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Wie kann eine einzige Stadt so unterschiedliche Genies hervorbringen'Arthur Koestler, André Kertész und Ropert Capa. Michael Curtiz und Alexander Korda. Léo Szilárd, Eugene Wigner, John von Neumann und Edward Teller. Neun ungarische Genies, die in Budapest aufwuchsen, ihre Heimat verlassen und ins englische und amerikanische Exil fliehen mussten. Eine Spurensuche. Kein anderes Land Europas hat, gemessen an seiner Bevölkerungszahl, so viele Nobelpreisträger hervorgebracht wie Ungarn. Kati Marton schildert das Schicksal von neun hochtalentierten ungarischen Juden, die erst vor den Schrecken der…mehr

Produktbeschreibung
Wie kann eine einzige Stadt so unterschiedliche Genies hervorbringen'Arthur Koestler, André Kertész und Ropert Capa. Michael Curtiz und Alexander Korda. Léo Szilárd, Eugene Wigner, John von Neumann und Edward Teller. Neun ungarische Genies, die in Budapest aufwuchsen, ihre Heimat verlassen und ins englische und amerikanische Exil fliehen mussten. Eine Spurensuche. Kein anderes Land Europas hat, gemessen an seiner Bevölkerungszahl, so viele Nobelpreisträger hervorgebracht wie Ungarn. Kati Marton schildert das Schicksal von neun hochtalentierten ungarischen Juden, die erst vor den Schrecken der Horthy-Diktatur und dann vor den Verbrechern des Nationalsozialismus fliehen mussten und die später die Welt veränderten. Ohne die Nuklearphysiker und Mathematiker Léo Szilárd, Eugene Wigner, John von Neumann und Edward Teller hätte es die Atombombe nicht gegeben. Die Photographen André Kertész und Ropert Capa prägten Kunst- und Kriegsphotographie des 20. Jahrhunderts.
Der Regisseur Michael Curtiz ist der Schöpfer des unsterblichen Melodrams "Casablanca". Alexander Korda, Produzent von "Sein oder Nichtsein" und "Der dritte Mann" beeinflusste die britische Filmgeschichte wie kein anderer. Arthur Koestler schließlich zählt zu den berühmtesten politischen Essayisten und Schriftstellern des 20. Jahrhunderts. Sie alle gehörten einer Generation an und wuchsen auf in der goldenen Periode Budapests. Die Autorin Kati Marton, die mit ihren Eltern ein Jahr nach dem Aufstand von 1956 auf einer abenteuerlichen Flucht aus Budapest entkam, erzählt die Lebensgeschichten dieser brillanten Männer, ohne deren Leistungen in Wissenschaft und Kunst das 20. Jahrhundert nicht vorzustellen ist. Wie kam es zu dieser ungewöhnlichen Konzentration von jungen Talenten in einer einzigen Stadt'
Autorenporträt
Kati Marton ist die Autorin von Wallenberg und Tod in Jerusalem. Sie lebt mit ihrem Ehemann, dem Diplomaten Richard Holbrooke, in New York.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.10.2010

Warum wir die einsamsten Menschen Europas sind

Neun Ungarn verändern die Welt: Die amerikanische Journalistin Kati Marton erzählt in "Die Flucht der Genies" die fesselnde Geschichte der ungarischen Diaspora.

In den dreißig Jahren unter den Borgias hat es nur Krieg gegeben, Terror, Mord und Blut; aber dafür gab es Michelangelo, Leonardo da Vinci und die Renaissance. In der Schweiz herrschte brüderliche Liebe, fünfhundert Jahre Demokratie und Frieden. Und was haben wir davon? Die Kuckucksuhr!" Der Satz aus dem Mund eines Penicillinschmugglers hat Filmgeschichte geschrieben, und mit ihm Alexander Korda. Was der Produzent von "Der Dritte Mann" mit dem restlichen Personal der vorliegenden Sammelbiographie gemein hat? Er war Ungar, Jude, Emigrant und in den Kategorien der Erzählerin eines der wirkmächtigsten "Genies" der zwanzigsten Jahrhunderts.

