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Ist es rational, an den Gott der monotheistischen Religionen, insbesondere des Christentums zu glauben? Norbert Hoerster erörtert in leicht verständlicher Sprache die wichtigsten Argumente pro und kontra. Ausgangspunkt dieser Argumente sind das Weltbild der Wissenschaft und religiöse Erfahrungen ebenso wie die Suche nach dem moralischen Fundament und nach dem Sinn des Lebens. Besondere Beachtung findet das Problem der Vereinbarkeit des Übels in der Welt mit der Allmacht und Allgüte Gottes. Wer sich ernsthaft mit der Gottesfrage beschäftigen möchte, wird die kompromißlose Denkweise des Autors anregend finden.…mehr

Produktbeschreibung
Ist es rational, an den Gott der monotheistischen Religionen, insbesondere des Christentums zu glauben? Norbert Hoerster erörtert in leicht verständlicher Sprache die wichtigsten Argumente pro und kontra. Ausgangspunkt dieser Argumente sind das Weltbild der Wissenschaft und religiöse Erfahrungen ebenso wie die Suche nach dem moralischen Fundament und nach dem Sinn des Lebens. Besondere Beachtung findet das Problem der Vereinbarkeit des Übels in der Welt mit der Allmacht und Allgüte Gottes. Wer sich ernsthaft mit der Gottesfrage beschäftigen möchte, wird die kompromißlose Denkweise des Autors anregend finden.
Autorenporträt
Norbert Hoerster lehrte von 1974 bis 1998 als Professor Rechts- und Sozialphilosophie an der Universität Mainz. Bei C.H.Beck liegt von ihm vor: Haben Tiere eine Würde? (2004).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.08.2006

Halten wir es doch einfach wie mit dem Yeti
Scharfsinnig dran vorbei: Norbert Hoerster rollt die Frage nach Gott ein, während er sie aufrollt

Die Standardausgaben von Thomas von Aquins berühmter Abhandlung "Summa Theologiae" umfassen mehrere tausend Seiten. Seine Auseinandersetzung mit der Frage, ob Gott existiert - das oft zitierte Lehrstück von den "fünf Wegen" -, erstreckt sich über rund zwei Seiten. Keineswegs will der Aquinate dort einen Beweis im heutigen Sinne des Wortes führen. Für ihn ist klar, daß der wichtigste Grund für den Glauben an Gott dessen Selbstoffenbarung ist. In den "fünf Wegen" geht es ihm lediglich darum, der im Glauben erkannten Wahrheit durch den Rückgriff auf alltägliche Erfahrungen seiner Leser zusätzliche Plausibilität zu verschaffen. Deshalb stellt er eine Analogie zwischen der menschlichen Schöpfertätigkeit und der welterschaffenden Tat Gottes her.

Die begrenzte Beweiskraft dieser Darlegungen haben bereits die mittelalterlichen Kritiker des Aquinaten herausgearbeitet. Sie führen weder zwingend zu dem Glauben an lediglich einen Gott, noch beweisen sie, daß Gott im Anschluß an seine anfängliche Schöpfungstat weiterexistiert habe. In theologischer Sicht liegt darin freilich keine Widerlegung des thomistischen Arguments, sondern lediglich eine Bestätigung der ebenfalls auf Thomas zurückgehenden Lehre von der analogia entis, wonach Aussagen über Gott nur analog getroffen werden können. So wie jede andere Analogie zur menschlichen Erfahrungswelt vermögen auch die "fünf Wege" die Wesensfülle jenes Gottes, den die Christen anbeten und verehren, lediglich partiell zu erschließen.

Norbert Hoerster, bekannt als einer der wortmächtigsten unter Deutschlands bekennenden Atheisten, kann mit diesem erkenntnistheoretischen Vorbehalt nichts anfangen. Er belastet die sogenannten Gottesbeweise deshalb mit einem Anspruch, den sie weder einlösen wollen noch einlösen können, nämlich dem Anspruch, aus sich heraus zur Erkenntnis des christlichen Gottes zu führen. Sodann weist er nach, daß sie dies nicht vermögen, und am Ende erklärt er aus diesem Grund das Unternehmen einer philosophischen Gotteslehre für gescheitert. Der Leser wird so zum Zeugen einer Auseinandersetzung, die, wie bei Hoerster stets, mit Scharfsinn, aber einem eklatanten Mangel an Einfühlungsvermögen betrieben wird.

Wie verständnislos Hoerster mit der Tradition umgeht, die er zu widerlegen trachtet, wird exemplarisch deutlich an seiner Diskussion des kosmologischen Gottesbeweises. Diesem liegt eine menschliche Urerfahrung zugrunde, das tiefe Erstaunen, daß überhaupt etwas existiert und nicht vielmehr nichts. Hoerster weiß dieser Erfahrung nicht anders zu begegnen als durch den Hinweis darauf, daß sie sich von einem empirisch-wissenschaftlichen Standpunkt aus kaum nachvollziehen lasse.

