Die mexikanische Künstlerin Frida Kahlo (1907 1954) ist ein Mythos. Ihr umfangreiches Werk, das über die Selbstportraits weit hinausgeht, ist von großer Schönheit. Sie selbst war von unbändiger Kraft und Energie und führte in jeder Hinsicht ein leidenschaftliches Leben, mit dem sie bis heute jede Generation von Frauen begeistert.
Auf ihren legendär gewordenen Selbstporträts erscheint Frida Kahlo als exotische Schönheit. Doch unter ihren prächtigen Gewändern verbarg Frida Kahlo einen schwer verletzten Körper und eine zutiefst verletzte Seele - Folgen eines Unfalls im Alter von 18 Jahren und ihrer schwierigen Beziehung zu dem Maler Diego Rivera, der Liebe ihres Lebens. Doch Frida Kahlo, eine Frau, voller Sinnlichkeit und Humor, trotzte ihrem Schicksal und nahm sich vom Leben, was sie haben wollte und konnte. Für sich selbst schuf sie die Rolle ihres Lebens Künstlerin und Liebende.
Neben Kahlos unvergesslicher Persönlichkeit, gibt Maren Gottschalk auch einen Überblick über das eindrucksvolle Werk der Künstlerin.
Auf ihren legendär gewordenen Selbstporträts erscheint Frida Kahlo als exotische Schönheit. Doch unter ihren prächtigen Gewändern verbarg Frida Kahlo einen schwer verletzten Körper und eine zutiefst verletzte Seele - Folgen eines Unfalls im Alter von 18 Jahren und ihrer schwierigen Beziehung zu dem Maler Diego Rivera, der Liebe ihres Lebens. Doch Frida Kahlo, eine Frau, voller Sinnlichkeit und Humor, trotzte ihrem Schicksal und nahm sich vom Leben, was sie haben wollte und konnte. Für sich selbst schuf sie die Rolle ihres Lebens Künstlerin und Liebende.
Neben Kahlos unvergesslicher Persönlichkeit, gibt Maren Gottschalk auch einen Überblick über das eindrucksvolle Werk der Künstlerin.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 01.12.2009Aztekische Göttin
Das Leben der Frida Kahlo
Was bei Joseph Beuys der Filzhut ist, das sind bei Frida Kahlo die Augenbrauen: Buschig und tief schwarz dominieren sie ihr Gesicht und wurden zum Markenzeichen der mexikanischen Malerin. Bis heute gibt es nur wenige Künstler, deren Gesichter ähnlich bekannt sind wie das ihre – auch noch Jahrzehnte nach Frida Kahlos frühem Tod 1954. Das mag auch daran liegen, dass sich die Malerin vielfach selbst zum Motiv gemacht hat, fast ein Drittel ihrer etwa 150 Ölgemälde sind Selbstporträts.
Frida Kahlos Drang sich selbst zu malen und dabei ihre momentane Gefühlslage darzustellen, ist auch der Grund, warum die farbenfrohen und surrealistischen Bilder am besten ihr bewegtes Leben erzählen. Die Schriftstellerin Maren Gottschalk, die bereits Biographien von Nelson Mandela und Astrid Lindgren geschrieben hat, baut deswegen in ihre Lebensgeschichte der Frida Kahlo Die Farben meiner Seele immer wieder Bildbeschreibungen geschickt ein. Zusammen mit Zitaten aus den Briefen und Tagebuchaufzeichnungen der Künstlerin schafft die deutsche Autorin so ein wunderbar lebendiges Porträt einer der außergewöhnlichsten Frauen des vergangenen Jahrhunderts.
Leidenschaft und Schmerz bestimmten schon früh das Leben von Frida Kahlo. Nach einem schrecklichen Busunfall 1925 fing die damals 18-Jährige, Tochter eines deutschen Fotografen und einer Mutter indianischer Abstammung, an zu malen. Doch das Erstaunliche: Frida Kahlo verlor nicht ihren Lebensmut, nicht einmal eingegipst in einem Korsett. Vielmehr schrieb sie kurz nach ihrem Unfall: „Nichts ist wichtiger als das Leben.” Der Satz wurde zum Motto der „aztekischen Göttin”, wie sie Bewunderer dank ihrer Vorliebe für farbenprächtige Trachten nennen. Leidenschaftlich stürzte sich Frida Kahlo ebenso in die Beziehung zu dem wesentlich älteren Diego Rivera, dem damals bekanntesten Revolutionskünstler Mexikos, wie später in zahlreiche Affären. Als Partner war Rivera, notorischer Fremdgänger und Workaholic, eine Katastrophe, doch als Lehrer führte er die angehende Malerin zu ihrem Lebensthema: der eigenen mexikanischen Identität und damit auch ihrem Bezug zur Kunst der Azteken und Mayas. Nicht zuletzt deswegen beginnt mit Frida Kahlo die Geschichte des lateinamerikanischen Surrealismus.
