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Die politische Elite in der EU versagt. So frißt die Globalisierung den breiten Wohlstand. Wie kann Europa dennoch gerettet werden? Dieses Buch präsentiert überraschende Lösungen.
Brüssel ist ungleich bedeutsamer als Berlin: Vier von fünf wichtigen politischen Entscheidungen, die uns betreffen, fallen in der EU-Hauptstadt – aber durch wen? Hans-Peter Martin, Europa-Rebell und EU-Abgeordneter, zeigt, daß Lobbyisten und Beamte an der Macht sind. Die politische Elite kümmert sich lieber um sich selbst als um den Traum eines fairen, sozialen Europas. Demokratisch ist das nicht, aber teuer. Die…mehr

Produktbeschreibung
Die politische Elite in der EU versagt. So frißt die Globalisierung den breiten Wohlstand. Wie kann Europa dennoch gerettet werden? Dieses Buch präsentiert überraschende Lösungen.

Brüssel ist ungleich bedeutsamer als Berlin: Vier von fünf wichtigen politischen Entscheidungen, die uns betreffen, fallen in der EU-Hauptstadt – aber durch wen? Hans-Peter Martin, Europa-Rebell und EU-Abgeordneter, zeigt, daß Lobbyisten und Beamte an der Macht sind. Die politische Elite kümmert sich lieber um sich selbst als um den Traum eines fairen, sozialen Europas. Demokratisch ist das nicht, aber teuer. Die Deutschen zahlen für eine EU, die aus den Fugen geraten ist. Viel zu viele und falsche Richtlinien, skandalöse Abläufe, überflüssige Institutionen, eine vorschnelle Osterweiterung, eine untaugliche EU-Verfassung, der Streit um die Türkei – und nie wird das Volk gefragt. Der Autor durchbricht das Tabu, das EU-Kritik in Deutschland aus historischen Gründen oft umgibt. Seine herausfordernde These: Nein zu dieser EU, aber ja zu Europa.

Autorenporträt
Dr. jur. Hans-Peter Martin, 1957 in Bregenz/Österreich geboren, ist seit 1986 "Spiegel"-Redakteur. Er ist Korrespondent in Südamerika, lebt aber in Wien.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.05.2009

