Kann es eine allein auf das Individuum gegründete Ethik geben, eine Ethik, die noch dazu nur gelebt wird? Das Leben des Wiener Philosophen Ludwig Wittgenstein (1889 bis 1951) scheint diese Frage zu bejahen. Der Autor stellt vor dem Hintergrund der Zeitereignisse das Leben eines Menschen dar, der als Philosoph seine Studenten in den Bann zog, der als Lehrer, Architekt und Laborassistent arbeitete, der versuchte, als Mönch zu leben und Gärtnergehilfe wurde, und der sich mit künstlerischen Fragen gleichermaßen wie mit ingenieurtechnischen oder psychologischen Problemen beschäftigte.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Mathias Ivens Rekonstruktion von Wittgensteins Ethik hat Rezensent Matthias Kross rundum überzeugt. Wie Kross ausführt, verweist Ivens darauf, dass jede Ethik für Wittgenstein letztlich unaussprechlich bleibe und nur als gelebte sich verwirklichen könne. Daraus ziehe er die Konsequenz, dass die Vermittlung von Ethik weniger in der Formulierung von Maximen oder Imperativen bestehe, sondern in der Erziehung zur Verantwortung. "Dies ist", erklärt Kross, "in der Tat ein mit Wittgenstein fast deckungsgleiches Ergebnis." Allerdings gelingt es Ivens nach Ansicht des Rezensenten, diesen Gedanken auf eine "erheblich einfachere und fasslichere Art" zu erläutern als Wittgenstein selbst. Dazu analysiere Iven einerseits Schlüsselszenen im Leben Wittgensteins und unternehme andererseits eine ertragreiche Lektüre der wenigen expliziten Stellen zur Ethik im philosophischen Werk Wittgensteins, lobt Kross. "Im deutschen Sprachraum", resümiert der Rezensent, "findet sich keine materialreichere und tiefschürfendere Darstellung zu diesem Thema, das nicht nur für die Wittgenstein-Forschung immer noch rätselhaft ist, sondern eine Herausforderung für jede ethische Theoriebildung."
© Perlentaucher Medien GmbH
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