die Autorin veranschaulicht mit zwei Studien zur Frühen Neuzeit den Beitrag der europäischen Expansion zur Herausbildung modernen Erziehungsdenkens: Bernardino de Sahagún (1499-1590) und John Locke (1632-1704) waren auf je unterschiedliche Weise an der Kolonialisierung Amerikas beteiligt. Neuere Ideengeschichte und Globalgeschichte leiten die Untersuchung; umfassend berücksichtigt werden zeitgenössische Kontexte und globale Verflechtungen. Spiekers Analyse führt im Ergebnis zu einer neuen Erzählung über Erziehung in der Moderne.