19-mal war Colin verliebt, jedes Mal hießen die Auserwählten Katherine - und immer haben sie ihn abserviert. Sein Freund Hassan - der immer einen guten Witz auf Lager hat - sieht nur eine Möglichkeit: Colin muss sein Leben ändern! Dazu soll er mit ihm quer durch Amerika fahren - ohne Ziel, nur mit dem Mut zum Abenteuer. Ein Albtraum für Colin, der lieber in Ruhe sein Schicksal analysiert. Trotzdem reist er mit. Im Gepäck: sein Liebestheorem, mit dem er vorausberechnen will, wann ihn eine Freundin abserviert. Doch bevor er es einsetzen kann, kommt ihm die Liebe in Gestalt von Lindsey zuvor. Lindsey ist seine erste Nicht-Katherine - dafür dauert ihre Beziehung schon länger, als das Theorem es hätte voraussagen können. Pointenreiche Freundschaftsgeschichte eines jungen Autors aus den USA.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.10.2008Frag nach bei Lindsey
Der Beziehungsprophet: John Green überwindet endlich seinen Weltschmerz
Seit er im Alter von vier Jahren eine Archimedes-Biographie las, wünscht sich Colin Singleton ein "Heureka-Erlebnis". Der hochbegabte Junge, dessen besonderes Talent im Bilden von Anagrammen besteht, besucht aus Rücksicht auf sein soziales Wohlergehen eine normale Schule. Damit er trotzdem genug gefordert ist, überprüft sein Vater täglich Colins Lernprozess, und der fällt durchaus zu beider Zufriedenheit aus. Allerdings gibt es da noch einen dunklen Punkt: Seit seiner Grundschulzeit interessiert sich der exzentrische Colin nur für Mädchen namens Katherine - und wurde achtzehnmal von einer Katherine verlassen. Das steckt er weg, bis Katherine die 19. kurz nach seinem Abitur aus heiterem Himmel Schluss mit ihm macht und ihm damit jedes Selbstvertrauen nimmt.
John Green, der im vergangenen Jahr mit "Eine wie Alaska" auch in Deutschland bekannt wurde, ist ein schöner Nachfolgeroman geglückt. Die Entstehungszeit des Buches sei von Beziehungsproblemen geprägt gewesen, schreibt der Autor auf seiner Homepage. Und Beziehungsprobleme dominieren auch das Leben von Colin. Um einen Ausgang aus seinem nicht immer selbstverschuldeten Unvermögen zu finden, all diese Katherines länger an sich zu binden, kommt ihm während eines Roadtrips mit seinem Freund Hassan die Idee zu einem Theorem. Abgeleitet von den Erfahrungen mit seinen Verflossenen soll es den Verlauf zukünftiger Beziehungen hervorsagen können und Colin ewigen Ruhm bringen.
Allerdings endet die Reise nach wenigen Tagen in Gutshot, Tennessee, als die beiden auf eine Lindsey treffen und deren Mutter ihnen lukrative Ferienjobs anbietet. Zwischen den drei Jugendlichen entwickelt sich eine intensive Freundschaft. Und Colin lernt von Lindsey nach und nach banale, aber umso wichtigere Dinge: etwa dass alles Lernen und Wissen nichts bringt, wenn man dabei die Kontrolle über das eigene Leben einbüßt - Heureka!
Es sind zum einen diese besonders liebenswerten und integeren Charaktere, die das Buch zu einem unterhaltsamen und komplexen Roman machen. Zum anderen tragen die vielen mühelos eingebundenen Fakten und vor allem Colins Theorem, dessen mathematische Grundlagen im Anhang detailliert erläutert werden, zur Spannung bei. Es ist auffällig, dass in beiden Romanen Greens eine starke und individualistische Mädchenfigur den Verlauf der Entwicklungen dominiert, deren eigene Geschichte aber nur am Rande behandelt wird - immer dann nämlich, wenn sie Relevanz für den jeweiligen männlichen Protagonisten hat. Bei denen aber handelt es sich in beiden Büchern um sanfte Außenseiter, die von den weltklugen Mädchen leicht zurechtgebogen werden können. Eines aber unterscheidet die Bücher: Während sich "Eine wie Alaska" eher dem adoleszenten Weltschmerz hingibt, ist "Die erste Liebe . . ." ein Lichtblick für alle, die ebendiesen bewältigen wollen.