Gleichzeitig kreuzt ihr Leben immer wieder die politischen Irrläufe der Zeit: von der mexikanischen Revolution bis hin zum spanischen Bürgerkrieg und zum Zweiten Weltkrieg. Zu den Gästen ihrer Casa Azul in Mexiko-Stadt gehören Leo Trotzki, Pablo Neruda oder der Sohn des Ölmagnaten Rockefeller. Die Biographie der Künstlerin erzählt deswegen auch über eine prägende Zeit Mexikos. Nur schade, dass sich der Leser im Buch mit Schwarzweißabbildungen begnügen muss. Nicht nur das Leben von Frida Kahlo schillerte schließlich bunt. LAURA WEISSMÜLLER
Maren Gottschalk
Die Farben meiner Seele
Die Lebensgeschichte der Frida Kahlo. Beltz & Gelberg 2009. 224 Seiten, 16,95 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
Das Leben der Frida Kahlo
Was bei Joseph Beuys der Filzhut ist, das sind bei Frida Kahlo die Augenbrauen: Buschig und tief schwarz dominieren sie ihr Gesicht und wurden zum Markenzeichen der mexikanischen Malerin. Bis heute gibt es nur wenige Künstler, deren Gesichter ähnlich bekannt sind wie das ihre – auch noch Jahrzehnte nach Frida Kahlos frühem Tod 1954. Das mag auch daran liegen, dass sich die Malerin vielfach selbst zum Motiv gemacht hat, fast ein Drittel ihrer etwa 150 Ölgemälde sind Selbstporträts.
Frida Kahlos Drang sich selbst zu malen und dabei ihre momentane Gefühlslage darzustellen, ist auch der Grund, warum die farbenfrohen und surrealistischen Bilder am besten ihr bewegtes Leben erzählen. Die Schriftstellerin Maren Gottschalk, die bereits Biographien von Nelson Mandela und Astrid Lindgren geschrieben hat, baut deswegen in ihre Lebensgeschichte der Frida Kahlo Die Farben meiner Seele immer wieder Bildbeschreibungen geschickt ein. Zusammen mit Zitaten aus den Briefen und Tagebuchaufzeichnungen der Künstlerin schafft die deutsche Autorin so ein wunderbar lebendiges Porträt einer der außergewöhnlichsten Frauen des vergangenen Jahrhunderts.
Leidenschaft und Schmerz bestimmten schon früh das Leben von Frida Kahlo. Nach einem schrecklichen Busunfall 1925 fing die damals 18-Jährige, Tochter eines deutschen Fotografen und einer Mutter indianischer Abstammung, an zu malen. Doch das Erstaunliche: Frida Kahlo verlor nicht ihren Lebensmut, nicht einmal eingegipst in einem Korsett. Vielmehr schrieb sie kurz nach ihrem Unfall: „Nichts ist wichtiger als das Leben.” Der Satz wurde zum Motto der „aztekischen Göttin”, wie sie Bewunderer dank ihrer Vorliebe für farbenprächtige Trachten nennen. Leidenschaftlich stürzte sich Frida Kahlo ebenso in die Beziehung zu dem wesentlich älteren Diego Rivera, dem damals bekanntesten Revolutionskünstler Mexikos, wie später in zahlreiche Affären. Als Partner war Rivera, notorischer Fremdgänger und Workaholic, eine Katastrophe, doch als Lehrer führte er die angehende Malerin zu ihrem Lebensthema: der eigenen mexikanischen Identität und damit auch ihrem Bezug zur Kunst der Azteken und Mayas. Nicht zuletzt deswegen beginnt mit Frida Kahlo die Geschichte des lateinamerikanischen Surrealismus.