Mehr als vier Jahre hat die Journalistin Kati Marton (Gattin des amerikanischen Diplomaten Richard Holbrooke) Material rund um das Schicksal neun weltberühmter Ungarn gesammelt. Fast alle wurden im liberalen Budapest der Jahrhundertwende geboren, wuchsen in assimilierten jüdischen Familien auf, erhielten ihre Ausbildung auf den besten Schulen - und machten später anderswo auf der Welt Karriere. Kati Marton, deren Eltern selbst 1957 wegen Spionageverdachts aus Budapest nach Amerika geflüchtet waren, fragte sich also: "Warum ist die Geschichte der ungarischen Diaspora noch nie erzählt worden?" Und ihre Antwort fällt persönlich aus: "Warum zurückschauen? Die Vergangenheit war ein Minenfeld."

Ein Minenfeld, das in diesem Buch, wenn auch nicht mit historischer Akkuratesse beschrieben, so doch mit Bravour skizziert ist. Marton erzählt darin die alte europäische Geschichte von Diktatur, Flucht und Deportation. Ungarn erließ 1929 das erste antisemitische Gesetz in Europa, eine Fünfprozentklausel, die den Anteil jüdischer Studenten regeln sollte. Alle neun "Genies" konnten Ungarn allerdings rechtzeitig verlassen. Den Produzenten Sándor Kellner verschlug es nach England, wo er als Sir Alexander Korda in die höchsten Kreise der britischen Gesellschaft aufstieg. Andere, wie der "Casablanca"-Regisseur Michael Curtiz, gelangten über Umwege nach Amerika. Der Fotograf Robert Capa verbrachte die Vorkriegsjahre in Paris und machte später mit Gründung der Fotoagentur "Magnum" in Amerika Karriere. Der Schriftsteller Arthur Koestler wiederum versuchte sein Glück in Palästina, empfand die hebräische Sprache aber zunehmend als ein "für modernes Denken ungeeignetes Gefäß" und wurde schließlich vom Berliner Verleger Leopold Ullstein ("der damaligen Verkörperung des fortschrittlichen und kosmopolitischen Geistes der Weimarer Republik") zurück nach Europa geholt. Der Fotograf André Kertész lebte zuerst in Paris und später wider Willen in New York.

Doch dies ist nur die Hälfte des Personals, das Marton mit untrüglichem Erzählsinn und einem Gespür für paradigmatische Anekdoten in Szene setzt. Eines schönen Sommertags im Jahr 1939 machen sich die ungarischen Physiker Leó Szilárd und Edward Teller in einem Plymouth Baujahr 1935 auf den Weg, um Albert Einstein in seinem Sommerhaus auf Long Island zu besuchen. Szilárd hatte gerade erfahren, dass es den Kollegen am Kaiser-Wilhelm-Institut geglückt war, Uran zu spalten. Da er Berlin aus seiner Studienzeit kannte, wusste er, "dass es von Hahns und Strassmanns Labor in Dahlem bis hin zu Hitlers Reichskanzlei nicht weit war". Wenig später findet Szilárd selbst heraus, wie sich aus Uran Neutronen gewinnen lassen, und verfasst einen Brief an den amerikanischen Präsidenten - eine Aufforderung an Franklin D. Roosevelt, endlich ein eigenes Atomwaffenforschungsprogramm zu lancieren, unterzeichnet vom berühmtesten Wissenschaftler und Pazifisten der Welt, von Albert Einstein.

Dass der Aufruf zur Einrichtung des Manhattan-Projekts unter der Leitung des amerikanischen Physikers Robert Oppenheimer führte und im Juni 1945 die erste Atombombe in der Wüste von New Mexico getestet wurde, ist bekannt. Die sich anschließenden Katastrophen von Hiroshima und Nagasaki gehören dagegen zum schändlichsten Bildwissen des zwanzigsten Jahrhunderts. All jenen, die bislang nur wenig mit den Einzelheiten der amerikanischen Atompolitik vertraut waren, bietet Kati Marton - immer anhand der These, ungarische Wissenschaftler seien maßgeblich am Werk gewesen - einen guten Einstieg. Kennern der Materie dürfte sie nur wenig Neues erzählen.

