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Was wissen wir heute gesichert über die ersten Ursprünge des Menschen? Wer waren unsere Urahnen? Wie sahen sie aus, welche Fertigkeiten besaßen und entwickelten sie? Richard Leakey; weltweit führender Paläanthropologe, hat selbst sensationelle Funde gemacht und trat mit dem erfolgreichen Buch 'Wie der Mensch zum Menschen wurde' auch als Wissenschaftsautor hervor. Er beantwortete diese Fragen anhand der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse und vor dem Hintergrund jahrzehntelanger eigener Forschungen in Ostafrika, der 'Wiege der Menschheit'.

Produktbeschreibung
Was wissen wir heute gesichert über die ersten Ursprünge des Menschen? Wer waren unsere Urahnen? Wie sahen sie aus, welche Fertigkeiten besaßen und entwickelten sie? Richard Leakey; weltweit führender Paläanthropologe, hat selbst sensationelle Funde gemacht und trat mit dem erfolgreichen Buch 'Wie der Mensch zum Menschen wurde' auch als Wissenschaftsautor hervor. Er beantwortete diese Fragen anhand der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse und vor dem Hintergrund jahrzehntelanger eigener Forschungen in Ostafrika, der 'Wiege der Menschheit'.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.10.1997

Anpasser von Anfang an
Richard Leakeys Knochenarbeit auf der Suche nach dem Urmenschen / Von Josef H. Reichholf

Licht wird auf den Ursprung der Menschheit und ihre Geschichte fallen", schrieb Charles Darwin vor gut hundert Jahren. Als er 1871 sein Buch über die Abstammung des Menschen veröffentlichte, deutete vieles für ihn darauf hin, daß die Menschheit aus Afrika kommt. Heute sind wir uns dessen so gut wie sicher. Das ist nicht zuletzt ein Verdienst von Richard Leakey und seiner Familie. Angetrieben von Darwins großartiger Idee, suchten die Leakeys. Fund um Fund holten sie jahrmillionenalte Knochen aus der afrikanischen Erde heraus.

Die Knochen schaffen die "Fakten", zu denen die Theorien passen müssen. Aber man findet bekanntlich zumeist nur das, wonach man gesucht hat. Auch Leakey weiß um diese menschliche Schwäche. Sie hat lange Zeit seine eigene Suche gelenkt. Wer selbst in der Wildnis war und in der Gluthitze des kenianischen Nordens nach Fossilien grub, wird verstehen, warum die ach so raren Funde nicht nur zu persönlichen Erfolgserlebnissen werden, sondern in ihrer Bedeutung oft auch maßlos überschätzt worden sind. Das sei all diesen Feldforschern gegönnt; leisten sie doch buchstäblich die Knochenarbeit für Theoretiker, die danach anfangen können, mit den einzelnen Steinchen eines schier hoffnungslos unvollständigen Mosaiks ein schlüssiges Bild zusammenzusetzen. Richard Leakey kennt beides, die Feld- und die Denkarbeit. Und deshalb ist dieses Buch wohl auch ganz besonders vorsichtig geschrieben worden.

Heute ist der größte Konkurrent der Fossiljäger nicht mehr der Fachkollege, der vielleicht einen noch schöneren Fund machen könnte, sondern das Genlabor mit seinen Techniken. Winzige Spuren von Erbsubstanz reichen bereits oder werden in Bälde genügen, um die Abstammungsverhältnisse zu klären. Zumindest scheint es gegenwärtig so. Leakey erlaubt sich nur sehr dezent, an der Allmacht dieser neuen Technik zu zweifeln, obwohl Zweifel durchaus angebracht sind.

Unter diesen Voraussetzungen hat er sein jüngstes Buch über die Evolution des Menschen zusammengestellt. Es ist ein kurzes, prägnantes und interessantes Buch geworden. So lange hat Leakey sich nun mit der Evolution des Menschen befaßt, daß er jetzt glaubt, es wagen zu können, in die anderen Bereiche des Menschseins einzusteigen: in die Bereiche von Kunst, Kultur und Bewußtsein. Die Knochenstories, das weiß er wohl, haben ihren Reiz verloren. "Lucy" und der "Junge vom See" waren aufblitzende Feuerwerkskörper und spannende Geschichten zu ihrer Zeit. Längst hängen die Vorstellungen zum Werdegang des Menschen nicht mehr an den alten, unvollständigen Knochen.

