Sammelband mit wissenschaftlichen Beiträgen in deutsch, englisch oder französisch. "Abschied von der Heilsgeschichte" - das Motto des 7. Symposions der Inârah in Trier im Mai 2022 ist nichts anderes als die Neuformulierung eines akademischen Programms: Die Verankerung der in allen anderen historischen Disziplinen zum Standard gehörenden historisch-kritischen Methode auch in der Islamwissenschaft.Die Autoren der islamischen Traditionsliteratur waren keine Historiographen, sondern Geschichten-Schreiber, und obschon sie gelegentlich historische Gegebenheiten aufzugreifen wussten, waren sie eher Moralisten, die ihre eigene Zeit anhand eines vorgestellten Goldenen Zeitalters erklärten.Wie die Entstehung des Islam wirklich vor sich gegangen ist, war die Fragestellung aller vorherigen und auch dieses Symposions, an dem Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen und Ländern teilgenommen haben. Entsprechend sind die meisten Beiträge Themen wie der historischen Aufarbeitung der Entstehung des Islam und der Religionsgeschichte des Vorderen Orients in der Spätantike gewidmet. Dazu kommen Analysen der Auswirkungen historisch-kritischer Forschungen auf gesellschaftliche Debatten der Gegenwart.Ibn Warraq und Rachad Antonius haben das Konzept "Islamophobie" analysiert. Mit dem Einfluss historisch-kritischer Forschungen auf die gesellschaftlichen Debatten in der islamischen Welt beschäftigt sich der deutsche Autor und Sozialwissenschaftler Ralph Ghadban.Was eigentlich das Motto "Allahu akbar" bedeutet, versucht Volker Popp zu klären, während Gabriel Abousamra das Verhältnis der aramäischen Ahiqar-Traditionen zu dem koranischen Luqman beleuchtet. Raymond Dequin und Stephen Shoemaker zeigen, warum der heiligste Ort des Islam ursprünglich Jerusalem - und nicht Mekka - gewesen sein muss.Marcin Grodzki und Otfried Weintritt behandeln die Probleme der Quellenlage bei der angeblichen Prophetenbiographie; Robert M. Kerr Fragen um den Begriff des "Siegels der Propheten". Er erläutert, warum dieses sich ursprünglich nicht auf Muhammad bezogen haben kann.Peter von Sivers legt Beweise für die bisherige Fehldatierung der Doctrina Iacobi vor, die oft als einer der wenigen Belege für die Historizität des Propheten angeführt wird. Auffallende Parallelen einer arabischen Handschrift des Lukasevangeliums mit einem Hadi werden von Samir Arbache zur Diskussion gestellt. Jan Van Reeth stellt den christlich-aramäischen theologischen Hintergrund des Korans vor. Gordon D. Nickel beschäftigt sich mit dem Entstehen von Heilsgeschichte im Tafsir des vielleicht ältesten Exegeten: Muqatil b. Sulayman. Barino Barsoum bespricht die Frage, wie und warum die Traditionen um und über Muhammad, unter anderem die Hadi e, erst später als Legitimationsquelle für das islamische Recht erfunden wurden. Daniel Brubaker stellt das von ihm initiierte Projekt einer bisher fehlenden kritischen Ausgabe des Koran vor. Die biblischen Hintergründe der Suren 105 und 106 sind Thema des Beitrages von Bruno Bonnet-Eymard.Für das Problem der sogenannten "geheimnisvollen Buchstaben" im Koran, die am Anfang einer Reihe von Suren stehen und für die es weder in der islamischen Tradition, noch in der westlichen Islamwissenschaft eine allgemein akzeptierte Erklärung gibt, wird von Gerd-R. Puin ein überzeu-gender Lösungsansatz präsentiert. Redaktionsgeschichtliche Fragen werden von Ebrard Da Costa detailliert am Beispiel einer biblischen Geschichte im Koran und der verschiedenen Schichten ihrer Bearbeitung behandelt, während Munther Younes erörtert, wie die späteren muslimischen Exegeten den Korantext manipulierten, um Glaubenssätze zu rechtfertigen.
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