Europa einen Sinn verleihen
Vorwiegend skeptische Bestandsaufnahmen des kontinentalen Zustands
Der Termin rückt näher – und kaum einer merkt es. Die bevorstehende Europawahl wird in Deutschland höchstens als Zwischenetappe im Superwahljahr 2009 wahrgenommen, nicht als entscheidendes Ereignis für den Brüsseler Politikbetrieb, geschweige denn für die Zukunft der Integration. Umso beachtlicher sind die Neuerscheinungen zur Bestandsaufnahme der EU.
Allerdings eher entmutigend wirkt Hans-Peter Martins „Europafalle”. Der österreichische Politiker, Vertreter seines Landes im europäischen Parlament, spricht übelgelaunt vom „Inzuchtsystem Brüssel”. Die EU sei von faulen Profiteuren regiert, die ihre Entscheidungen mehr auf Spesen und Tagesgelder als auf das Interesse der Bürger orientierten. Während die Lobbyisten die „Herren der Verträge” seien, herrsche im ganzen EU-Land Verantwortungslosigkeit, Unterwürfigkeit gegenüber der Wirtschaft und Parteigehorsam, gepaart mit Geheimnistuerei und Klientelismus. Europa habe als demokratische Utopie versagt; als Krisenmanager in stürmischen Zeiten stehe es nicht besser da.
Die Liste der oft klischeehaften Kritikpunkte gleicht einer Litanei, die in das Repertoire antieuropäischer Populisten gut passen würde. Viele Argumente Martins basieren auf beliebig hergestellten Zusammenhängen. Hans-Peter Martin ist im Straßburger Parlament für seine grobschlächtigen Methoden im Kampf gegen die angebliche Faulheit seiner Kollegen berühmt-berüchtigt. Nichtsdestotrotz sind seine Ausführungen ernstzunehmen. Denn seine Klagen über das europäische Demokratiedefizit lassen sich nicht so schnell vom Tisch wischen.
Mehrere Experten diagnostizieren beim Patienten Europa dieselbe Krankheit. Auch in dem Sammelband, der von Wissenschaftlern der Universität Bonn herausgegeben wurde und einen breiten Überblick über die aktuelle Europaforschung verschafft, fallen die Prognosen zur EU mehr oder weniger düster aus. Wenn man das Integrationsprojekt voranbringen und Bürgernähe schaffen möchte, sollte man etwas Neues erfinden, so die These vieler Studien. Nur die Beiträge der beiden deutschen Stars in Brüssel, des scheidenden Europaparlamentspräsidenten Hans-Gert Pöttering und des bisherigen Kommissars Günter Verheugen, verbreiten Zuversicht. Die Behauptung einer gewissen Elitenblindheit wird dadurch nicht eben widerlegt.
Die Nation bleibt unumgänglich
Das Basteln am institutionellen Gefüge ist jedenfalls immer wieder aktuell, wenn es darum geht, Europa neu zu gestalten. Sollte die Kommission die Rolle einer vor dem Parlament verantwortlichen Exekutive übernehmen und der Rat zu einer zweiten Kammer – ähnlich dem Bundesrat – umgewandelt werden? Ist die Direktwahl des Kommissionspräsidenten systemtauglich? Soll die EU parlamentarisch wie in Deutschland, präsidentiell wie in den USA oder semi-präsidentiell wie in Frankreich gegliedert werden? Das Buch zeigt, dass diese Fragestellungen zu den Dauerbeschäftigungen der Europaforschung gehören. Die Antworten werden dadurch erschwert, dass die Einzigartigkeit des europäischen Projekts jegliche Vergleiche relativiert und dass der Ausgang des Reformprozesses – vom Nizza- bis zum Lissabon-Vertrag über die gescheiterte Verfassung – noch in den Sternen steht. Der ehemalige Kommissionspräsident Jacques Delors hatte die EU einmal als „UPO” („unidentifiziertes politisches Objekt”) bezeichnet. Im Grunde scheint die Politikwissenschaft heute nicht viel weiter zu sein.
Viel interessanter sind die Analysen, die über diese institutionellen Konstruktionsspiele hinaus tatsächlich neue Perspektiven eröffnen. Für den Historiker Heinrich August Winkler und den Rechtswissenschaftler Josef Isensee bleibt die Nation unumgänglich, um die Souveränität des Volkes zu garantieren und die Demokratie zu festigen. Andere Vorschläge, die Identifikation der Bürger mit den europäischen Institutionen zu erhöhen, sind wagemutiger. Jürgen Habermas oder Hans-Peter Martin plädieren für eine Volksabstimmung: Um der EU einen breitestmöglichen Legitimationsschub zu verleihen, solle sie auf gesamteuropäischer Ebene erfolgen. Für Martin bietet das Internet neue Chancen für Partizipation. Er setzt auf die Möglichkeit, Politiker effektiver anhand ihrer Leistungen zu beurteilen oder auch abzuwählen.
Ähnlich ist der Grundgedanke des Briten Simon Hix, der „mehr Politik” fordert. Statt als bloßer Regulationsapparat zu fungieren, solle die EU ein Ort grundsätzlicher ideologischer Debatten sein, in denen die transnational organisierten Parteien links oder rechts Position beziehen. Laut Hix finden diese Auseinandersetzungen schon statt – vertuscht wird allerdings, dass die Deregulierung der Märkte nur eine Alternative unter vielem anderen darstellt. Gegen die Annahme, dass die EU notwendigerweise neoliberal sein sollte, betonen mehrere Autoren die Rolle des Wohlfahrtsstaates als identitätsstiftendes Merkmal Europas. Vieles hänge davon ab, ob das noch ungeformte „europäische Volk” sich durch Sozialpolitik aufgefangen fühle.
Europa einem Sinn zu verleihen, scheint die größte Herausforderung der Zukunft zu sein. Publizisten deuten es an: Rechtsprechungen und wirtschaftsbezogene Richtlinien waren nicht in der Lage, die europäische Idee mit Inhalt zu füllen. Da die Friedenssicherung auf dem Kontinent als erfüllter Auftrag gilt, müsste der EU eine neue große Aufgabe aufgebürdet werden. Alles andere, Institutionen, Symbole, Grenzen, würde sich dann daraus ableiten und zusammenfügen – und die „Europafalle” zu einer Europachance mutieren. CLAIRE-LISE BUIS
HANS-PETER MARTIN: Die Europafalle. Das Ende von Demokratie und Wohlstand. Piper, München 2009. 283 Seiten, 18,95 Euro.
FRANK DECKER, MARCUS HÖRETH (Hrsg.): Die Verfassung Europas. Perspektiven des Integrationsprojekts. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2009. 376 Seiten, 29,90 Euro.
Schüler eines Berufskollegs in Geldern (Nordrhein-Westfalen) befassen sich mit dem Thema Europa. Foto: ddp
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.06.2009

Enthüllend und realitätsfremd
Hans-Peter Martins Innenblick des EU-Parlamentarismus

Mit 18 Prozent der Stimmen ist die europakritische "Liste Dr. Martin" des EU-Abgeordneten, Journalisten und Buchautors Hans-Peter Martin bei der Europawahl am 7. Juni in Österreich eindrucksvoll bestätigt worden. Martin kann sich damit das Verdienst zuschreiben, einen weiteren Anstieg der rechtspopulistischen Euroskeptiker in seinem Heimatland verhindert zu haben. Von diesen unterscheidet ihn eine proeuropäische Grundhaltung, die den europapolitischen Quereinsteiger allerdings nicht davon abhält, den Zustand der real existierenden EU umso entschiedener zu geißeln. Neben den Räten und der Kommission, die als Inbegriff des Brüsseler Molochs schon immer eine begehrte Zielscheibe der EU-Gegner abgaben, hat er es dabei insbesondere auf seine Parlamentskollegen abgesehen. Diese werden als "verkommene Elite" bloßgestellt, die sich an üppig fließenden Tagegeldern und Aufwandsentschädigungen hemmungslos bereichere, statt ihrer eigentlichen Arbeit nachzugehen.