HANNAH ARNOLD
John Green: "Die erste Liebe (nach 19 vergeblichen Versuchen)". Aus dem Englischen übersetzt von Sophie Zeitz. Hanser Verlag, München 2008. 288 S., br., 14,90 [Euro]. Ab 14 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der Beziehungsprophet: John Green überwindet endlich seinen Weltschmerz
Seit er im Alter von vier Jahren eine Archimedes-Biographie las, wünscht sich Colin Singleton ein "Heureka-Erlebnis". Der hochbegabte Junge, dessen besonderes Talent im Bilden von Anagrammen besteht, besucht aus Rücksicht auf sein soziales Wohlergehen eine normale Schule. Damit er trotzdem genug gefordert ist, überprüft sein Vater täglich Colins Lernprozess, und der fällt durchaus zu beider Zufriedenheit aus. Allerdings gibt es da noch einen dunklen Punkt: Seit seiner Grundschulzeit interessiert sich der exzentrische Colin nur für Mädchen namens Katherine - und wurde achtzehnmal von einer Katherine verlassen. Das steckt er weg, bis Katherine die 19. kurz nach seinem Abitur aus heiterem Himmel Schluss mit ihm macht und ihm damit jedes Selbstvertrauen nimmt.
John Green, der im vergangenen Jahr mit "Eine wie Alaska" auch in Deutschland bekannt wurde, ist ein schöner Nachfolgeroman geglückt. Die Entstehungszeit des Buches sei von Beziehungsproblemen geprägt gewesen, schreibt der Autor auf seiner Homepage. Und Beziehungsprobleme dominieren auch das Leben von Colin. Um einen Ausgang aus seinem nicht immer selbstverschuldeten Unvermögen zu finden, all diese Katherines länger an sich zu binden, kommt ihm während eines Roadtrips mit seinem Freund Hassan die Idee zu einem Theorem. Abgeleitet von den Erfahrungen mit seinen Verflossenen soll es den Verlauf zukünftiger Beziehungen hervorsagen können und Colin ewigen Ruhm bringen.
Allerdings endet die Reise nach wenigen Tagen in Gutshot, Tennessee, als die beiden auf eine Lindsey treffen und deren Mutter ihnen lukrative Ferienjobs anbietet. Zwischen den drei Jugendlichen entwickelt sich eine intensive Freundschaft. Und Colin lernt von Lindsey nach und nach banale, aber umso wichtigere Dinge: etwa dass alles Lernen und Wissen nichts bringt, wenn man dabei die Kontrolle über das eigene Leben einbüßt - Heureka!
Es sind zum einen diese besonders liebenswerten und integeren Charaktere, die das Buch zu einem unterhaltsamen und komplexen Roman machen. Zum anderen tragen die vielen mühelos eingebundenen Fakten und vor allem Colins Theorem, dessen mathematische Grundlagen im Anhang detailliert erläutert werden, zur Spannung bei. Es ist auffällig, dass in beiden Romanen Greens eine starke und individualistische Mädchenfigur den Verlauf der Entwicklungen dominiert, deren eigene Geschichte aber nur am Rande behandelt wird - immer dann nämlich, wenn sie Relevanz für den jeweiligen männlichen Protagonisten hat. Bei denen aber handelt es sich in beiden Büchern um sanfte Außenseiter, die von den weltklugen Mädchen leicht zurechtgebogen werden können. Eines aber unterscheidet die Bücher: Während sich "Eine wie Alaska" eher dem adoleszenten Weltschmerz hingibt, ist "Die erste Liebe . . ." ein Lichtblick für alle, die ebendiesen bewältigen wollen.
HANNAH ARNOLD
John Green: "Die erste Liebe (nach 19 vergeblichen Versuchen)". Aus dem Englischen übersetzt von Sophie Zeitz. Hanser Verlag, München 2008. 288 S., br., 14,90 [Euro]. Ab 14 J.
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.02.2009Liebesformel
Die Beziehung zwischen Mathematik und Liebe
Es lebe die Liebe! Okay. Es lebe die Mathematik! Warum nicht? Aber sollten sich die beiden in übersehbarer Zukunft deshalb gleich paaren? Der traurige Held in John Greens zweitem Roman Die erste Liebe (nach 19 vergeblichen Versuchen) ist davon überzeugt, in einer mathematischen Formel den Schlüssel für das Scheitern seiner bisher 19 Liebesversuche vom achten bis zum siebzehnten Lebensjahr finden zu können. Colin Singleton glaubt allen Ernstes, mit seinem Theorem sogar Voraussagen für die Stabilität zukünftiger Beziehungen treffen zu können.