Nun ist das Geständnis, einen anderen nicht zu verstehen, nicht schon ein Argument gegen ihn. Zu einem solchen wird Hoersters Befund erst, sofern er um die These ergänzt wird, daß nur Erfahrungen, die sich in das empiristische Kategoriensystem eintragen lassen, philosophisch überhaupt zählen. Für Hoerster ist diese Annahme so selbstverständlich, daß er sie nicht einmal eigens hervorhebt und erst recht nicht begründet. Wie unplausibel und doktrinär ein solch extremer Reduktionismus ist, wird jedoch in kaum einem anderen Zusammenhang so deutlich wie hier.

Hoersters Unverständnis gegenüber dem Anliegen seiner Gegner führt dazu, daß er am kosmologischen Gottesbeweis vorbeischreibt. Warum, so gibt er zu bedenken, könne man die Welt nicht als etwas begreifen, das den Grund seiner Existenz in sich trage? Die Antwort der klassischen Metaphysik liegt auf der Hand: Weil man dann auf der Ebene des Seienden in seiner Variabilität steckenbliebe, der Frage nach dem Grund des Seins aber auswiche.

Ähnlich kurzschlüssig argumentiert Hoerster dort, wo er auf die Verteilung der Begründungslast zwischen den Bekennern und den Leugnern der Existenz Gottes zu sprechen kommt. Die Begründungslast trage stets derjenige, der die Existenz eines bestimmten Gegenstandes behaupte, nicht derjenige, der sie bestreite. "Dies gilt nicht nur für die Existenz etwa des Yeti, sondern genauso für die Existenz Gottes." Dabei verkennt Hoerster, daß es auf dem Feld der Gottesbeweise nicht darum geht, das Verzeichnis der innerweltlich existierenden Objekte um einen weiteren Eintrag zu ergänzen, sondern darum, der Frage nach dem Grund allen Seins gerecht zu werden. Begründungspflichtig ist hier derjenige, der wie Hoerster die Relevanz dieser Frage von vornherein in Zweifel zieht, nicht sein Gegner, der ihr Rechnung zu tragen versucht.

Als Fels des Atheismus gilt das Theodizeeproblem. Auch Hoersters Buch ist hier am stärksten. Überzeugend weist Hoerster nach, daß sich die natürlichen und moralischen Übel dieser Welt nicht mit der Vorstellung in Einklang bringen lassen, die wir von einem sowohl allmächtigen als auch allgütigen Gott hegen. Die diversen Brückenthesen, mit denen christliche Apologeten nachzuweisen versuchen, daß die Beschaffenheit der Welt und des Lebens moralisch unanstößig sei, halten nicht stand. Die Frage ist allerdings, was daraus folgt. Hermann Lübbe hat dazu schon vor Jahren alles Nötige gesagt: Die Frage der Theodizee sei eine religiös überflüssige Frage, denn es hätte moral- und lebenszerrüttende Folgen, die Anerkennung des Sinns des Lebens auf die Basis eines Urteils über seine moralische Rechtfertigungsfähigkeit stellen zu wollen.

Der Gläubige ist sich darüber im klaren, daß die Welt keineswegs gut ist, sondern der Erlösung bedarf. Er weiß aber auch, daß Gott seinem Sohn das Leiden nicht erspart hat, daß durch dessen Kreuz das Heil in die Welt gekommen ist und daß jeder Leidende in der Nachfolge Christi steht und daher hoffen darf, mit diesem zu leben, so wie er mit ihm sterben muß. Der christliche Umgang mit dem Leiden wird trivialisiert, wenn man ihn auf das Problem der Vereinbarkeit zweier Prädikatoren des Gottesbegriffs verkürzt. Hoerster schreibt gegen einen Gott der Philosophen an, nicht gegen den Gott der Christen. Christlich sind, wie Benedikt XVI. in seiner Enzyklika "Deus Caritas est" bekräftigt hat, die Tugend der Geduld, die im Guten auch in der scheinbaren Erfolglosigkeit nicht nachläßt, sowie die Tugend der Demut, die Gottes Geheimnis annimmt und ihm auch im Dunklen traut.

Von derlei Tugenden weiß Hoersters Buch nichts. Bei all seinem Scharfsinn entwirft der Autor eine ontologisch wie ethisch ärmliche Welt. Den lebendigen Gott, den man bejahen oder verneinen will, erreicht er nicht.

MICHAEL PAWLIK

Norbert Hoerster: "Die Frage nach Gott". Verlag C.H. Beck, München 2005. 125 S., br., 9,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Oliver Müller zählt Nobert Hoerster zu den "scharfsinnigeren Denkern" der Gegenwart und verteidigt ihn gegen seine Kritiker, die an seiner Kompromisslosigkeit in Bezug auf Sterbehilfe oder Embryonenschutz Anstoß nehmen. Hoerster sei oft "schlicht präzise", argumentative Unstimmigkeiten scheinen ihm einfach körperlich weh zu tun, vermutet der Rezensent. Die Gottesbeweise lasse Hoerster in gewohnter Manier allesamt über die "Rasierklinge seines Verstandes" springen, keiner hat Bestand. Das sei in der Philosophie allerdings nichts Neues, meint Müller, der das Buch zwar "prägnant" findet und die eigenständige Begriffsarbeit Hoersters lobt. Die Beschränkung auf die rationale Beweisbarkeit hält er aber für engstirnig und wenig fruchtbar. Vielmehr müssten die Philosophen die religiösen Bedürfnisse ernst nehmen, um in den so wichtigen Dialog mit den Theologen einzutreten.

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