Über Jahrhunderte hatte sich in Deutschland ein spezifisches Judentum herausgebildet, als ein fest eingebundener Teil der Gesellschaft. Dieses deutsche Judentum wurde mit der Schoah vernichtet. Die hier versammelten Beiträge zeigen, wie sich danach neue jüdische Gemeinden mit aus in Deutschland gestrandeten osteuropäischen Überlebenden ohne wesentliche soziale und kulturelle Bezüge zur deutschen Gesellschaft entwickelten. Diese Einwanderung wurde vermittels des Zentralrats der Juden von der Politik aktiv unterstützt, der Zentralrat bot im Gegenzug der deutschen Erinnerungspolitik seine aktive Unterstützung. Mit der russischsprachigen Einwanderung ab 1990 entwickelte sich eine neue, eigenständige und vielfältige jüdische Kultur, die mit dem bisherigen Nachkriegsjudentum wenig gemein hat. Die jüdische Rolle, ihre ideologische Arbeit, ist noch heute von zentraler Bedeutung für die Legitimation der deutschen Politik und der nationalen Identität. Dies verlangt die kontinuierliche Aufwertung; einerseits vermittels einer veredelten Genealogie mit Bezug auf das alte deutsche Judentum, wozu die 1700-Jahr-Feiern dienlich waren, andererseits durch die enge Anbindung jüdischer Institutionen an den Staat. Die Beiträge beleuchten die deutsche Erfindung des Judentums und hinterfragen das Verhältnis von Antisemitismus und Rassismus. Mit Beiträgen von Sandra Anusiewicz-Baer, Y. Michal Bodemann, Joseph Cronin, Max Czollek, Darja Klingenberg, Armin Langer und Jannis Panagiotidis.