Was verbarg Hannelore Kohl hinter ihrem versteinerten Lächeln? Was hatte es mit ihrer Lichtallergie auf sich? 10 Jahre nach ihrem tragischen Tod deckt Heribert Schwan auf, wie Hannelore Kohl lebte und wie sie starb. Er stand bis 2 Tage vor ihrem Selbstmord in engem Kontakt zu Hannelore Kohl und führte seither ausführliche Gespräche mit den engsten Freundinnen und Vertrauten. Aus dieser Fülle an Insider-Wissen zeichnet er das einfühlsame, aber auch erschütternde Porträt einer einsamen Frau.
Hannelore Kohl führte eine Ehe mit klassischer Rollenverteilung: Er machte Karriere, und sie kümmerte sich um die Kinder. Doch sein Leben als Politiker forderte mehr von ihr - ein Leben im Rampenlicht. Zögernd ließ sie sich darauf ein, doch während ihr Mann politisch immer einflussreicher wurde, versteinerte ihr Lächeln zur Maske. Heribert Schwan war der Erste, dem es gelang, Hannelore Kohl 1985 für ein Fernsehporträt zu gewinnen, das damals großes Aufsehen erregte. Seitdem stand er in regelmäßigem Kontakt mit ihr. Er erlebte aus der Nähe das ganze Drama ihrer Krankheit mit. Als sie zuletzt das Haus tagsüber nicht mehr verlassen konnte, begleitete er sie bei langen nächtlichen Waldspaziergängen. Sein kritisches Urteil über die familiäre Situation der Kohls: In 42 Ehejahren mit dem Machtmenschen Kohl wurde aus Hannelore Kohl, der Frau an seiner Seite, die Frau in seinem Schatten.
Hannelore Kohl führte eine Ehe mit klassischer Rollenverteilung: Er machte Karriere, und sie kümmerte sich um die Kinder. Doch sein Leben als Politiker forderte mehr von ihr - ein Leben im Rampenlicht. Zögernd ließ sie sich darauf ein, doch während ihr Mann politisch immer einflussreicher wurde, versteinerte ihr Lächeln zur Maske. Heribert Schwan war der Erste, dem es gelang, Hannelore Kohl 1985 für ein Fernsehporträt zu gewinnen, das damals großes Aufsehen erregte. Seitdem stand er in regelmäßigem Kontakt mit ihr. Er erlebte aus der Nähe das ganze Drama ihrer Krankheit mit. Als sie zuletzt das Haus tagsüber nicht mehr verlassen konnte, begleitete er sie bei langen nächtlichen Waldspaziergängen. Sein kritisches Urteil über die familiäre Situation der Kohls: In 42 Ehejahren mit dem Machtmenschen Kohl wurde aus Hannelore Kohl, der Frau an seiner Seite, die Frau in seinem Schatten.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.07.2011Schlänglein
Hannelore Kohls Leben
Am 5. Juli 2001 setzte Hannelore Kohl ihrem Leben selbst ein Ende, sechs Tage später fand im Kaiserdom zu Speyer das Requiem statt. Zehn Jahre danach hat Heribert Schwan eine gründlich recherchierte und stark mitfühlende Biographie der Kanzlergattin verfasst. Sie findet reißenden Absatz, wenn auch nicht die Zustimmung des Altkanzlers und mancher seiner Getreuen. Der promovierte Zeithistoriker Schwan, als Journalist bekannt durch Funk und Fernsehen sowie zahlreiche Publikationen, konnte Frau Kohl Mitte der achtziger Jahre für ein WDR-Filmporträt gewinnen. Dies hatte zur Folge, dass er nach Kohls Abwahl 1998 zur "kleinen Gruppe von Wissenschaftlern und Publizisten" gehörte, "die dem Kanzler beim Schreiben seiner Memoiren half". Das ist eher eine Untertreibung. Jedenfalls trübte sich das Verhältnis Kohls zum Chef-Ghostwriter, als sich Maike Richter von 2005 an in Oggersheim einbrachte. Man trennte sich bald von Schwan, der weiter fleißig über die Bonner Republik und den Kanzler der Einheit schreibt.
Der "jungen Altkanzlergattin" Richter-Kohl wirft der Autor "unwürdiges Handeln" vor und unterstellt ihr die böse Absicht, Erinnerungen an ihre Vorgängerin Hannelore, "diese außergewöhnliche Frau, auszulöschen". Dem stemmt sich Schwan entgegen, wenn er auch hin und wieder über das Ziel hinausschießt und seine flüssige Erzählung ins Romanhafte abgleitet. Die Dämonisierung von Maike Richter-Kohl - "auch zehn Jahre nach Hannelores Tod lässt die neue Frau ihr keine Ruhe" - wirkt verfehlt. Hier wäre weniger sicherlich mehr gewesen.