Die Formel? Kein Problem. Sie ist sogar von einem Mathematikprofessor im Anhang des Buches auf die immanente Logik hin überprüft worden. Dieser ultimativ wirkenden Formel ist erst einmal der Selbstversuch des Rezensenten entgegenzusetzen: Die Formel hat nichts genützt. Die Neigung wurde immer größer, der Winkel immer spitzer und der Liebende fiel auf die Nase. Und nun der Held in John Greens Roman: Colin Singleton, Wunderkind, Anagrammfetischist und Egomane in Ausbildung, stets unter Erwartungsdruck, aus dem Wunderkind möge sich ein Genie entwickeln.
Natürlich ist der Autor gegenüber dem Erklärungswahn seines Protagonisten äußerst skeptisch. Er hat Colin deshalb gleich vom ersten Kapitel an einen Freund zur Seite gestellt, der den systematischen Jammer nach der 19. Trennung – alle Geliebten hießen zudem Katherine! – manchmal ironisch, manchmal sarkastisch relativiert. Gleichzeitig zwingt der lebenslustige Hassan seinen orientierungslosen Kumpel zur geographischen Distanz vom Tatort Chicago: Beide fahren mit einer alten Klapperkiste ins Blaue und landen bereits auf Seite 39 zufällig in einem obskuren Kaff im tiefsten Tennessee. Dort soll sich angeblich das Grab des Erzherzogs Franz Ferdinand befinden (der in Sarajewo Erschossene). Noch vor dem Grab entdecken sie Lindsey Lee Wells, Touristenführerin, Managerin des General Store und allem Anschein nach eine allseits beliebte Persönlichkeit im Ort. Das ist der eigentliche Beginn der komplexen Geschichte, in deren Verlauf Colins mathematischer Tunnelblick auf die Liebe immer wieder erschüttert wird. Nicht ganz zufällig erfahren die Leser Hintergründiges über die Menschen am Lande und über den Wert der erzählten Geschichte für die persönliche Biographie.
Zu viel des Guten für den Roman über junge Liebe und ihre Folgen? Leider. Die Handlung wirkt konstruiert, bei aller Originalität des Zugangs zum Thema. Bei den Witzen und Geistesblitzen, die der Autor seinen Helden auf die Zunge legt, glaubt man auf den ersten 100 Seiten das Hämmern auf der Laptop-Tastatur zu hören (oder das Kratzen des Füllers), mit dem der Autor seine Gedanken fixiert. Das ist zu lang, um noch als Warming-up für uns Leser durchzugehen, selbst wenn sich die Handlung umso mehr entspannt, je mehr Würze Lindsey & Co. in die Geschichte bringen. Die Dialoge werden erfrischend lebendig und auf ganz natürliche Weise herzerwärmend sophisticated. Auch wenn sich Green im Lauf der Geschichte zunehmend als talentierter Baumeister dramaturgischer Brückenbögen erweist, hat er, anders als in seinem Debütroman Eine wie Alaska, den ersten Pfeiler in den Sand gesetzt. (ab 14 Jahre) SIGGI SEUSS
JOHN GREEN: Die erste Liebe (nach 19 vergeblichen Versuchen). Aus dem Amerikanischen von Sophie Zeitz. Hanser 2008. 288 Seiten,14,90 Euro.
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Die Beziehung zwischen Mathematik und Liebe
Es lebe die Liebe! Okay. Es lebe die Mathematik! Warum nicht? Aber sollten sich die beiden in übersehbarer Zukunft deshalb gleich paaren? Der traurige Held in John Greens zweitem Roman Die erste Liebe (nach 19 vergeblichen Versuchen) ist davon überzeugt, in einer mathematischen Formel den Schlüssel für das Scheitern seiner bisher 19 Liebesversuche vom achten bis zum siebzehnten Lebensjahr finden zu können. Colin Singleton glaubt allen Ernstes, mit seinem Theorem sogar Voraussagen für die Stabilität zukünftiger Beziehungen treffen zu können.
Die Formel? Kein Problem. Sie ist sogar von einem Mathematikprofessor im Anhang des Buches auf die immanente Logik hin überprüft worden. Dieser ultimativ wirkenden Formel ist erst einmal der Selbstversuch des Rezensenten entgegenzusetzen: Die Formel hat nichts genützt. Die Neigung wurde immer größer, der Winkel immer spitzer und der Liebende fiel auf die Nase. Und nun der Held in John Greens Roman: Colin Singleton, Wunderkind, Anagrammfetischist und Egomane in Ausbildung, stets unter Erwartungsdruck, aus dem Wunderkind möge sich ein Genie entwickeln.
