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Alles hatte so harmlos angefangen: Die jungverheiratete Romana wollte von ihrem Mann ins Bad getragen werden, nur so, weil ihr das gerade angenehm wäre. Gern erfüllt Glauco den Wunsch seiner Frau. Doch als sie aus dem Bad kommt, scheint sie lustlos und müde. Von Tag zu Tag verschlechtert sich ihr Befinden.Huckepack aber erledigt sie mühelos alle Hausarbeit, und nur wenn sie es sich auf ihrem Gatten bequem macht, schmeckt ihr das Essen. Als Gauco mit so vernünftigen Vorschlägen wie einen Arztbesuch kommt, beginnt Romana, ihm die Sporen zu geben.Oder die Frau in besten Jahren, deren Freund…mehr

Produktbeschreibung
Alles hatte so harmlos angefangen: Die jungverheiratete Romana wollte von ihrem Mann ins Bad getragen werden, nur so, weil ihr das gerade angenehm wäre. Gern erfüllt Glauco den Wunsch seiner Frau. Doch als sie aus dem Bad kommt, scheint sie lustlos und müde. Von Tag zu Tag verschlechtert sich ihr Befinden.Huckepack aber erledigt sie mühelos alle Hausarbeit, und nur wenn sie es sich auf ihrem Gatten bequem macht, schmeckt ihr das Essen. Als Gauco mit so vernünftigen Vorschlägen wie einen Arztbesuch kommt, beginnt Romana, ihm die Sporen zu geben.Oder die Frau in besten Jahren, deren Freund verreist ist. Aus Langeweile spricht sie einen Jungen auf der Straße an und gibt ihm seine Telefonnummer. Der ruft nicht nur an ...
Autorenporträt
Goffredo Parise, geboren 1929 in Vicenza, Schriftsteller, Drehbuchautor und Journalist. Er arbeitete vorwiegend für den 'Corriere della Sera'. Seit 1960 lebte er in Rom, wo er 1986 starb.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Franz Haas zeigt sich zwar sehr erfreut darüber, dass sich die Bedeutung von Parise nun endlich herumspricht. Allerdings weist er darauf hin, dass gerade diese Geschichten zum großen Teil bereits schon einmal erschienen sind - und dass es sich hierbei "nicht immer (um) die besten" handelt. Bei der Titelgeschichte lobt er allerdings die "präzise Beiläufigkeit", mit der geschildert wird, wie eine Frau ihren Mann nach und nach dazu bringt, sie ständig auf seinem Rücken herumzutragen und wie das, was zu Anfang noch komisch war, immer mehr in "Hörigkeit und Eifersucht" kippt. Ansonsten weist Haas auf Parises Fähigkeit zur Verknappung hin, seine Fähigkeit, wichtiges mit wenigen Worten zu erfassen, und auch die "Zeitraffer"-Effekte gefallen ihm sehr. Wieso jedoch Haas die Geschichten nicht immer zu den besten zählt, wird in der Rezension nicht recht deutlich.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 31.10.2000

Frosches Frau
Goffredo Parises
erotische Geschichten
Wenn eine brave Hausfrau ihrem Ehemann ein Korsett mit Steigbügeln anlegt, um in der Wohnung nach Herzenslust auf ihm herumreiten zu können; wenn eine andere brave Ehefrau und Mutter ihr Kind plötzlich x-beinig und plattfüßig findet und sich zu einem wildfremden Mann ins Bett legt; wenn ein zivilisierter junger Mensch eine Postkarte mit der Aufschrift „Hier amüsiert man sich bestens” erhält und wenig später mit seinem Kleinwagen in den schönen neuen Spider der Absenderin fährt, was einen Heiratsantrag darstellen soll; wenn eine junge Dame einem Kollegen den Tropfen aus ihrem Busen als „Sexy Gin” anbietet – wenn derlei geschieht, dann ist offensichtlich Liebe im Spiel. Oder jedenfalls das, was in den wunderbaren zwölf Erzählungen von Goffredo Parise als Liebe verstanden wird. Denn Liebe, wahre Liebe, ist – wie die Liebe Titanias zu dem in einen Esel verwandelten Zettel – immer auch verrückt. Es bedarf dazu keines Zaubertranks: Die Liebe selbst ist das Elixier, die Droge, die abhängig macht, mitunter verzweifelt und gleichgültig gegen alles, was außerhalb ihrer noch existiert.
