Die Europäische Zentralbank ist die einzige starke zentrale Institution in der Europäischen Währungsunion (EWU), die im Interesse der gesamten Währungsunion agiert und die ohne komplizierte Kompromissverhandlungen zwischen den Mitgliedsländern entscheidet. Sie verkörpert einen wichtigen Teil staatlicher Gewalt, ohne dass es in anderen Bereichen einen ausgebildeten EWUStaat gibt. Dieser Stand der europäischen Integration wirft ein großes Bündel an Fragen auf - von der Frage der fehlenden Funktionalität der derzeitigen Integration bis hin zu Reformen der EWU und der EU insgesamt. Über den Stand und die Perspektive der europäischen Integration wird seit dem Ausbruch der Finanzmarktkrise 2008 kontrovers diskutiert. An den Debatten nehmen Politiker, Journalisten, Wissenschaftler, aber auch breite Teile der Öffentlichkeit teil. Leider haben diese häufig meinungsstark geführten Kontroversen nur wenig Licht ins Dunkel gebracht. Für die einen sind hohe Schuldenbestände ursächlich für die Krisenprozesse, für andere darf es unter keinen Umständen zu einer Schuldengemeinschaft und Fiskalunion kommen. Beide Positionen lehnen daher weitere Integrationsschritte strikt ab. Für Dritte ist die EZB mit ihrer "easy money policy" schuld am Geschehen; nicht zuletzt, weil sie die deutschen Sparer "enteignet". Aber es finden sich auch Diskussionen, in denen auf fehlende Integrationsschritte, auf die Notwendigkeit, die Institutionen der Europäischen Währungsunion zu stärken, hingewiesen wird. Zu oft werden diese Debatten ohne hinreichende Kenntnisse über die grundlegenden ökonomischen und institutionellen Voraussetzungen für Integrationsprozesse, über die verwirrende Anzahl von Regelwerken, mit denen vor allem die Staatsverschuldung begrenzt werden soll, und über die tatsächlichen empirischen Verläufe der Krisen geführt. Heine und Herr versuchen diese Lücke zu schließen. Allgemeinverständlich werden die Versäumnisse und institutionellen Defizite des bisherigen Integrationsprozesses theoretisch herausgearbeitet. Des Weiteren werden die zahlreichen Regelwerke anschaulich dargestellt und kritisch bewertet. Eingerahmt sind diese Analysen von einer umfassenden empirischen Darstellung der ökonomischen Prozesse seit der Einführung des Euro. Auf dieser Grundlage werden schließlich die aus der Sicht der Autoren notwendigen Reformvorschläge skizziert.
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