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Zottelige Federpracht, gelbe Augen, zwei Meter Flügelspannweite, vier Kilo Gewicht: Sie ist die größte Eule der Welt - und eine der seltensten, denn ihr Habitat - die Primorjer Auenwälder im fernen Osten Russlands - ist so unzugänglich und abgelegen, dass 100 Jahre vergehen mussten, bis ein Forscher den Riesenfischuhu wieder zu Gesicht bekam. Jonathan Slaghts so obsessive wie abenteuerliche Suche nach dem majestätischen Vogel führt ihn über Tausende von Kilometern unwegsamen Geländes, durch verschneite Wälder, über zugefrorene Seen und tauende Permafrostböden. Irgendwo in dieser winterlichen…mehr

Produktbeschreibung
Zottelige Federpracht, gelbe Augen, zwei Meter Flügelspannweite, vier Kilo Gewicht: Sie ist die größte Eule der Welt - und eine der seltensten, denn ihr Habitat - die Primorjer Auenwälder im fernen Osten Russlands - ist so unzugänglich und abgelegen, dass 100 Jahre vergehen mussten, bis ein Forscher den Riesenfischuhu wieder zu Gesicht bekam. Jonathan Slaghts so obsessive wie abenteuerliche Suche nach dem majestätischen Vogel führt ihn über Tausende von Kilometern unwegsamen Geländes, durch verschneite Wälder, über zugefrorene Seen und tauende Permafrostböden. Irgendwo in dieser winterlichen Welt, die Tiger und Bären, Wilderer und Mystiker bevölkern, lauert die wundersame Eule, nachtaktiver Jäger, Sänger unheimlicher Duette und beharrlicher Überlebenskünstler in einem schrumpfenden Lebensraum. Die Eulen des östlichen Eises bietet einen so seltenen wie fesselnden Einblick in den Alltag eines Wissenschaftlers, zu dem Wodka-getränkte Begegnungen, waghalsige Schneemobilfahrten und vor Eiseskälte durchwachte Nächte ebenso gehören wie seltsame Eulenspuren im Schnee. Es ist das leidenschaftliche Zeugnis des heldenhaften Versuchs, einen der großartigsten Vögel der Welt zu retten, Beispiel für die Kreativität und Entschlossenheit, die Feldforschung erfordert - und eine leidenschaftliche Erinnerung an die Schönheit und Verletzlichkeit der natürlichen Welt.
Autorenporträt
Jonathan C. Slaght ist Koordinator für Russland und Nordostasien bei der Wildlife Conservation Society, wo er Forschungsprojekte zu gefährdeten Arten leitet. Über seine Arbeit berichtete er unter anderem in der New York Times, The Guardian, BBC und Scientific American. Eulen des östlichen Eises wurde mit dem PEN/E.O. Wilson Literary Science Writing Award sowie dem Minnesota Book Award for General Nonfiction ausgezeichnet und stand auf der Longlist für den National Book Award. Slaght lebt in Minneapolis.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.07.2024

Als hätte man ein Bärenjunges mit Federn beklebt

Riesenfischuhus sind "ungefähr so groß wie ein Adler, aber fluffiger und stattlicher, mit enormen Ohrenbüscheln", so beschreibt Jonathan C. Slaght seinen ersten Eindruck des Vogels, den vor ihm noch niemand so recht erforscht hat. In "Die Eulen des östlichen Eises" berichtet er von seiner Suche nach der größten Eule der Welt und beweist Sinn für Humor: "Vor dem diesig grauen Winterhimmel wirkte er beinahe zu wuchtig und skurril für einen echten Vogel, fast so, als hätte jemand ein Bärenjunges hastig mit einem Haufen Federn beklebt und das verwirrte Tier auf einen Baum gesetzt."

Was sich da erschrocken aus den Wipfeln erhebt, sieht vor allem so ganz anders aus, als die Illustration, die ihm das Bestimmungsbuch anbietet, das er bei sich trägt: "Das gemalte Bild des Tieres erinnerte mich eher an eine miesepetrige Mülltonne als an den frechen puscheligen Kobold, den wir gerade gesehen hatten." Über mehrere Jahre fährt Slaght ins östliche Russland, denn in der wald- und wasserreichen Region Primorje, auf der Landkarte eingeklemmt zwischen China und dem Japanischen Meer, leben noch einige Exemplare des Riesenfischuhus. Und weil man sie am besten im Winter beobachten kann, wandert der Forscher durch verschneite Landschaften. Im Schnee lassen sich die Spuren der Uhus klar erkennen, und auch ihre Nistplätze sind gut sichtbar, denn aufgrund ihrer enormen Körpergröße benötigen die Tiere für ihre Nester die ältesten und höchsten Bäume. Ausgerechnet die aber haben zunehmend Holzfäller im Visier. Der Lebensraum der Vögel schrumpft. Auch deshalb hat sich Slaght dieser Spezies verschrieben, er will nicht nur Grundlagenforschung betreiben, er will auch den Lebensraum der "puschligen Kobolde" retten.