„Platonische Liebe” gibt es nicht. Die Liebe, von der hier die Rede ist, drängt danach, sich ohne Rücksicht auf Verluste fleischlich zu materialisieren – was allerdings nicht immer gelingt. Die Hindernisse sind das mal Aufregende, mal Ärgerliche in allen Affären, Romanzen, Leidenschaften. Für den Leser stellen sie den eigentlichen Reiz der Geschichten dar: Der Sex, wenn er denn stattfindet und die Protagonisten in Wonne erlöst, ist ihm eher Anlass zu Neid, also alles andere als Lust. Nein, der passionierte Leser setzt auf die Wirbel im Hirn, die Querschüsse, die Verschleppungsrituale, die Verbotstafeln, mit denen alle Liebesgeschichten der Welt tapeziert sind und die erst so rechte Lust verschaffen: Denn die Gefahr ist des Lesers Aphrodisiakum. Er ist zugleich Voyeur und Agent der herrschenden Gesetze, eine buchstäblich spannende Doppelrolle – er hält nichts von „Sexy Gin” in den Geschäftsräumen unserer Dienstleistungsgesellschaft, und doch, und doch!
In der Erzählung zum Beispiel, die die Liebe bereits plakativ im Titel führt, „Amore”, kommt es niemals dazu, dass die Liebenden sich lieben. Die Frau, schüchtern, „plumpe Hände mit sehr kurzen Fingernägeln”, weiß vielleicht nicht einmal, dass sie verliebt ist. Sie ist mit einem anderen verheiratet, einem autoritären, froschartigen Mann mit greisenhaften Fußknöcheln, und die Gefühle ihres Liebhabers schüchtern sie noch mehr ein. In paradoxen Reflexen ermutigt sie ihn unterschwellig, während sie ihn und sich selbst zur Räson ruft. Wenn der Verehrer sie halb versehentlich berührt, zuckt sie „gekränkt zurück”. Die unerfüllte Liebe dieser beiden, bemerkt der Erzähler am Schluss, „war von der Art, daß sie, ohne es zu wollen oder davon zu wissen, in kurzer Zeit einige Jahre ihres Lebens gelebt und in den Wind gestreut hatten”.
Goffredo Parise aus Vicenza (1929 – 1986) erweist sich gerade darin als ein Meister der Kurzgeschichte, dass er solche lakonischen, scheinbar apodiktischen Schlüsse zu schreiben vermag, die den Stoff gleichwohl nicht abschließen, sondern im Kopf des Lesers irritierend nachhallen lassen – fast so wie jenen „aggressiven Kuß”, den einer der Helden noch den ganzen Tag auf seinen Lippen spürt. Was Parise zu einem Meister der erotischen Kurzgeschichte macht, ist vor allem sein Sinn für Paradoxien, die fast alle Erzählungen unterminieren. Die vollen, betörenden Lippen einer Frau, die „zu einer angewiderten und widerlichen Grimasse verzogen waren”: ein bezeichnendes Initiationserlebnis; das doppelte „wider” signalisiert ein Maß an Widerständigkeit, das der entstehenden Liebe Salz und Pfeffer beimischt, auch wenn der Ich-Erzähler „diese Grimasse, diese Augen und dieses Fleisch” lange Zeit nicht mehr sehen wird (und sich für glücklich hält).
Einfach zu schwer
Das Repertoire an Gesten des Werbens und Verführens ist im Grunde erbärmlich schmal: ein Blick, ein Lächeln, ein Händedruck, ein Kuss – jeder Liebende, also jeder Mensch kennt das, weiß das. Und das tückische, das schmierseifenartige Kompliment! Da vergleicht ein Mann eine Frau mit einem Knaben, was ihn offensichtlich animiert. „Das ist nicht gerade ein Kompliment”, sagt die Frau – wenngleich „mit zögernder Stimme”. Sie ist sich also nicht sicher; sollte die respektlose Bemerkung am Ende doch als Kompliment durchgehen? Das Begehren, das Begehrtwerden vermag neue Identitäten zu stiften in den Köpfen der Menschen: vorausgesetzt, sie sind bereit, sich von den alten zu lösen. Den ständigen Konflikt zwischen den Konventionen und der umstürzlerischen Kraft des Eros lotet Goffredo Parise höchst subtil aus, und der liebevoll komponierte Band aus Wagenbachs „Salto”-Reihe stellt seinerseits eine dringende Einladung dar, diesem charmanten Erzähler zuzuhören. Die Liebe, denkt man manches Mal, ist im Grunde nichts für Menschen: Sie ist einfach zu schwer. Die meisten Zeitgenossen legen deshalb Sicherheitsgurte an im täglichen Verkehr, was übrigens auch das Ministerium für Gesundheit sehr empfiehlt.
MARTIN KRUMBHOLZ
GOFFREDO PARISE: Die Frau im Sattel. Erotische Geschichten. Zusammengestellt von Susanne Schüssler. Aus dem Italienischen. (Die Übersetzer werden im Anhang genannt. ) Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2000. 94 Seiten, 22,80 Mark.
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"Mit seiner Wahrnehmungsfähigkeit der Gefühle ist Goffredo Parise zum Meister geworden." (Marina Neri, Frankfurter Rundschau)