Die Vorgänge in der Manhattan-Gruppe waren von vorneherein von ideologischen und persönlichen Querelen begleitet. Auf der einen Seite der behäbige Leó Szilárd, der mit Hitlers Selbstmord plötzlich keinen Anlass mehr zum Abwurf der Bombe sah und stattdessen den Dosenpfirsich erfand. Auf der anderen Seite Edward Teller, der gleich im Anschluss an den Zweiten Weltkrieg mit irritierendem Eifer an einer Superbombe mit dem tausendfachen Vernichtungspotential von Hiroshima arbeitete und bis zuletzt in der amerikanischen Verteidigungspolitik mitmischte. (2003 bekam er von George W. Bush die Medal of Freedom verliehen.) Der geniale Mathematiker und Vater des modernen Computers, John von Neumann, versorgte das amerikanische Militär mit Strategien zur Wahrung eines tödlichen Gleichgewichts. Eugen Wigner schließlich erhielt 1963 als Einziger der ehemaligen Manhattan-Gruppe den Physik-Nobelpreis. Eine letzte dramatische Volte erlebte das prekäre Bündnis aus Politik und Wissenschaft Mitte der fünfziger Jahre, als Edward Teller bei einer geheimen Anhörung den Patriotismus seines ehemaligen Chefs anzweifelte. Damit war Robert Oppenheimers politische Karriere beendet; die Gemeinde der Wissenschaftler jedoch stempelte Teller zum Verräter, woraufhin dieser sich wünschte, von der Nachwelt vergessen zu werden.

Kati Marton folgt nicht nur ihrer journalistischen Intuition, sondern auch ihren beredsamen Quellen, wenn sie sich dennoch an ihn erinnert. Ihr Buch schwillt förmlich zum Jahrhundertwerk, so voll ist es von Geschichten aus diesem Jahrhundert. Doch natürlich kann sie weder dem biographischen noch dem thetischen Aspekt ihres Projekts gerecht werden. Vieles, wie vor allem die Lebensgeschichten der ungarischen Künstler, wird allzu kursorisch abgehandelt und dient lediglich zur Bestätigung der Ungarn-These. Nach Gemeinsamkeiten, die über die bloße Behauptung von im Budapester Freigeist der Jahrhundertwende gründender Genialität hinausgeht, sucht man vergebens. Und so stolpert man eben manchmal auch über verklärende Sätze wie diesen: "Wie immer, wenn ihn tiefe Gefühle bewegten, nahm Kertész seine Kamera zur Hand und photographierte von seinem Balkon aus die Skyline Manhattans."

Lediglich in den Zirkeln des Manhattan-Projekts scheint plötzlich ungarischer Weltgeist auf. Wenn Oppenheimer nach Hiroshima nicht nur vor "den äußeren Feinden" warnt, sondern auch vor den "inneren Ungarn", dann würde man sich gerne einmal vertiefen in dieses magyarische Wesen. Von Arthur Koestler ist der Satz überliefert, die Ungarn seien das einzige Volk in Europa, das dort keine ethnischen oder sprachlichen Verwandten habe. Darum seien sie die einsamsten Menschen auf dem Kontinent. Nun, nach der Lektüre dieses Buches werden sie zumindest viele neue Bewunderer gefunden haben.

KATHARINA TEUTSCH

Kati Marton: "Die Flucht der Genies". Neun ungarische Juden verändern die Welt. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2010. 400 S., geb., 32,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 01.04.2010