Die Forschung schreitet auf breiter Front voran. Moderne Computertechnik macht vergleichende Sprachanalysen möglich und vermittelt Vorstellungen von der Ausbreitung von Wörtern und Sprachen, wie wir sie von der Genetik in der Ausbreitung von Erbmerkmalen kennen. Feinstrukturanalysen der Schädelinnenflächen können zeigen, ob und wie das sich vergrößernde Gehirn gefurcht war und ob sich die rechte und die linke Hälfte unsymmetrisch auseinanderzuentwickeln begannen.

Kein Fossiljäger kann die Vielzahl der Forschungen zum Ursprung des Menschen mehr überblicken. Doch je mehr sie ins Detail gehen, desto klarer stellen sich wiederum die alten Fragen nach unserem Bewußtsein, nach der Rolle von Kunst und Kultur in der Menschwerdung. In diesen Bereichen wird der naturwissenschaftlich Arbeitende zwangsläufig zum Dilettanten. Nicht, weil er zu wenig davon verstünde, sondern, weil ihn die Verläßlichkeit seiner naturwissenschaftlichen Methoden verläßt. Leakey befaßt sich deshalb in einer fast naiven Weise mit Entstehung und Bedeutung der eiszeitlichen Kunst, wie sie in den grandiosen Höhlen Frankreichs und Spaniens auf uns gekommen ist. Und ähnlich unbekümmert geht er an die Frage von Bewußtsein und Geist heran. Das macht sein Buch so frisch und auch so angreifbar.

Denn anders als bei den Knochen, deren Entwicklungsgeschichte in ihm massive Zweifel an Darwins langsamer Veränderung hatte aufkommen lassen, ist er in diesen Bereichen von Kunst und Geist, von Sprache und Bewußtsein doch im alten Denkschema verhaftet geblieben. Daß neue Eigenschaften und Leistungen sehr plötzlich auftauchen könnten und nicht allmählich voranschreiten müssen, kann er sich nicht vorstellen. Deshalb kommt er mit dem Problem der so urplötzlich einsetzenden "Eiszeitkunst" genauso wenig zurecht wie mit Sprache und Bewußtsein.

Er kann auch bei all den großartigen Funden, die zur Entstehungsgeschichte des Menschen nun vorliegen, nicht wirklich plausibel machen, warum der Mensch zum Menschen wurde. Hätte es nicht auch anders kommen können? Was war das Besondere an unserer afrikanischen Wiege? An vielen anderen Stellen der Erde fanden solche klimatischen Veränderungen statt, wie Leakey sie an den Anfang der Menschwerdung stellt. Insofern haben die Gegner der Theorie des afrikanischen Ursprungs völlig recht. Und dennoch kam es nur in Afrika und dort nur in einer bestimmten Zone im Osten zu jenen evolutionären Veränderungen, die aus einem vierfüßig/händigen Menschenaffen einen sich zweibeinig fortbewegenden Menschen machten, die sein Gehirn gewaltig anschwellen ließen und seine Nacktheit erzeugten.

Leakey tastet sich an diese Problematik heran, wie er sich an die Entwicklung von Sprache und Geist herantastet. Das Ergebnis bleibt noch unbefriedigend. Was nicht heißen soll, daß Leakeys neues Buch nicht lesenswert wäre. Im Gegenteil: Es ist besser als die meisten anderen Bücher zur Evolution des Menschen. Und es ist auch recht gut übersetzt worden. Allerdings sollte man sich beim Lesen gleich klarmachen, daß mit "Affen" zumeist nur die Menschenaffen gemeint sind. Was ist das zentrale Ergebnis dieses Buches? Wahrscheinlich läßt es sich in jenem Satz Leakeys zusammenfassen, in dem er sich im Blick auf seine Sicht der Menschwerdung als "Adaptationist" kennzeichnet: "Kultur ist quasi die menschliche Anpassung überhaupt." Anpassung woran, muß man sich fragen. Ist es nicht vielmehr so, daß sich der Mensch mit seiner Kultur sehr stark von der Umwelt gelöst hat?

Richard Leakey: "Die ersten Spuren". Über den Ursprung des Menschen. Aus dem Englischen von Udo Rennert. C. Bertelsmann Verlag, München 1997. 220 S., Abb., geb., 36,90 DM.

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