Gleichzeitig kreuzt ihr Leben immer wieder die politischen Irrläufe der Zeit: von der mexikanischen Revolution bis hin zum spanischen Bürgerkrieg und zum Zweiten Weltkrieg. Zu den Gästen ihrer Casa Azul in Mexiko-Stadt gehören Leo Trotzki, Pablo Neruda oder der Sohn des Ölmagnaten Rockefeller. Die Biographie der Künstlerin erzählt deswegen auch über eine prägende Zeit Mexikos. Nur schade, dass sich der Leser im Buch mit Schwarzweißabbildungen begnügen muss. Nicht nur das Leben von Frida Kahlo schillerte schließlich bunt. LAURA WEISSMÜLLER
Maren Gottschalk
Die Farben meiner Seele
Die Lebensgeschichte der Frida Kahlo. Beltz & Gelberg 2009. 224 Seiten, 16,95 Euro.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.02.2010Votivtafeln für die Verletzungen der Seele
Drei Widersachern muss sich die mexikanische Künstlerin Frida Kahlo in ihrem Leben entgegenstellen: Maren Gottschalk erzählt die Stationen einer Verwandlung.
Es ist inzwischen fast Mode geworden, Frida Kahlo und den Kult um sie zu belächeln: Nachdem die Schauspielerin Selma Hayek das Leben der Künstlerin 2002 in die Kinos brachte, Madonna das Werk sammelt und für einen Preis von einer Million Dollar das "Selbstporträt mit Affe" aus dem Jahr 1938 kaufte, eine regelrechte Industrie mit Frida-Kahlo-Merchandise-Produkten floriert, hat sich also der erwartbare Kitschvorwurf eingestellt. Aber ebender ist nur der einfache Reflex auf eine viel weniger einfache Frage: Worin genau liegt denn die Faszination von Frida Kahlo? Wie kommt es, dass eine 1907 in Mexiko geborene Künstlerin, die mit nur siebenundvierzig Jahren früh verstarb, für Generationen von Frauen in Europa, Amerika, Südamerika eine Ikone ist? Wofür steht sie?
Dieser Herausforderung muss sich jede Biographie stellen, ganz gleich, ob sie für Erwachsene oder Jugendliche erzählt wird. Und wenn man Maren Gottschalks Biographie "Die Farben meiner Seele. Die Lebensgeschichte der Frida Kahlo" liest, erhält man tatsächlich eine Antwort. "Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheueren Ungeziefer verwandelt", beginnt die berühmte Erzählung von Franz Kafka über einen Mann, der sich in einen Käfer verwandelt. Eine Verwandlung ist auch das Leben von Frida Kahlo, allerdings in genau entgegengesetzte Richtung. Maren Gottschalk schildert sämtliche Hindernisse und Widerstände, die für Frida Kahlo das Leben, ihre Zeit und ihre Zeitgenossen bereithielten. Während Samsas Verwandlung ein allmähliches Absinken in die Hilflosigkeit ist, ein Dasein, als sprichwörtlicher auf den Rücken gedrehter Käfer, ist dies die Ausgangssituation für die mexikanische Künstlerin. Was folgt, ist eine Geschichte der Selbstermächtigung. Sie nimmt den umgekehrten Weg.
Als sie am 17. September 1925, gerade achtzehn Jahre alt geworden, bei einem Busunglück schwer veletzt, sieht es tatsächlich so aus, als müsse sie ihr Leben hilflos, gleich einem auf den Rücken gewendeten Käfer verbringen. Aber für Kahlo ist der Moment, in dem sie in den Panzer eines Korsetts gesteckt und zur Bettruhe verurteilt wird, der Anfang ihrer Malerei. Im Krankenzimmer beginnt sie zu malen. Von Frida Kahlo, wird der Künstler und ihr späterer Ehemann Diego Rivera sagen, könne man lernen, wie man sein Schicksal selbst bestimmen kann.
Um das auch zu sagen: Natürlich hat Maren Gottschalk keine literarische Erzählung wie Franz Kafka geschrieben. Ihre Sprache ist sachlich, von Mutmaßungen oder blumigen Ausschmückungen hält sie sich fern. Als Biographin hat die studierte Historikerin und Politologin einige Erfahrung, sie schrieb bereits Bücher über Nelson Mandela und Astrid Lindgren, und mit dieser Übung mag sie auch das feine Gespür für den Ton entwickelt haben. Sie macht Frida Kahlo weder wilder noch temperamentvoller, noch selbstbewusster, als es die historischen Dokumente hergeben. Sie hält sich an die Briefe und historischen Berichte, die überliefert sind, und montiert sie geschickt zu einer Biographie. Der Lebenslauf wird dabei von der Zeitgeschichte gerahmt, den politischen Ereignissen in Mexiko, den Vereinigten Staaten oder der russischen Revolution.