Nebenrollen in den großen Dramen der neuen Heimat
Die Genies aus Budapest: Kati Marton erzählt, wie neun ungarische Juden die Welt veränderten
Es war ein Hilferuf des Vaters der amerikanischen Atombombe: „Gott bewahre uns vor den äußeren Feinden und den inneren Ungarn.” Unter der Wissenschaftlerschar, die Robert Oppenheimer als Forschungsdirektor des Manhattan-Projekts beaufsichtigte, war eine beeindruckende Gruppe von Ungarn. Der strahlende John von Neumann, das mathematische Jahrhundertgenie, hatte bereits mehr Gefallen am politischen Einfluss gefunden als an der Wissenschaft und war zum strategischen Berater des militärischen Establishments aufgestiegen. Der etwas schwerfällige Leó Szilárd, dem der Gedanke an eine Kernspaltung in der Badewanne gekommen war und dem mehr als jedem anderen zu verdanken ist, dass Albert Einstein 1939 den amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt auf die Gefahr einer deutschen Atombombe und die Notwendigkeit eines amerikanischen Nuklearforschungsprogramms aufmerksam machte, war wie immer um die Rettung der Welt besorgt und sammelte nun den Widerstand gegen den Bombenabwurf. Eugene Wigner hielt sich im Hintergrund, versuchte zu vermitteln und erhielt später als Einziger von ihnen den Nobelpreis.
Doch Oppenheimer meinte vor allem den linkischen, Nicht-Ungarn bis ins hohe Alter humorlos erscheinenden Edward Teller. Die Atombombe war noch nicht zusammengebaut, da drängte Teller schon auf eine noch fürchterlichere Waffe, bei deren Entwicklung er endlich sein Talent beweisen könnte. Der Welt bescherte er die Wasserstoffbombe, und Oppenheimer das Ende einer politischen Karriere. Als der McCarthyismus in seinen letzten, schlimmsten Zuckungen tobte, rechneten Oppenheimers Gegner unter den Atomstrategen mit dem einstigen Wunderkind ab. Zu denen, die gegen Oppenheimer in einem demütigenden Verfahren aussagten, gehörte Teller. Er bezahlte dafür mit seiner Ächtung durch die nichtmilitärische Wissenschaft. Unter Ronald Reagan schlug noch einmal seine Stunde, als er zum Vordenker der Strategic Defense Initiative wurde – so geschickt zerstreute er dabei Zweifel an der Machbarkeit des Unternehmens, dass bis heute an der noch immer nicht funktionierenden Abwehr gebastelt wird.
Welche Geschichten lassen sich um diese Ungarn und ihre amerikanischen Verwicklungen spinnen: Habsburg, Räterepublik und Horthys Donaudiktatur, Weimarer Physik und Berliner Kultur, Hitler, Exil, Krieg und Völkermord, der Einsatz für und gegen die Bombe – und am Ende Nebenrollen in den großen politischen Dramen der neuen Heimat. Am Fall Oppenheimer ließe sich die Tragödie des amerikanischen Liberalismus aufrollen, seine politische Verwundbarkeit, indem er die Vorwürfe von rechts vorauseilend verinnerlicht und noch überbietet, wann immer es um die nationale Sicherheit geht. Hätte doch Katie Marton sich in ihrem Buch auf die ungarischen Wissenschaftler beschränkt! Doch ihr genügt eine gute Geschichte allein nicht, es müssen auch noch der Schriftsteller Arthur Koestler, die Photographielegenden André Kertesz und Robert Capa, die Regisseure und Produzenten Alexander Korda und Michael Curtiz sein. Was sie verbindet? Sie waren ungarische Juden, ihre Familien waren aus der Provinz nach Budapest gelangt, sie zählten sich zur kosmopolitischen kulturellen Elite der Donaumetropole, und sie gelangten im Exil zu Weltruhm.
Doch was eint diese „neun ungarischen Juden” und „Genies” darüber hinaus? Eine ähnliche Herkunft macht noch keine kohärente Gruppe, sofern man nicht Sozialgeschichte schreibt, was Martons Genie-Erzählungen keinesfalls beabsichtigen. Eine Fallstudie zur ungarischen Emigration hat sie so wenig vorgelegt wie eine gründliche Geschichte der vier Ungarn, die am Manhattan-Projekt beteiligt waren. Dass Marton sich dabei mit ihrem Gegenstand manchmal über Gebühr identifiziert und die eigene Familiengeschichte in die der ungarischen Genies einblendet, macht zugleich den Charme des zwiespältig schönen Buches aus.
Das Werk der Diplomatengattin hält sich mit sicherem Gespür an der Oberfläche. Ob es sexuelle Abgründe sind oder ideologische Widersprüche, alles wird dezent angedeutet, gefahrlos zu konsumieren. Es ist schon eine Leistung, Arthur Koestler so licht zu zeichnen – wer etwas über seine Ausbeutung von Frauen oder seine Jahre im Münzenberg-Apparat erfahren will, eines der aufregendsten politisch-intellektuellen Dramen des 20. Jahrhunderts, der sollte gleich zur großen Koestler-Biographie von Michael Scammell greifen. Obwohl Koestlers erschütterte Reaktion auf Hiroshima geschildert wird, verschweigt Marton uns, dass er bald Atombomben auf die Sowjetunion regnen lassen wollte. Ähnliches lässt sich von anderen Figuren sagen. Dennoch liest man das Buch mit Genuss und Gewinn, man möchte es allen ans Herz legen, die mit diesen unglaublichen Charakteren noch nicht vertraut sind. Die Autorin hat mit Hilfe einer Forschungsassistentin und zahlreicher Gespräche mit Zeitzeugen und Sachbuchautoren eine Vielzahl hinreißender Geschichten gesammelt.
Doch immer wieder stößt man dabei auf Wendungen, die das Problem dieses Buches offenlegen, auf Formeln wie „seltsamerweise”, wo sich der Leser Nachdenken und Nachforschen gewünscht hätte, oder auf Sätze wie diese: „Es lag zwar nahe, dass sie politischer waren als ihre amerikanischen Kollegen . . . Warum aber entzweite sie die größte Kontroverse ihrer Zeit? Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir in das Budapest ihrer Kindheit zurückkehren.” Nein, das müssen wir nicht, will man der Autorin zurufen. Abgesehen von der Ignoranz gegenüber den politischen Konflikten Amerikas in den dreißiger Jahren: Sucht man eine Antwort darauf, warum Szilárd den Abwurf der Bombe verhindern und Teller eine noch tödlichere bauen wollte, eine wirkliche Antwort und nicht nur einen Vorwand für Anekdoten, so müsste man über die strategische Lage des Jahres 1945 nachdenken, über die Logik des Kalten Krieges und die Aussicht auf ein Wettrüsten, über die ethisch-politischen Aporien, in die sich die Wissenschaft gerade erst und überhaupt zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte gebracht hatte – und dann, wer weiß, wäre vielleicht auch noch Platz für Jugenderinnerungen aus Budapest, die Marton so wundervoll vorzutragen weiß. TIM B. MÜLLER
KATI MARTON: Die Flucht der Genies. Neun ungarische Juden verändern die Welt. Die Andere Bibliothek/Eichborn, Frankfurt am Main 2010. 400 S., 32 Euro.
Geboren in Budapest: Arthur Koestler (links, 1905-1983), Edward Teller (1908 - 2003) Foto: Horst Tappe / AFP
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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"Die Flucht der Genies" liest sich wie ein Thriller ... bietet einen höchst innovativen, weil interdisziplinären Zugriff auf die Zeitgeschichte des 20. Jahrhunderts - selten, dass ein Geschichtsbuch Natur- und Geisteswissenschaft so ganzheitlich betrachtet ... ist nicht einfach nur beschreibende Zeitgeschichte, sondern auch ein äußerst investigativer Beitrag zur Geschichtsforschung, zum Beispiel der des Kalten Krieges. Ein großartiges Buch."(Lutz Bunk, Deutschlandradio Kultur, 10. Mai 2010)

