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Ein Ort in der Provence. Vier unzertrennliche Freunde. Eine Hochstaplerin.
Provence, Mitte der 1980er: Während in der politisch aufgeheizten Bundesrepublik die RAF Terror verbreitet, verschlägt es die junge Hamburger Fotografin Alex auf ihrer Europa-Reise ins Lubéron-Gebirge - ebenso Mikrokosmos aus Künstlern und Intellektuellen, wie Versteck für jene, die nicht gefunden werden wollen. Alex trifft auf Berühmtheiten wie Leonard Cohen und Isabelle Adjani. Aber auch auf die mysteriöse Mado, Mitglied einer Gruppe Straßenkünstler. Immer auf der Suche nach außergewöhnlichen Gesichtern ist Alex…mehr

Produktbeschreibung
Ein Ort in der Provence. Vier unzertrennliche Freunde. Eine Hochstaplerin.

Provence, Mitte der 1980er: Während in der politisch aufgeheizten Bundesrepublik die RAF Terror verbreitet, verschlägt es die junge Hamburger Fotografin Alex auf ihrer Europa-Reise ins Lubéron-Gebirge - ebenso Mikrokosmos aus Künstlern und Intellektuellen, wie Versteck für jene, die nicht gefunden werden wollen. Alex trifft auf Berühmtheiten wie Leonard Cohen und Isabelle Adjani. Aber auch auf die mysteriöse Mado, Mitglied einer Gruppe Straßenkünstler. Immer auf der Suche nach außergewöhnlichen Gesichtern ist Alex fasziniert von Mado. Mit ihr, Fantomas und Loïc verbringt sie einen Großteil ihrer Zeit. Dann verschwindet Mado spurlos. Erst über dreißig Jahre später begegnen sich die beiden Frauen wieder. Doch Mado gibt vor, eine andere zu sein ...

Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Maiken Nielsen wurde 1965 in Hamburg geboren. Einen Teil ihrer Kindheit und Jugend verbrachte sie auf Frachtschiffen und wurde dort von ihren Eltern unterrichtet. Sie absolvierte ihr Abitur in Hamburg und reiste danach ein Jahr lang per Anhalter durch Europa. Im Anschluss an diese Reise studierte sie u.a. Linguistik in Aix-en-Provence. Sie liest und spricht sechs Sprachen. Seit 1996 arbeitet Maiken Nielsen als Autorin, Reporterin und Rundfunksprecherin für das NDR Fernsehen. Sie dreht TV-Dokumentationen ("Als die Sturmflut nach Hamburg kam", "Geraubte Leben -Europa im KZ Neuengamme") und schreibt Romane.
Rezensionen
Täuschung und Verrat
Krimis in Kürze: Maiken Nielsen, Max Reiter, Antoine Wilson

Der Prolog führt auf einen Stuttgarter Friedhof im Herbst 1977. Ein junges Mädchen, noch nicht einmal volljährig, bewegt sich zwischen Polizei und trauernden Militanten bei der Beerdigung der Toten von Stammheim. Sieben Jahre später kommt eine junge Deutsche nach Lubéron in Südfrankreich, wo sich eine Bohème aus Künstlern, Junkies, kleinen Gaunern ein Biotop auf Zeit geschaffen hat, auch Leonard Cohen war mal dort. Alex trampt durch Europa, sie will Fotografin werden, sie ist die zweite weibliche Hauptfigur neben Mado, die sie dort trifft.

Dass Mado das Mädchen vom Friedhof ist und eine Mission hat, muss Maiken Nielsen in "Die Frau, die es nicht mehr gibt" (Rowohlt, 448 S., geb., 24,- Euro) nicht umständlich erklären. Die beiden Frauen werden Freundinnen, auch wenn da ein Geheimnis bleibt. Alex verliebt sich in einen Seiltänzer, arbeitet, fotografiert, genießt das Leben in einer kleinen Freundesclique. Nielsen erzählt abwechselnd aus der Perspektive beider Frauen, das ist ein geschickter Zug. Und sie beweist ein gutes Timing, wenn sie eine dritte Zeitebene etabliert: die Gegenwart, in der sich die beiden Frauen noch einmal begegnen.