Informiert ist Schwan glänzend, beruft sich auf Gespräche mit Hannelore Kohl, hat Freundinnen und Mitarbeiter befragt. Als ihr Urtrauma stellt er die mehrfache Vergewaltigung des zwölfjährigen Mädchens durch Rotarmisten bei Kriegsende 1945 heraus. Deshalb hätten Begegnungen mit sowjetischen und russischen Politikern der Kanzlergattin seelische Qualen bereitet. Der Biograph rekonstruiert, wie sie die Karriere ihres Mannes, der sie liebevoll "Schlänglein" nannte, unter- und abstützte, wie sie schließlich der tiefe Fall durch die Spendenaffäre belastete, nicht zuletzt auch Angela Merkels F.A.Z.-Artikel kurz vor Weihnachten 1999: "Sie konnte den Bruch zwischen ihrem Mann und der politischen Aufsteigerin aus der früheren DDR nicht nachvollziehen. Für Hannelore stand außer Zweifel, dass hinter der ganzen Aktion Kohls Nachfolger an der Spitze der CDU, Wolfgang Schäuble, stand." Schwan hegt Zweifel an der Diagnose Lichtallergie. Nach Meinung von Ärzten spreche "sehr viel" dafür, dass Frau Kohl seit den neunziger Jahren vor allem unter "schweren Depressionen" gelitten habe. Von ihrer enormen Lebensleistung legt das ergreifende Buch Zeugnis ab.
RAINER BLASIUS
Heribert Schwan: Die Frau an seiner Seite. Leben und Leiden der Hannelore Kohl. Wilhelm Heyne Verlag, München 2011. 320 S. 19,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Hannelore Kohls Leben
Am 5. Juli 2001 setzte Hannelore Kohl ihrem Leben selbst ein Ende, sechs Tage später fand im Kaiserdom zu Speyer das Requiem statt. Zehn Jahre danach hat Heribert Schwan eine gründlich recherchierte und stark mitfühlende Biographie der Kanzlergattin verfasst. Sie findet reißenden Absatz, wenn auch nicht die Zustimmung des Altkanzlers und mancher seiner Getreuen. Der promovierte Zeithistoriker Schwan, als Journalist bekannt durch Funk und Fernsehen sowie zahlreiche Publikationen, konnte Frau Kohl Mitte der achtziger Jahre für ein WDR-Filmporträt gewinnen. Dies hatte zur Folge, dass er nach Kohls Abwahl 1998 zur "kleinen Gruppe von Wissenschaftlern und Publizisten" gehörte, "die dem Kanzler beim Schreiben seiner Memoiren half". Das ist eher eine Untertreibung. Jedenfalls trübte sich das Verhältnis Kohls zum Chef-Ghostwriter, als sich Maike Richter von 2005 an in Oggersheim einbrachte. Man trennte sich bald von Schwan, der weiter fleißig über die Bonner Republik und den Kanzler der Einheit schreibt.
Der "jungen Altkanzlergattin" Richter-Kohl wirft der Autor "unwürdiges Handeln" vor und unterstellt ihr die böse Absicht, Erinnerungen an ihre Vorgängerin Hannelore, "diese außergewöhnliche Frau, auszulöschen". Dem stemmt sich Schwan entgegen, wenn er auch hin und wieder über das Ziel hinausschießt und seine flüssige Erzählung ins Romanhafte abgleitet. Die Dämonisierung von Maike Richter-Kohl - "auch zehn Jahre nach Hannelores Tod lässt die neue Frau ihr keine Ruhe" - wirkt verfehlt. Hier wäre weniger sicherlich mehr gewesen.
Informiert ist Schwan glänzend, beruft sich auf Gespräche mit Hannelore Kohl, hat Freundinnen und Mitarbeiter befragt. Als ihr Urtrauma stellt er die mehrfache Vergewaltigung des zwölfjährigen Mädchens durch Rotarmisten bei Kriegsende 1945 heraus. Deshalb hätten Begegnungen mit sowjetischen und russischen Politikern der Kanzlergattin seelische Qualen bereitet. Der Biograph rekonstruiert, wie sie die Karriere ihres Mannes, der sie liebevoll "Schlänglein" nannte, unter- und abstützte, wie sie schließlich der tiefe Fall durch die Spendenaffäre belastete, nicht zuletzt auch Angela Merkels F.A.Z.-Artikel kurz vor Weihnachten 1999: "Sie konnte den Bruch zwischen ihrem Mann und der politischen Aufsteigerin aus der früheren DDR nicht nachvollziehen. Für Hannelore stand außer Zweifel, dass hinter der ganzen Aktion Kohls Nachfolger an der Spitze der CDU, Wolfgang Schäuble, stand." Schwan hegt Zweifel an der Diagnose Lichtallergie. Nach Meinung von Ärzten spreche "sehr viel" dafür, dass Frau Kohl seit den neunziger Jahren vor allem unter "schweren Depressionen" gelitten habe. Von ihrer enormen Lebensleistung legt das ergreifende Buch Zeugnis ab.
RAINER BLASIUS
Heribert Schwan: Die Frau an seiner Seite. Leben und Leiden der Hannelore Kohl. Wilhelm Heyne Verlag, München 2011. 320 S. 19,99 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Von der Lebensleistung und von den Qualen der Kanzlergattin Hannelore Kohl, meint Rainer Blasius, legt diese Biografie Zeugnis ab, mitunter vielleicht etwas zu beredt, wie er findet. Dem Journalisten Heribert Schwan attestiert er die nötige Nähe und Einsicht in das Kanzlergattinnenschicksal, aber auch einen Zug ins Romanhafte und Denunziatorische, etwa wenn es um die Rolle von Helmut Kohls zweiter Frau Maike Richter geht. Über mögliche Traumata (Vergewaltigung, Spendensumpf) und eine als Lichtallergie getarnte Depression lässt sich laut Blasius mit diesem Buch hervorragend losspekulieren.
© Perlentaucher Medien GmbH
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