"Die erfahrene Journalistin verknüpft die unterschiedlichen Lebensbahnen so geschickt miteinander, dass wir ein Stück weit die Tragödie und die Chance begreifen, die sich im Schicksal dieser und damit aller Flüchtlinge wiederspiegelt ... Kati Marton zeigt Menschen aus Fleisch und Blut, keine papiernen Heldenschablonen. Es sind Schicksale, die uns gefangen nehmen. In den neun Männern spiegelt sich ein ganzes Jahrhundert wider. Dass macht ihre Geschichten zu einer weit spannenderen Lektüre als manches Geschichtsbuch."(Johannes Kaiser, SWR2 Forum Buch, 20. Juni 2010)

Lebensläufe und Werke diser Ausnahmetalente zeichnet die US-amerikanische Journalistin Kati Marton, die selbst Budapester Wurzeln hat, so anschaulich und lebendig nach, dass man glaubt, neben ihnen zu stehen und schon ewig mit ihnen bekannt zu sein ... Der Anderen Bibliothek ist mit diesem ansprechenden Band samt zahlreicher Fotos einmal mehr ein ebenso wichtiges wie schönes Buch gelungen."(Veronika Seyr, Falter, 16. Juni 2010)

"An sich wäre ja schon jeder Einzelne der hier Porträtierten ein eigenes Buch wert. Marton schafft es aber, die Fülle des Materials so zu verdichten und so anzuordnen, dass hier mehr entsteht als eine normale Geschichte. Ihr gelingt es, das 20. Jahrhundert anhand von neun Menschen packend und lesenswert nachzuerzählen."(Gerhard Pretting, Radio Ö1 ORF, 2. Juni 2010)

"Man merkt dem Buch das unglaubliche Quellenstudium an, Marton kennt ihre Protagonisten genau, doch sie erzählt von ihnen wunderbar elegant und leichtfüßig und lässt schöne Details am Rande nicht aus. Selten wurde eine kollektive Neurose mitreißender beschrieben ... "(Johanna Adorjan, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 28. März 2010)