Sie hat auch ein paar schöne Ideen, um diesen Roman, der erfreulich wenig plotfixiert ist, zu einer lebendigen Erzählung über Freundschaft, Aufbruch, Vertrauen und Verrat werden zu lassen. Vielleicht verklärt sie die provenzalische Aussteigeridylle und idealisiert die Figur der schönen Terroristin mit ihren hehren Motiven und unwahrscheinlichen Metamorphosen zu sehr - von der Lektüre sollte einen das keinesfalls abhalten.

Ein Identitätswechsel war offenbar auch für "Erinnere dich!" (Scherz, 334 S., br., 16,- Euro) nötig. Aus Andreas Götz, Autor von historischen Kriminalromanen aus dem München der Fünfzigerjahre, wurde Max Reiter, der einen Thriller aus der Gegenwart schreibt und einen Blurb von Erfolgsautor Arno Strobel bekommen hat. Bestimmt nicht nur, weil der Ich-Erzähler Arno heißt.

Dieser Arno, Dozent an der Berliner Humboldt Universität und Poe-Spezialist, bekommt ein Billighandy zugeschickt, mit einer Botschaft, die dem Roman seinen Titel gibt. Er fährt eher lustlos zu einem Klassentreffen nach Bayern, wo vor zwanzig Jahren bei einer Wanderung seine Freundin Maja verschwand. Er trifft alte Freunde, auch Majas jüngere Schwester ist da, die ihr verblüffend ähnlich sieht.

Es ist die Geschichte einer zunehmenden Verunsicherung. Je undurchdringlicher das Rätsel, desto poröser die Erinnerungen des Ich-Erzählers. Er stößt auf Verdrängtes und Vergessenes, bis ungewiss geworden ist, ob verzerrte Erinnerungen durch Wahrheiten ersetzt werden oder ob diese Wahrheiten nur neue Einbildungen sind. Poes berühmte Kurzgeschichte "Das verräterische Herz" mit ihrem wahnhaften Ich-Erzähler liefert dazu einen wirkungsvollen Echoraum.

Das Problem an dieser Art der Spannungserzeugung ist bloß, dass irgendwann eine plausible Erklärung hermuss. Da wird es dann recht trivial und fad, was auch daran liegt, dass die Figurenzeichnung nicht sonderlich einfallsreich ist und alle Involvierten blass bleiben. Aber wenn man sich mal so weit hat hineinziehen lassen, bleibt man bis zum Schluss dabei.

Oft heißt es, ein gelungener erster Satz, und nichts könne mehr schiefgehen. In Antoine Wilsons "First Class" (Kein & Aber, 260 S., br., 24,- Euro) ist es der letzte Satz, der allen Sicherheiten, die zuvor kunstvoll aufgebaut wurden, den Boden unter den Füßen wegzieht. Es war allerdings zu ahnen. Ein mäßig erfolgreicher namenloser Schriftsteller trifft auf dem Flughafen JFK einen alten Bekannten aus Collegetagen wieder. Und der beginnt, ihm etwas anzuvertrauen, was er angeblich noch niemandem erzählt hat.

Er hat einem Mann das Leben gerettet, ohne dass dieser es wusste, und weil er das schwer erträgt, schleicht er sich in das Leben des Geretteten ein, der ein erfolgreicher und unsympathischer Galerist in Los Angeles ist. Man sollte nicht viel mehr sagen, als dass sich hier ein faszinierendes Spiel um Glaubwürdigkeit, Täuschungen und Selbsttäuschungen vollzieht, so leicht, konzentriert und klar erzählt, dass es ein intellektuelles Vergnügen ist. PETER KÖRTE

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.07.2023

Täuschung und Verrat
Krimis in Kürze: Maiken Nielsen, Max Reiter, Antoine Wilson

Der Prolog führt auf einen Stuttgarter Friedhof im Herbst 1977. Ein junges Mädchen, noch nicht einmal volljährig, bewegt sich zwischen Polizei und trauernden Militanten bei der Beerdigung der Toten von Stammheim. Sieben Jahre später kommt eine junge Deutsche nach Lubéron in Südfrankreich, wo sich eine Bohème aus Künstlern, Junkies, kleinen Gaunern ein Biotop auf Zeit geschaffen hat, auch Leonard Cohen war mal dort. Alex trampt durch Europa, sie will Fotografin werden, sie ist die zweite weibliche Hauptfigur neben Mado, die sie dort trifft.