Während das Genre des "Nature Writing" zuletzt zunehmend von Journalisten und solchen Autoren gekapert wurde, die bloß wortgewandt ihre Naturerfahrungen beschreiben, tritt Slaght als Wissenschaftler auf, der von seinen Forschungsreisen berichtet. Dass es im 21. Jahrhundert so gut wie keine unberührten Flecken auf der Erde mehr gibt und die Geschichte einer Eulenart immer auch die Geschichte vom Vordringen des Menschen in den Lebensraum der Tiere sein muss, versteht sich. Slaght ist dabei ein Beobachter, der wahrnimmt, aber nicht wertet.

Man begegnet in diesem Buch kauzigen russischen Dorf- und Waldbewohnern, die nachts mit Taschenlampe und Stock auf die Toilette gehen, weil Bären und Amurtiger durch die Gegend schleichen. An einem Waldrand läuft man Männern über den Weg, die Rotwildpenisse für ihre Potenz essen, aber Frauen fortjagen, weil "sie aus Eitelkeit in der Sauna zu viel Wasser verbrauchen". Und man erfährt, dass das Dorf Agsu zu Sowjetzeiten ein Zentrum der Wildfleischverarbeitung gewesen ist. Pelze und Fleisch gaben die Jäger direkt gegen Barzahlung bei einem Helikopter ab. Mit dem Untergang der UdSSR waren ihre Rubelbüschel dann nichts mehr wert, und man ging wieder zum Tauschhandel über, erhielt also für das Fleisch erlegter Tiere im Dorfladen direkt Waren.

Ebenso lernt der Leser viel über Forschungsmethoden und Erkenntnisse der Vogelkundler. Zum Beispiel ist es schwierig, den Vögeln Sender zu verpassen, um ihre Routen aufzuzeichnen. Slaght berichtet von seinem Entsetzen, als mehrere Sender nach wenigen Monaten kein Signal mehr abgaben und er sich fragte, ob die Tiere umgekommen seien, nur um dann festzustellen, dass sie die kleinen Geräte mit ihren scharfen Schnäbeln so lange bearbeitet hatten, bis sie sich entfernen ließen - das machen nicht alle Eulen, manche lassen sich von den Bändern um die Beine kein bisschen stören.

Die gesammelten Daten belegten den großen Bewegungsradius der Vögel. Ihre Flugrouten änderten sich mit den Jahreszeiten und der Fischwanderung, denn wie sein Name nahelegt, ernährt sich der Riesenfischuhu hauptsächlich von Wassertieren, was auch ein Grund ist, für den "ziemlichen Radau", den die Tiere beim Fliegen veranstalten. Im Gegensatz zu fast lautlos schwebenden Eulen, haben die Schwungfedern des Riesenfischuhus am Rand keine Zacken, die sich in der Luft schallschluckend auswirken. Der Krach hindert die Vögel nicht bei der Jagd, denn ihre Beute unter der Wasseroberfläche kann ihren Anflug nicht hören.

Die schönen Fotografien von Riesenuhus und Feldforschungseindrücken fehlen in der deutschen Ausgabe. Immerhin eine verfremdete Abbildung des Autors mit Uhu im Arm ist auf dem Titelblatt zu sehen. Umso mehr gilt es die Übersetzung von Sigrid Ruschmeier zu loben, die nicht nur den richtigen Ton trifft, sondern auch die Balance zwischen kreativer Wortwahl und onomatopoetischer Treue zum Original hält. Für die Beschreibung einer Untersuchung des Uhus durch die Forscher: "We poked and prodded it" findet sie etwa die klingenden deutschen Verben: "Als wir an ihm herumprokelten und -polkten". Die Begeisterung des Forschers für seine Arbeit, für die Tiere und den Landstrich fängt sie mühelos ein - und damit verbindet sich der Aufruf, diesen letzten Vertretern ihrer Art weiterhin ein Leben in Freiheit zu ermöglichen. MARIA WIESNER

Jonathan C. Slaght: "Die Eulen des östlichen Eises". Die Suche nach der größten Eule der Welt und ihre Rettung.

Aus dem Englischen von Sigrid Ruschmeier. Matthes & Seitz Verlag, Berlin 2023. 325 S., geb., 42,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt am Main.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Eine schöne und unterhaltsame Lektüre verspricht Rezensentin Maria Wiesner mit Jonathan C. Slaghts Buch über den Riesenfischuhu. Der Wissenschaftler berichtet dort von seiner Feldforschung im östlichen Russland, wo die letzten Exemplare der vom Aussterben bedrohten Eulenart leben. Der Kritikerin gefällt dabei besonders, dass Slaght nicht wie sonst oft im "Nature Writing" nur hübsche Beschreibungen liefere, sondern klar als Wissenschaftler, dabei aber trotzdem humorvoll auftrete: So schmunzelt Wiesner etwa über eine Beschreibung des ungewöhnlich großen Vogels als Bärenjunges mit aufgeklebten Federn und über einige Beschreibungen "kauziger" russischer Dorfbewohner der Region, lernt aber gleichzeitig vieles über die Forschungsmethoden, etwa das Anbringen von Peilsendern an den Uhus. In der deutschen Ausgabe vermisst sie die Fotografien aus der englischen, lobt dafür aber umso mehr Sigrid Ruschmeiers Übersetzung: "onomatopoetische Treue" zum Original ergänze sich hier bestens mit kreativer Eigenständigkeit, schließt Wiesner.

© Perlentaucher Medien GmbH