Unsere modernen Währungssysteme wurden geschaffen, um Krisen zu bekämpfen und Wohlstand zu sichern. Aber die Finanzmärkte brechen immer wieder ein; es herrscht fortwährend Alarmstimmung. Liegt hier ein Fehler im System? Wir sind es nicht gewohnt, die Geldproduktion als eine Industrie wie jede andere zu betrachten, aber Jörg Guido Hülsmann zeigt, daß sie mit den üblichen Mitteln der Ökonomie und der rationalen Ethik untersucht werden kann. Er beschreibt die sozialen, kulturellen und spirituellen Folgen dauerhafter Inflation und erklärt die Funktionsweise von nationalen und internationalen Währungssystemen. Hülsmann argumentiert, u. a. auf der Grundlage der christlichen Morallehre, daß die heutigen Formen der Geldproduktion ökonomisch und ethisch anfechtbar sind. Unser Währungssystem erzeugt ungerechte Einkommen, vernichtet Wohlstand, zerrüttet die moralischen Grundlagen der Gesellschaft und führt letzten Endes zu Hyperinflation oder Totalitarismus.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.03.2008Wirtschaftsbuch
Warum Geld unsicher ist
Radikale Thesen brauchen Mut – auch vom Leser, der sich dem Autor hingibt – obwohl ihm womöglich schon im Vorwort einige Thesen nicht passen. Natürlich kann man ein solches Buch sofort weglegen. Andererseits haben radikale Meinungen immer den Charme des Unberechenbaren. Sie bereichern das eigene Argumentationsmuster und sensibilisieren im besten Fall für völlig neue Fragen. Wer von Jörg Hülsmann das Buch Die Ethik der Geldproduktion liest, bekommt ein ganzes Dossier von Minderheitsmeinungen serviert und zwar zu einem Thema, das jeden angeht: Wie wertbeständig ist mein Geld?
So ein 100-Euro-Schein ist eine feine Sache. Jeder Händler wird die Banknote als Zahlungsmittel für eine Ware akzeptieren. Dabei ist das Papier für sich genommen keinesfalls 100 Euro wert. So ein Zahlungssystem kann nur funktionieren, wenn die Bürger diesem Geld vertrauen, und wenn sie ihm den Wert beimessen, der von der Notenbank aufgedruckt wurde. Der zuletzt auf mehr als 1000 Dollar je Unze gestiegene Goldpreis legt den Verdacht nahe, dass viele Investoren dem Papiergeld nicht mehr so richtig trauen. Die Bürger fürchten wieder Inflation, eine schleichende Geldentwertung, die die Ersparnisse der kleinen Leute schmälert. Was taugt also dieses Papiergeldsystem? Hülsmanns Buch hat unerwartete Aktualität erlangt.
Für viele mag allerdings schon die Frage seltsam klingen, schließlich kennt man ja nichts anderes als Papiergeld. Wir sind damit groß geworden. Doch die Geschichte der reinen Papierwährung ist jung. Erst seit 1971 ist die gesamte Welt vom Goldstandard abgekoppelt. Vorher war Papiergeld in irgendeiner Form mit Gold unterlegt, es hatte einen inneren Wert. Als Geld wurden in der Geschichte der Menschheit auch schon Rinder, Muscheln, Nägel, Tabak, Baumwolle, Kupfer, Silber und eben Gold eingesetzt. „Der Staat spielte dabei keine Rolle, die Bürger selbst kamen überein, dass Gold oder Silber als Geld taugt, weil man in die Wertbeständigkeit vertraute”, schreibt Hülsmann.
Der Professor für Volkswirtschaft an der französischen Universität Angers bewegt sich in der Denktradition der Österreichischen Schule, deren bekannteste Vertreter Ludwig von Mises und Friedrich Hajek sind. Diese Schule ist sehr heterogen in ihren Forderungen; einig ist man sich im Misstrauen gegenüber dem Staat. Dieser war es auch, so Hülsmann, der die Menschen in das Papiergeldkorsett gezwungen hat, meist um Kriege zu finanzieren. Die sichtbarste Folge der globalen Papiergeldinflation in den vergangenen 30 Jahren sei die Explosion der öffentlichen Schulden. Der Staat nutze seine unbegrenzten monetären Ressourcen, weil die Zentralbank, der nationale Papiergeldproduzent, hinter ihm stehe. Hülsmann rechnet deshalb irgendwann mit einer Hyperinflation, die durch einen Goldstandard vermeidbar wäre. Warengeld wie Gold habe immer einen Wert, Papiergeld könne komplett wertlos werden.
