Die Frauen und Mitregentinnen um Kaiser Friedrich II. hatten großen Einfluss auf den Herrscher; ohne sie wären Leben wie Politik Friedrichs II. anders gewesen und damit die Geschichte des Mittelalters.
Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, auf Sizilien Schöpfer des ersten modernen Staa tes, friedlicher Eroberer Jerusalems: Ebenso gebildet wie grausam, fasziniert Friedrich II. (1194 1250) bis heute. Uwe Oster schildert ihn aus der Perspektive der Frauen, die sein Leben teilten. Viermal war Friedrich II. verheiratet, und bezeichnend ist die Mischung aus kaltem politischen Kalkül und echter Liebe, mit der er seine Frauen auswählte. Für Bianca Lancia verzichtete er auf vorteilhafte Ehen, Isabella von Brienne hingegen sollte ihm das Königreich Jerusalem einbringen. Konstanze von Aragonien machte er sogar zur Mitregentin, Isabella von England verhalf ihm zum endgültigen Aufstieg an die Spitze der Fürsten Europas.
Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, auf Sizilien Schöpfer des ersten modernen Staa tes, friedlicher Eroberer Jerusalems: Ebenso gebildet wie grausam, fasziniert Friedrich II. (1194 1250) bis heute. Uwe Oster schildert ihn aus der Perspektive der Frauen, die sein Leben teilten. Viermal war Friedrich II. verheiratet, und bezeichnend ist die Mischung aus kaltem politischen Kalkül und echter Liebe, mit der er seine Frauen auswählte. Für Bianca Lancia verzichtete er auf vorteilhafte Ehen, Isabella von Brienne hingegen sollte ihm das Königreich Jerusalem einbringen. Konstanze von Aragonien machte er sogar zur Mitregentin, Isabella von England verhalf ihm zum endgültigen Aufstieg an die Spitze der Fürsten Europas.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.04.2008Die Frauen an seiner Seite
Kaiser Friedrich II. liebte die Frauenwelt und wechselte gern und oft seine Partnerin. Aber wer waren die Damen? Uwe A. Oster hat sich auf ihre Spuren begeben.
Es geschah im Juni 1245 in Verona. Kaiser Friedrich II. hatte eine illustre Schar um sich versammelt, seinen Sohn König Konrad, den Erzbischof von Salzburg, die Bischöfe von Freising, Passau, Regensburg, Trient und Worms, Äbte bedeutender Klöster, zwei Herzöge und zahlreiche Grafen, aus fremden Ländern den Thronfolger von Kastilien und sogar den Kaiser von Byzanz. Man wartete auf die Ankunft des Herzogs von Österreich mit großem Gefolge. Dem hatte der Staufer schlicht befohlen, sich "mitsamt Deiner Nichte" - gemeint war Gertrud -, "Unserer zukünftigen Gemahlin, in Verona einzufinden" und genau bezeichnete Fürsten mitzubringen, die seiner feierlichen Verlobung beiwohnen sollten. Es würde der vierte Eheschluss Friedrichs II. sein und wie immer eine politische Heirat, ohne dass sich die Brautleute je vorher gesehen hätten.
Beim letzten Mal, bei Isabella, der Schwester des englischen Königs, hatten sich hochrangige Vertraute des Kaisers in Westminster wenigstens die Auserwählte vorführen lassen, da die zweite kaiserliche Ehe ein Desaster gewesen war und Friedrich der Ruf vorausging, bei seinen zahllosen Liebschaften anspruchsvoll zu sein.
Isabella von England, die Einundzwanzigjährige, hatte die Delegation jedoch gleich verzaubert, und bei ihrer Anreise zum Kaiserhof hatte ihr ganz Köln einen Monat lang zu Füßen gelegen. Wie ihre beiden Vorgängerinnen war sie früh gestorben, und mit einem einzigen legitimen Sohn musste der Herrscher, selbst schon einundfünfzig Jahre alt, besorgt sein, die Erbfolge aufs Spiel zu setzen, da seine Bastarde nur wenig zählten.
Gertrud von Babenberg war erst neunzehn, doch bereits seit 1238 mit dem Kronprinzen von Böhmen verlobt, was Friedrich aber nicht kümmerte. Abgesehen davon, dass er von der jungen Frau Söhne erhoffte, sollte ihm das Heiratsbündnis mit dem Österreicher Entlastung in seinen Konflikten in Italien und mit dem Papst bringen, aber er hatte dem Herzog auch etwas zu bieten: Er wollte diesen nämlich zum König machen und Österreich damit in denselben Rang wie die Nachbarn Böhmen und Ungarn erheben. Damit wäre die Geschichte der Babenberger, die im Herzogtum Austria seit 270 Jahren regierten, auf ihren Gipfel gelangt.