Und so lernt man beim Lesen die drei Widersacher kennen, die sich Frida Kahlo immer wieder in den Weg stellen. Der erste tritt in wechselnden Gestalten auf und ist das Vorurteil, das Frauen als Künstlerin entgegengebracht wurde. Frida Kahlo wurde, trotz der Wertschätzung, ja sogar Bewunderung, die Künstler wie Picasso oder Breton für sie empfanden, doch durchgehend unterschätzt; sie selbst kam daher erst spät auf die Idee, dass sie tatsächlich von ihrer Kunst leben könnte. 1940 bewarb sie sich für ein Stipendium am New Yorker Guggenheim-Museum, ihre Bewerbung wird von Diego Rivera, André Breton und Marcel Duchamp unterstützt. Die Antwort lautet "nein", eine Entscheidung, die rückblickend in ihrer Absurdität kaum übertroffen werden kann.
Der zweite Widersacher ist ihr eigener Körper. Nach dem Unfall, bei dem sich eine Eisenstange durch ihren Rumpf bohrt, muss Kahlo mehr als vierzig Operationen über sich ergehen lassen. Sie verliert drei Kinder noch während der Schwangerschaft. Ihre Schmerzen nehmen mit der Zeit nicht ab, sondern zu; die Zehen wird man ihr amputieren und schließlich ein Bein. Sie selbst wird in ihrem Werk immer den dritten Widersacher thematisieren: Diego Rivera, den gefeierten Künstler und Ehemann. Niemand unterstützt sie stärker als Künstlerin, und niemand verletzt sie dabei trotzdem mehr als Ehefrau. Zwei Mal werden die beiden heiraten, das erste Mal 1929, das zweite Mal 1941.
Laut Kahlo reichen die körperlichen Schmerzen nie an die Qualen heran, die ihr die Untreue von Diego Rivera bereitet, der sie sogar mit der eigenen Schwester betrügt. Und eben dass sie ihre Schmerzen so anders gewichtet, den körperlichen Schmerz so viel weniger beachtet als den seelischen, darin liegt vielleicht das Geheimnis. Etwa hundertfünfzig Gemälde sind von Frida Kahlo erhalten, ein Drittel davon zeigen sie selbst. Ihre Porträts bleiben Votivtafeln für Verletzungen der Seele, auch dann, wenn sie in realistischer Manier Blut, Krankenhäuser, Operationen oder medizinische Geräte zeigen.
JULIA VOSS
Maren Gottschalk: "Die Farben meiner Seele". Die Lebensgeschichte der Frida Kahlo. Beltz & Gelberg Verlag, Weinheim, Basel 2009. 224 S., geb., 16,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Drei Widersachern muss sich die mexikanische Künstlerin Frida Kahlo in ihrem Leben entgegenstellen: Maren Gottschalk erzählt die Stationen einer Verwandlung.
Es ist inzwischen fast Mode geworden, Frida Kahlo und den Kult um sie zu belächeln: Nachdem die Schauspielerin Selma Hayek das Leben der Künstlerin 2002 in die Kinos brachte, Madonna das Werk sammelt und für einen Preis von einer Million Dollar das "Selbstporträt mit Affe" aus dem Jahr 1938 kaufte, eine regelrechte Industrie mit Frida-Kahlo-Merchandise-Produkten floriert, hat sich also der erwartbare Kitschvorwurf eingestellt. Aber ebender ist nur der einfache Reflex auf eine viel weniger einfache Frage: Worin genau liegt denn die Faszination von Frida Kahlo? Wie kommt es, dass eine 1907 in Mexiko geborene Künstlerin, die mit nur siebenundvierzig Jahren früh verstarb, für Generationen von Frauen in Europa, Amerika, Südamerika eine Ikone ist? Wofür steht sie?
Dieser Herausforderung muss sich jede Biographie stellen, ganz gleich, ob sie für Erwachsene oder Jugendliche erzählt wird. Und wenn man Maren Gottschalks Biographie "Die Farben meiner Seele. Die Lebensgeschichte der Frida Kahlo" liest, erhält man tatsächlich eine Antwort. "Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheueren Ungeziefer verwandelt", beginnt die berühmte Erzählung von Franz Kafka über einen Mann, der sich in einen Käfer verwandelt. Eine Verwandlung ist auch das Leben von Frida Kahlo, allerdings in genau entgegengesetzte Richtung. Maren Gottschalk schildert sämtliche Hindernisse und Widerstände, die für Frida Kahlo das Leben, ihre Zeit und ihre Zeitgenossen bereithielten. Während Samsas Verwandlung ein allmähliches Absinken in die Hilflosigkeit ist, ein Dasein, als sprichwörtlicher auf den Rücken gedrehter Käfer, ist dies die Ausgangssituation für die mexikanische Künstlerin. Was folgt, ist eine Geschichte der Selbstermächtigung. Sie nimmt den umgekehrten Weg.