Hülsmann schreibt engagiert, teilweise sogar emotional, was den mitunter wissenschaftlichen Jargon verdaulicher macht. Mit spitzer Feder zerpflückt er auch das globale Bankensystem mit all seinen strukturellen Schwächen – etwa die völlig aus dem Ruder gelaufenen Kreditgeschäfte – und das hat er geschrieben, bevor die aktuelle Krise ausbrach. Einige seiner Argumente wären vor einem Jahr vom Establishment noch als radikal abgetan worden, doch mittlerweile wird tatsächlich diskutiert, wie weit die Notenbanken in Zeiten der Krise die Geldschleusen öffnen sollen. Doch Hülsmann traut dem Staat nichts Gutes zu. „Man bedenke, dass lediglich ein Tropfen Tinte benötigt wird, um einem 100-Euro-Geldschein eine oder zwei Nullen hinzuzufügen.” Markus Zydra
Jörg Guido Hülsmann:
Die Ethik der Geldproduktion. Edition Sonderwege bei
Manuscriptum, Leipzig 2007,
293 Seiten. 24,80 Euro.
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Warum Geld unsicher ist
Radikale Thesen brauchen Mut – auch vom Leser, der sich dem Autor hingibt – obwohl ihm womöglich schon im Vorwort einige Thesen nicht passen. Natürlich kann man ein solches Buch sofort weglegen. Andererseits haben radikale Meinungen immer den Charme des Unberechenbaren. Sie bereichern das eigene Argumentationsmuster und sensibilisieren im besten Fall für völlig neue Fragen. Wer von Jörg Hülsmann das Buch Die Ethik der Geldproduktion liest, bekommt ein ganzes Dossier von Minderheitsmeinungen serviert und zwar zu einem Thema, das jeden angeht: Wie wertbeständig ist mein Geld?
So ein 100-Euro-Schein ist eine feine Sache. Jeder Händler wird die Banknote als Zahlungsmittel für eine Ware akzeptieren. Dabei ist das Papier für sich genommen keinesfalls 100 Euro wert. So ein Zahlungssystem kann nur funktionieren, wenn die Bürger diesem Geld vertrauen, und wenn sie ihm den Wert beimessen, der von der Notenbank aufgedruckt wurde. Der zuletzt auf mehr als 1000 Dollar je Unze gestiegene Goldpreis legt den Verdacht nahe, dass viele Investoren dem Papiergeld nicht mehr so richtig trauen. Die Bürger fürchten wieder Inflation, eine schleichende Geldentwertung, die die Ersparnisse der kleinen Leute schmälert. Was taugt also dieses Papiergeldsystem? Hülsmanns Buch hat unerwartete Aktualität erlangt.
Für viele mag allerdings schon die Frage seltsam klingen, schließlich kennt man ja nichts anderes als Papiergeld. Wir sind damit groß geworden. Doch die Geschichte der reinen Papierwährung ist jung. Erst seit 1971 ist die gesamte Welt vom Goldstandard abgekoppelt. Vorher war Papiergeld in irgendeiner Form mit Gold unterlegt, es hatte einen inneren Wert. Als Geld wurden in der Geschichte der Menschheit auch schon Rinder, Muscheln, Nägel, Tabak, Baumwolle, Kupfer, Silber und eben Gold eingesetzt. „Der Staat spielte dabei keine Rolle, die Bürger selbst kamen überein, dass Gold oder Silber als Geld taugt, weil man in die Wertbeständigkeit vertraute”, schreibt Hülsmann.
Der Professor für Volkswirtschaft an der französischen Universität Angers bewegt sich in der Denktradition der Österreichischen Schule, deren bekannteste Vertreter Ludwig von Mises und Friedrich Hajek sind. Diese Schule ist sehr heterogen in ihren Forderungen; einig ist man sich im Misstrauen gegenüber dem Staat. Dieser war es auch, so Hülsmann, der die Menschen in das Papiergeldkorsett gezwungen hat, meist um Kriege zu finanzieren. Die sichtbarste Folge der globalen Papiergeldinflation in den vergangenen 30 Jahren sei die Explosion der öffentlichen Schulden. Der Staat nutze seine unbegrenzten monetären Ressourcen, weil die Zentralbank, der nationale Papiergeldproduzent, hinter ihm stehe. Hülsmann rechnet deshalb irgendwann mit einer Hyperinflation, die durch einen Goldstandard vermeidbar wäre. Warengeld wie Gold habe immer einen Wert, Papiergeld könne komplett wertlos werden.
Hülsmann schreibt engagiert, teilweise sogar emotional, was den mitunter wissenschaftlichen Jargon verdaulicher macht. Mit spitzer Feder zerpflückt er auch das globale Bankensystem mit all seinen strukturellen Schwächen – etwa die völlig aus dem Ruder gelaufenen Kreditgeschäfte – und das hat er geschrieben, bevor die aktuelle Krise ausbrach. Einige seiner Argumente wären vor einem Jahr vom Establishment noch als radikal abgetan worden, doch mittlerweile wird tatsächlich diskutiert, wie weit die Notenbanken in Zeiten der Krise die Geldschleusen öffnen sollen. Doch Hülsmann traut dem Staat nichts Gutes zu. „Man bedenke, dass lediglich ein Tropfen Tinte benötigt wird, um einem 100-Euro-Geldschein eine oder zwei Nullen hinzuzufügen.” Markus Zydra
Jörg Guido Hülsmann:
Die Ethik der Geldproduktion. Edition Sonderwege bei
Manuscriptum, Leipzig 2007,
293 Seiten. 24,80 Euro.
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