Der Österreicher kam nach Verona tatsächlich in imponierender Begleitung - doch Gertrud fehlte. Man kann sich vorstellen, wie demütigend die Lage für den Kaiser der Römer war, und kaum wagten die Autoren der Zeit für die Peinlichkeit den Griffel zu führen. Immerhin verbargen sie nicht, dass Gertrud mit Friedrich, der exkommuniziert war und dem die Absetzung drohte, ihr Seelenheil und ihre Zukunft nicht aufs Spiel setzen wollte; die Vertreter der Kirche hatten ihrer Einsicht zweifellos nachgeholfen, aber trotzdem zeugt ihre Haltung von einem beispiellosen Mut und einem Stolz, der sich aus jahrhundertelangem Adel speiste. Im folgenden Jahr heiratete sie lieber ihren jungen Prinzen, und Österreich hatte die Chance zur eigenen Königswürde ein für allemal verpasst.
Wer sich mit den Frauen Friedrichs II. (1194 bis 1250) beschäftigt, wie es der Journalist Uwe A. Oster in einer Monographie getan hat, stößt schnell auf den ständigen Wechsel kurzlebiger Verhältnisse, sei es ehelicher, sei es außerehelicher Art. Abgesehen von der Willkür des Todes verschränkten sich dabei die besonderen politischen Bedingungen des Reiches und persönliche Anlagen und bildeten wiederkehrende Handlungsmuster.
Die Riesenaufgabe der Herrschaft, ein Reich von Sachsen bis Sizilien zusammenzuhalten, hatte Friedrich schon als Kleinkind seinen Eltern entfremdet; der Vater sah ihn höchstens zweimal bei kurzen Besuchen, die Mutter musste ihn schon wenige Monate nach der Geburt zu Pflegeeltern geben. Von seinen Ehefrauen war Friedrich dann selbst manchmal jahrelang getrennt. Nur selten stößt man auf größere persönliche Nähe, so zweifellos zu der nicht ebenbürtigen Bianca Lancia, die ihm als Geliebte mehrere Kinder schenkte, doch wohl erst als Sterbende seine Ehefrau werden konnte.
Gewiss lassen weder die Lebensumstände noch die Quellen Äußerungen besonderer Emotionen erwarten, aber ein Vergleich mit dem etwas jüngeren Zeitgenossen Ludwig IX. "dem Heiligen" von Frankreich (1214 bis 1270) deutet noch auf etwas anderes hin: Die zentralitätsbildende Monarchie des europäischen Westens erzwang zwar nicht, begünstigte aber stärkere persönliche Bindungen. Wie bei Friedrich seine Mutter Konstanze von Aragón hat Ludwigs Mutter Blanka von Kastilien die ersten Jahre für den verwaisten Sohn die Regentschaft geführt, diese aber als Mitregierung noch weit über dessen Volljährigkeit hinaus beibehalten. Die Zuneigung von Mutter und Sohn ist hier deutlich bezeugt; sie hat Ludwigs Ehefrau bis zum Tod der Mutter (1252) zweifellos stark belastet. Der keusche König, der die Prostitution verachtete, scheint auch nur bei seiner Frau Margarete von der Provence gelegen zu haben. Mit ihr hatte er, der anders als das Einzelkind Friedrich selbst mit zahlreichen Geschwistern aufgewachsen war, selbst elf Kinder. In Frankreich konnte man, wenn Charakter und Erziehung das Ihre beisteuerten, als König doch wohl leichter heilig werden als im römisch-deutschen Reich.
Im Ganzen, so möchte es nach Osters Buch erscheinen, können wir über die Frauen der mittelalterlichen Herrscher nur wenig wissen. Nur wo sie als Figuren im Spiel der Mächtigen bewegt und gelegentlich selbst aktiv werden, gewinnen sie bei ihm ein wenig Profil. Leider hat der Autor aber seinen Anspruch nicht einlösen können, die Geschichte Friedrichs II. aus der Perspektive seiner Frauen zu schreiben. Eine leitende Fragestellung, gar ein bedrängendes Problembewusstsein hat ihn nirgends angetrieben. So bietet sein Werk anspruchslose gedankliche Kost und bei jeglichem Mangel an literarischer Ambition nicht einmal gute Unterhaltung.
MICHAEL BORGOLTE
Uwe A. Oster: "Die Frauen Kaiser Friedrichs II." Piper Verlag, München 2008. 256 S., 16 farb. Bildtafeln, geb., 18,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Kaiser Friedrich II. liebte die Frauenwelt und wechselte gern und oft seine Partnerin. Aber wer waren die Damen? Uwe A. Oster hat sich auf ihre Spuren begeben.