Natürlich ist der Autor gegenüber dem Erklärungswahn seines Protagonisten äußerst skeptisch. Er hat Colin deshalb gleich vom ersten Kapitel an einen Freund zur Seite gestellt, der den systematischen Jammer nach der 19. Trennung – alle Geliebten hießen zudem Katherine! – manchmal ironisch, manchmal sarkastisch relativiert. Gleichzeitig zwingt der lebenslustige Hassan seinen orientierungslosen Kumpel zur geographischen Distanz vom Tatort Chicago: Beide fahren mit einer alten Klapperkiste ins Blaue und landen bereits auf Seite 39 zufällig in einem obskuren Kaff im tiefsten Tennessee. Dort soll sich angeblich das Grab des Erzherzogs Franz Ferdinand befinden (der in Sarajewo Erschossene). Noch vor dem Grab entdecken sie Lindsey Lee Wells, Touristenführerin, Managerin des General Store und allem Anschein nach eine allseits beliebte Persönlichkeit im Ort. Das ist der eigentliche Beginn der komplexen Geschichte, in deren Verlauf Colins mathematischer Tunnelblick auf die Liebe immer wieder erschüttert wird. Nicht ganz zufällig erfahren die Leser Hintergründiges über die Menschen am Lande und über den Wert der erzählten Geschichte für die persönliche Biographie.
Zu viel des Guten für den Roman über junge Liebe und ihre Folgen? Leider. Die Handlung wirkt konstruiert, bei aller Originalität des Zugangs zum Thema. Bei den Witzen und Geistesblitzen, die der Autor seinen Helden auf die Zunge legt, glaubt man auf den ersten 100 Seiten das Hämmern auf der Laptop-Tastatur zu hören (oder das Kratzen des Füllers), mit dem der Autor seine Gedanken fixiert. Das ist zu lang, um noch als Warming-up für uns Leser durchzugehen, selbst wenn sich die Handlung umso mehr entspannt, je mehr Würze Lindsey & Co. in die Geschichte bringen. Die Dialoge werden erfrischend lebendig und auf ganz natürliche Weise herzerwärmend sophisticated. Auch wenn sich Green im Lauf der Geschichte zunehmend als talentierter Baumeister dramaturgischer Brückenbögen erweist, hat er, anders als in seinem Debütroman Eine wie Alaska, den ersten Pfeiler in den Sand gesetzt. (ab 14 Jahre) SIGGI SEUSS
JOHN GREEN: Die erste Liebe (nach 19 vergeblichen Versuchen). Aus dem Amerikanischen von Sophie Zeitz. Hanser 2008. 288 Seiten,14,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensentin Siggi Seuss gibt eine eingeschränkte Empfehlung. Die Idee findet sie originell: Ein Wunderkind im Jugendalter denkt sich eine mathematische Formel für seine 19 bisher gescheiterten Liebesversuche aus. Zum Glück hat er dann außerdem noch einen Kumpan, der ihn aus seinen Grübeleien reißt und mit dem er von Chicago aus zu einer Reise in die hinteren Winkel von Tennessee aufbricht, wo den beiden alle möglichen Abenteuer begegnen. Seuss findet, dass der Autor zu sehr in die Witze und Geistesblitze seiner Protagonisten verliebt ist. Das Buch ist ihr zu konstruiert, als dass sie sich seinem Rhythmus hingeben kann - aber sie wirbt auch um Geduld: Im Lauf der Erzählung scheint sich der Autor frei zu schreiben.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Eine ungewöhnliche und hochgradig witzige Liebesgeschichte. Und nicht nur das, sondern auch ein Roadmovie und ein glorreiches Lehrstück über Freundschaft. ... Fein pointiert ... Auch acht Jahre nach Erscheinen der deutschen Erstausgabe hat diese Geschichte kein bisschen an Zeitlosigkeit, Cleverness und Witz verloren." Franziska Gurk, ART.5 III (art5drei.de), 30.09.16
"Wunderbar witzig...genial...wunderbare Unterhaltung." Winfried Stanzick, lovelybooks.de; buecher.de; blog.liesdoch.de; waslistdu.de, 06.09.16
"Wunderbar witzig...genial...wunderbare Unterhaltung." Winfried Stanzick, lovelybooks.de; buecher.de; blog.liesdoch.de; waslistdu.de, 06.09.16