"Dass Marton sich dabei mit ihrem Gegenstand manchmal über Gebühr identifiziert und die eigene Familiengschichte in die der ungarischen Genies einblendet, macht zugleich den Charme des zwiespältig schönen Buches aus ... (man) liest das Buch mit Genuss und Gewinn, man möchte es allen ans Herz legen, die mit diesen unglaublichen Charakteren noch nicht vertraut sind ... Die Autorin hat mit Hilfe einer Forschungsassistentin und zahlreicher Gespräche mit Zeitzeugen und Sachbuchautoren eine Vielzahl mitreißender Geschichten gesammelt."(Tim B. Müller, Süddeutsche Zeitung, 1. April 2010)

"Elegant und farbenfroh, ungemein atmosphärisch, erzählt Marton aus dem spannenden Leben der neun Ungarn ... Es ist eine faszinierende Sammelbiographie, die Marton geschrieben hat, gerade weil sie immer wieder das Eigene, ihre persönliche Geschichte, mit den Erzählungen und Anekdoten über die Genies verflicht."(Marc Peschke, Hessischer Rundfunk, 25. Mai 2010)

"Alles ist bestens recherchiert. Eine wunderbare kollektive Biografie."(Roland Mischke, Rhein-Neckar-Zeitung, 5. Juni 2010)

"Tiefe Kenntnis über die Protagonisten quillt aus diesem Werk, das schon jetzt zu den besonderen Büchern des Jahres gezählt werden darf."(Ver.di Publik, Mai 2010)

"Wunderbar geschrieben und bestens recheriert ... "(Christine Brinck, Der Tagesspiegel, 10. Mai 2010)

"Die Flucht der Genies ist der seltene Fall eines literarischen Sachbuchs, das man allein aufgrund seiner stilistischen Brillanz kaum aus der Hand legen kann."(Florian Hunger, Jüdische Zeitung, April 2010)

"Nicht nur die einzelnen Lebensläufe sind faszinierend, auch ihr kollektives Schicksal:"(Walter Laqeur, Die Welt, 24. April 2010)

"Es spricht für Kati Martons atmosphärisch dichtes, durch konzise Vor- und Rückblenden strukturiertes Mehrfach-Porträt, dass sie bei aller Bewunderung für diese ebenso tollkühnen wie hochgebildeten (und nicht zu vergessen: hedonistisch-eleganten) Rastignacs des 20. Jahrhunderts keine simple Heldensaga schreibt ... Wir Leser hören von nahezu unglaublichen Geschichten und schämen uns nicht, Ehrfurcht vor jenen berühmten Neun zu fühlen."(Marko Martin, Jüdische Allgemeine, 18. März 2010)

" ... mit grandioser Erzählkunst geschriebenes Buch ...Unzählige Quellen hat Kati Marton für diese wunderbare und intelligente Sammelbiographie studiert ... "(Winfried Stanzick, Amazon.de, 30. März 2010)

"Neun Leben voller Spannung, spannend erzählt."(Norbert Sperling, Deutschlandradio Kultur, 28. März 2010)

"Kati Marton lässt vor uns farbig und fast schon durftend die Kaffeehauskultur auferstehen, in der ununterbrochen geraucht und geredet, diskutiert und geplant wurde. In großen Teilen ist dieses Buch ein wehmütiger Abgesang auf die liberale, urbane Kultur des alten Budapest."(Paul Stänner, Berliner Zeitung, 25. März 2010)

"Dass Kati Marton diese neun, die einander nur zum Teil kannten, zwanglos zusammenspannt, macht den Reiz dieses wunderbar zu lesenden, mit leichter Hand geschriebenen und höchst ernsthaft recherchierten Buchs aus."(Cord Aschenbrenner, Neue Zürcher Zeitung, 20. Oktober 2010)
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Katharina Teutsch schmökert begeistert in diesem Buch der amerikanischen Journalistin Kati Marton. Wenn daraus auch keine historisch akkurate Dokumentation ungarischer Schicksale inmitten von Diktatur, Flucht und Deportation im alten Europa geworden ist, wie Teutsch einräumt, so erscheinen ihr die neun Geschichten, etwa über Alexander Korda, Robert Capa, Arthur Koestler oder den Atomforscher Leo Szilard, doch packend und mit Sinn fürs Paradigmatische erzählt. Im Vertrauen auf ihre Quellen, meint Teutsch, gerät das Buch der Autorin sogar zum "Jahrhundertwerk". Dass dadurch manchmal das Biografische und das Thetische der Arbeit aus dem Blick rutscht oder eher herbeigeschrieben denn entdeckt wird, will Teutsch der Autorin jedoch verzeihen.

© Perlentaucher Medien GmbH