Dass Mado das Mädchen vom Friedhof ist und eine Mission hat, muss Maiken Nielsen in "Die Frau, die es nicht mehr gibt" (Rowohlt, 448 S., geb., 24,- Euro) nicht umständlich erklären. Die beiden Frauen werden Freundinnen, auch wenn da ein Geheimnis bleibt. Alex verliebt sich in einen Seiltänzer, arbeitet, fotografiert, genießt das Leben in einer kleinen Freundesclique. Nielsen erzählt abwechselnd aus der Perspektive beider Frauen, das ist ein geschickter Zug. Und sie beweist ein gutes Timing, wenn sie eine dritte Zeitebene etabliert: die Gegenwart, in der sich die beiden Frauen noch einmal begegnen.

Sie hat auch ein paar schöne Ideen, um diesen Roman, der erfreulich wenig plotfixiert ist, zu einer lebendigen Erzählung über Freundschaft, Aufbruch, Vertrauen und Verrat werden zu lassen. Vielleicht verklärt sie die provenzalische Aussteigeridylle und idealisiert die Figur der schönen Terroristin mit ihren hehren Motiven und unwahrscheinlichen Metamorphosen zu sehr - von der Lektüre sollte einen das keinesfalls abhalten.

Ein Identitätswechsel war offenbar auch für "Erinnere dich!" (Scherz, 334 S., br., 16,- Euro) nötig. Aus Andreas Götz, Autor von historischen Kriminalromanen aus dem München der Fünfzigerjahre, wurde Max Reiter, der einen Thriller aus der Gegenwart schreibt und einen Blurb von Erfolgsautor Arno Strobel bekommen hat. Bestimmt nicht nur, weil der Ich-Erzähler Arno heißt.

Dieser Arno, Dozent an der Berliner Humboldt Universität und Poe-Spezialist, bekommt ein Billighandy zugeschickt, mit einer Botschaft, die dem Roman seinen Titel gibt. Er fährt eher lustlos zu einem Klassentreffen nach Bayern, wo vor zwanzig Jahren bei einer Wanderung seine Freundin Maja verschwand. Er trifft alte Freunde, auch Majas jüngere Schwester ist da, die ihr verblüffend ähnlich sieht.

Es ist die Geschichte einer zunehmenden Verunsicherung. Je undurchdringlicher das Rätsel, desto poröser die Erinnerungen des Ich-Erzählers. Er stößt auf Verdrängtes und Vergessenes, bis ungewiss geworden ist, ob verzerrte Erinnerungen durch Wahrheiten ersetzt werden oder ob diese Wahrheiten nur neue Einbildungen sind. Poes berühmte Kurzgeschichte "Das verräterische Herz" mit ihrem wahnhaften Ich-Erzähler liefert dazu einen wirkungsvollen Echoraum.

Das Problem an dieser Art der Spannungserzeugung ist bloß, dass irgendwann eine plausible Erklärung hermuss. Da wird es dann recht trivial und fad, was auch daran liegt, dass die Figurenzeichnung nicht sonderlich einfallsreich ist und alle Involvierten blass bleiben. Aber wenn man sich mal so weit hat hineinziehen lassen, bleibt man bis zum Schluss dabei.

Oft heißt es, ein gelungener erster Satz, und nichts könne mehr schiefgehen. In Antoine Wilsons "First Class" (Kein & Aber, 260 S., br., 24,- Euro) ist es der letzte Satz, der allen Sicherheiten, die zuvor kunstvoll aufgebaut wurden, den Boden unter den Füßen wegzieht. Es war allerdings zu ahnen. Ein mäßig erfolgreicher namenloser Schriftsteller trifft auf dem Flughafen JFK einen alten Bekannten aus Collegetagen wieder. Und der beginnt, ihm etwas anzuvertrauen, was er angeblich noch niemandem erzählt hat.

Er hat einem Mann das Leben gerettet, ohne dass dieser es wusste, und weil er das schwer erträgt, schleicht er sich in das Leben des Geretteten ein, der ein erfolgreicher und unsympathischer Galerist in Los Angeles ist. Man sollte nicht viel mehr sagen, als dass sich hier ein faszinierendes Spiel um Glaubwürdigkeit, Täuschungen und Selbsttäuschungen vollzieht, so leicht, konzentriert und klar erzählt, dass es ein intellektuelles Vergnügen ist. PETER KÖRTE

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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