Als sie am 17. September 1925, gerade achtzehn Jahre alt geworden, bei einem Busunglück schwer veletzt, sieht es tatsächlich so aus, als müsse sie ihr Leben hilflos, gleich einem auf den Rücken gewendeten Käfer verbringen. Aber für Kahlo ist der Moment, in dem sie in den Panzer eines Korsetts gesteckt und zur Bettruhe verurteilt wird, der Anfang ihrer Malerei. Im Krankenzimmer beginnt sie zu malen. Von Frida Kahlo, wird der Künstler und ihr späterer Ehemann Diego Rivera sagen, könne man lernen, wie man sein Schicksal selbst bestimmen kann.
Um das auch zu sagen: Natürlich hat Maren Gottschalk keine literarische Erzählung wie Franz Kafka geschrieben. Ihre Sprache ist sachlich, von Mutmaßungen oder blumigen Ausschmückungen hält sie sich fern. Als Biographin hat die studierte Historikerin und Politologin einige Erfahrung, sie schrieb bereits Bücher über Nelson Mandela und Astrid Lindgren, und mit dieser Übung mag sie auch das feine Gespür für den Ton entwickelt haben. Sie macht Frida Kahlo weder wilder noch temperamentvoller, noch selbstbewusster, als es die historischen Dokumente hergeben. Sie hält sich an die Briefe und historischen Berichte, die überliefert sind, und montiert sie geschickt zu einer Biographie. Der Lebenslauf wird dabei von der Zeitgeschichte gerahmt, den politischen Ereignissen in Mexiko, den Vereinigten Staaten oder der russischen Revolution.
Und so lernt man beim Lesen die drei Widersacher kennen, die sich Frida Kahlo immer wieder in den Weg stellen. Der erste tritt in wechselnden Gestalten auf und ist das Vorurteil, das Frauen als Künstlerin entgegengebracht wurde. Frida Kahlo wurde, trotz der Wertschätzung, ja sogar Bewunderung, die Künstler wie Picasso oder Breton für sie empfanden, doch durchgehend unterschätzt; sie selbst kam daher erst spät auf die Idee, dass sie tatsächlich von ihrer Kunst leben könnte. 1940 bewarb sie sich für ein Stipendium am New Yorker Guggenheim-Museum, ihre Bewerbung wird von Diego Rivera, André Breton und Marcel Duchamp unterstützt. Die Antwort lautet "nein", eine Entscheidung, die rückblickend in ihrer Absurdität kaum übertroffen werden kann.
Der zweite Widersacher ist ihr eigener Körper. Nach dem Unfall, bei dem sich eine Eisenstange durch ihren Rumpf bohrt, muss Kahlo mehr als vierzig Operationen über sich ergehen lassen. Sie verliert drei Kinder noch während der Schwangerschaft. Ihre Schmerzen nehmen mit der Zeit nicht ab, sondern zu; die Zehen wird man ihr amputieren und schließlich ein Bein. Sie selbst wird in ihrem Werk immer den dritten Widersacher thematisieren: Diego Rivera, den gefeierten Künstler und Ehemann. Niemand unterstützt sie stärker als Künstlerin, und niemand verletzt sie dabei trotzdem mehr als Ehefrau. Zwei Mal werden die beiden heiraten, das erste Mal 1929, das zweite Mal 1941.
Laut Kahlo reichen die körperlichen Schmerzen nie an die Qualen heran, die ihr die Untreue von Diego Rivera bereitet, der sie sogar mit der eigenen Schwester betrügt. Und eben dass sie ihre Schmerzen so anders gewichtet, den körperlichen Schmerz so viel weniger beachtet als den seelischen, darin liegt vielleicht das Geheimnis. Etwa hundertfünfzig Gemälde sind von Frida Kahlo erhalten, ein Drittel davon zeigen sie selbst. Ihre Porträts bleiben Votivtafeln für Verletzungen der Seele, auch dann, wenn sie in realistischer Manier Blut, Krankenhäuser, Operationen oder medizinische Geräte zeigen.