Das Problem dieser Kritik liegt nicht darin, dass sie in der Sache völlig falsch wäre. Nachdem der Abgeordnete Martin die skandalträchtigen Auswüchse der Brüsseler Politikfinanzierung in der abgelaufenen Legislaturperiode mutig offengelegt hatte, war es ja das Parlament selbst, das dem "Nestbeschmutzer" recht gab und sich um eine Korrektur der bestehenden Regelungen bemühte. Auch an vielen anderen Stellen trifft der Autor bei der Benennung der Missstände ins Schwarze, wenn er etwa die Intransparenz des Ratssystems oder die Lobbying-Praktiken in der EU beschreibt. Hier bewegt er sich auf dem Terrain des Enthüllungsjournalisten, dessen Insider-Blick den Leser immer wieder erstaunt die Augen reiben lässt. Die Auswege, die Martin "zur Rettung der Demokratie und des Wohlstands" in Europa anbietet, mögen ebenfalls provokativ sein und in ihrer hehren Rhetorik realitätsfremd anmuten; dennoch weisen sie in die richtige Richtung.

Was die Darstellung zu einem ausgesprochenen Ärgernis macht, ist ihre Maßlosigkeit. Indem er einen größtmöglichen Gegensatz zwischen der europäischen Idee und der Wirklichkeit des europäischen Politikbetriebs aufbaut, tappt der Autor geradewegs in die Populismusfalle. Gewiss mag die elitenbasierte Struktur der EU ein Hauptgrund für das leidige Demokratiedefizit sein. In ihr liegt aber auch eine Erklärung für die epochalen Fortschritte des Integrationsprozesses in der Vergangenheit, die in einem volldemokratisierten Entscheidungssystem niemals möglich gewesen wären. Dass die EU eben Frieden, Demokratie und Wohlstand befördert hat, indem sie die Zusammenarbeit zwischen ihren Mitgliedern einerseits vertiefte und sich andererseits von den sechs Gründerstaaten zur heutigen 27er-Gemeinschaft erweiterte, scheint der Autor als historische Selbstverständlichkeit zu nehmen. Wenn die EU tatsächlich so bedrohlich ist, wie der reißerische Untertitel des Buches mutmaßt, stellt sich doch die Frage, weshalb es viele Länder gar nicht eilig genug haben, ihr anzugehören.

Zu den Hauptschuldigen der beklagten Zustände gehören - natürlich! - die Parteien, insbesondere die großen Parteien, in deren "Würgegriff" sich die EU angeblich befindet. Dieses Lamento fügt sich ganz in die Stereotypen der Systemkritik, die uns aus parteienstaatlich verfassten Ländern wie Österreich und Deutschland vertraut sind. Statt das Volk gegen die parteipolitische Klasse in Stellung zu bringen und das Heil reflexhaft in direktdemokratischen Beteiligungsformen zu suchen, sollte Martin eigentlich wissen, dass eine Beseitigung der Übermacht des Rates, die er selbst zu Recht als institutionelles Kernproblem der Union bezeichnet, eine stärkere Parteipolitisierung der europäischen Entscheidungsprozesse geradezu erfordert. Dass dem Autor auch hier jeglicher Sinn für die Ambivalenzen des Integrationsprojektes fehlt, schadet der Wirkung seiner Streitschrift gleich doppelt: Den Proeuropäern hilft es, die vorgetragenen Kritikpunkte nicht allzu wichtig zu nehmen, während die Antieuropäer sich in ihrer generellen Ablehnung der EU bestätigt fühlen können.

FRANK DECKER

Hans-Peter Martin: Die Europafalle. Das Ende von Demokratie und Wohlstand. Piper Verlag, München 2009. 286 S., 18,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Nicht ganz unbekannt sind der Rezensentin Claire-Lise Buis die lauten Töne, die der österreichische Europa-Politiker Hans-Peter Martin anschlägt, wenn es gilt, faule EU-Politiker zu geißeln. Und auch wenn sie seine Auslassungen über das "Inzuchtsystem Brüssel" übelgelaunt, seine Kritikpunkte oft klischeehaft und seine Argumente etwas beliebig findet - von der Hand weisen, meint sie, lassen sich seine Klagen über das Brüsseler Demokratiedefizit keinesfalls.

© Perlentaucher Medien GmbH