JULIA VOSS
Maren Gottschalk: "Die Farben meiner Seele". Die Lebensgeschichte der Frida Kahlo. Beltz & Gelberg Verlag, Weinheim, Basel 2009. 224 S., geb., 16,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Zusammen mit Zitaten aus den Briefen und Tagebuchaufzeichnungen der Künstlerin schafft die deutsche Autorin so ein wunderbar lebendiges Porträt einer der außergewöhnlichsten Frauen des vergangenen Jahrhunderts." -- Süddeutsche Zeitung
"Es ist ein durch und durch bemerkenswertes Buch, das die Schlebuscher Autorin Maren Gottschalk da geschrieben hat." -- Kölner Stadt-Anzeiger
"Wie ein Roman liest sich die Lebensgeschichte der mexikanischen Malerin Frida Kahlo." -- Börsenblatt
"Ihre Lebensgeschichte der Frida Kahlo ist fesselnd wie ein Roman, spannend wie ein Krimi, poetisch wie ein Gedicht." -- Eselsohr
"Ihr Stil ist nüchtern-sachlich; sie dichtet nichts hinzu und unterstellt keine unbewiesenen Gedanken und Gefühle." -- Bulletin Jugend & Literatur
"Ein einfühlsames Porträt einer starken, leidenschaftlichen Künstlerin." -- MainPost
"Die Biografie zeigt deutlich und auf eine wunderbar mutmachende Art, wie stark und entschlossen sich Frida Kahlo für neue Wege eingesetzt hat." -- Lizzynet
"Eindrucksvoll beschreibt sie den Werdegang dieser kleinen, starken Frau, ihre Suche nach der Liebe." -- Neue Presse
"Es ist ein durch und durch bemerkenswertes Buch, das die Schlebuscher Autorin Maren Gottschalk da geschrieben hat." -- Leverkusener Journal
"Wohltuend nüchtern lässt sie Kahlos Lebensgeschichte für sich sprechen und gibt zudem einen kleinen Überblick über ihre wichtigsten Werke." -- Himbeer
"Es ist ein durch und durch bemerkenswertes Buch, das die Schlebuscher Autorin Maren Gottschalk da geschrieben hat." -- Kölner Stadt-Anzeiger
"Wie ein Roman liest sich die Lebensgeschichte der mexikanischen Malerin Frida Kahlo." -- Börsenblatt
"Ihre Lebensgeschichte der Frida Kahlo ist fesselnd wie ein Roman, spannend wie ein Krimi, poetisch wie ein Gedicht." -- Eselsohr
"Ihr Stil ist nüchtern-sachlich; sie dichtet nichts hinzu und unterstellt keine unbewiesenen Gedanken und Gefühle." -- Bulletin Jugend & Literatur
"Ein einfühlsames Porträt einer starken, leidenschaftlichen Künstlerin." -- MainPost
"Die Biografie zeigt deutlich und auf eine wunderbar mutmachende Art, wie stark und entschlossen sich Frida Kahlo für neue Wege eingesetzt hat." -- Lizzynet
"Eindrucksvoll beschreibt sie den Werdegang dieser kleinen, starken Frau, ihre Suche nach der Liebe." -- Neue Presse
"Es ist ein durch und durch bemerkenswertes Buch, das die Schlebuscher Autorin Maren Gottschalk da geschrieben hat." -- Leverkusener Journal
"Wohltuend nüchtern lässt sie Kahlos Lebensgeschichte für sich sprechen und gibt zudem einen kleinen Überblick über ihre wichtigsten Werke." -- Himbeer
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Erst einmal verwahrt sich Julia Voss in ihrer Rezension von Maren Gottschalks Frida-Kahlo-Biografie gegen in jüngerer Zeit laut gewordene Kitsch-Vorwürfe gegen die Künstlerin. Diese seien nichts weiter als eine zu einfache Ausweichbewegung vor der eigentlichen Frage - der nämlich nach der anhaltenden Faszinationskraft Kahlos. In Gottschalks Biografie finde sich dann, versichert Voss, durchaus eine Antwort darauf. Die Künstlerin werde darin nämlich sicht- und begreifbar als umgekehrter Gregor Samsa aus Kafkas Erzählung "Die Verwandlung". Auf den Rücken gedreht wacht sie auf und ermächtigt sich selbst, gegen alle Widerstände, dazu, eine bedeutende Künstlerin zu sein. Zwar will Voss das Buch und seine Sprache ganz sicher nicht mit Kafka vergleichen, attestiert der Verfasserin aber nicht nur fundiertes Wissen, sondern vor allem ein "feines Gespür für den richtigen Ton".
© Perlentaucher Medien GmbH
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