Es geschah im Juni 1245 in Verona. Kaiser Friedrich II. hatte eine illustre Schar um sich versammelt, seinen Sohn König Konrad, den Erzbischof von Salzburg, die Bischöfe von Freising, Passau, Regensburg, Trient und Worms, Äbte bedeutender Klöster, zwei Herzöge und zahlreiche Grafen, aus fremden Ländern den Thronfolger von Kastilien und sogar den Kaiser von Byzanz. Man wartete auf die Ankunft des Herzogs von Österreich mit großem Gefolge. Dem hatte der Staufer schlicht befohlen, sich "mitsamt Deiner Nichte" - gemeint war Gertrud -, "Unserer zukünftigen Gemahlin, in Verona einzufinden" und genau bezeichnete Fürsten mitzubringen, die seiner feierlichen Verlobung beiwohnen sollten. Es würde der vierte Eheschluss Friedrichs II. sein und wie immer eine politische Heirat, ohne dass sich die Brautleute je vorher gesehen hätten.
Beim letzten Mal, bei Isabella, der Schwester des englischen Königs, hatten sich hochrangige Vertraute des Kaisers in Westminster wenigstens die Auserwählte vorführen lassen, da die zweite kaiserliche Ehe ein Desaster gewesen war und Friedrich der Ruf vorausging, bei seinen zahllosen Liebschaften anspruchsvoll zu sein.
Isabella von England, die Einundzwanzigjährige, hatte die Delegation jedoch gleich verzaubert, und bei ihrer Anreise zum Kaiserhof hatte ihr ganz Köln einen Monat lang zu Füßen gelegen. Wie ihre beiden Vorgängerinnen war sie früh gestorben, und mit einem einzigen legitimen Sohn musste der Herrscher, selbst schon einundfünfzig Jahre alt, besorgt sein, die Erbfolge aufs Spiel zu setzen, da seine Bastarde nur wenig zählten.
Gertrud von Babenberg war erst neunzehn, doch bereits seit 1238 mit dem Kronprinzen von Böhmen verlobt, was Friedrich aber nicht kümmerte. Abgesehen davon, dass er von der jungen Frau Söhne erhoffte, sollte ihm das Heiratsbündnis mit dem Österreicher Entlastung in seinen Konflikten in Italien und mit dem Papst bringen, aber er hatte dem Herzog auch etwas zu bieten: Er wollte diesen nämlich zum König machen und Österreich damit in denselben Rang wie die Nachbarn Böhmen und Ungarn erheben. Damit wäre die Geschichte der Babenberger, die im Herzogtum Austria seit 270 Jahren regierten, auf ihren Gipfel gelangt.
Der Österreicher kam nach Verona tatsächlich in imponierender Begleitung - doch Gertrud fehlte. Man kann sich vorstellen, wie demütigend die Lage für den Kaiser der Römer war, und kaum wagten die Autoren der Zeit für die Peinlichkeit den Griffel zu führen. Immerhin verbargen sie nicht, dass Gertrud mit Friedrich, der exkommuniziert war und dem die Absetzung drohte, ihr Seelenheil und ihre Zukunft nicht aufs Spiel setzen wollte; die Vertreter der Kirche hatten ihrer Einsicht zweifellos nachgeholfen, aber trotzdem zeugt ihre Haltung von einem beispiellosen Mut und einem Stolz, der sich aus jahrhundertelangem Adel speiste. Im folgenden Jahr heiratete sie lieber ihren jungen Prinzen, und Österreich hatte die Chance zur eigenen Königswürde ein für allemal verpasst.
Wer sich mit den Frauen Friedrichs II. (1194 bis 1250) beschäftigt, wie es der Journalist Uwe A. Oster in einer Monographie getan hat, stößt schnell auf den ständigen Wechsel kurzlebiger Verhältnisse, sei es ehelicher, sei es außerehelicher Art. Abgesehen von der Willkür des Todes verschränkten sich dabei die besonderen politischen Bedingungen des Reiches und persönliche Anlagen und bildeten wiederkehrende Handlungsmuster.
Die Riesenaufgabe der Herrschaft, ein Reich von Sachsen bis Sizilien zusammenzuhalten, hatte Friedrich schon als Kleinkind seinen Eltern entfremdet; der Vater sah ihn höchstens zweimal bei kurzen Besuchen, die Mutter musste ihn schon wenige Monate nach der Geburt zu Pflegeeltern geben. Von seinen Ehefrauen war Friedrich dann selbst manchmal jahrelang getrennt. Nur selten stößt man auf größere persönliche Nähe, so zweifellos zu der nicht ebenbürtigen Bianca Lancia, die ihm als Geliebte mehrere Kinder schenkte, doch wohl erst als Sterbende seine Ehefrau werden konnte.
Gewiss lassen weder die Lebensumstände noch die Quellen Äußerungen besonderer Emotionen erwarten, aber ein Vergleich mit dem etwas jüngeren Zeitgenossen Ludwig IX. "dem Heiligen" von Frankreich (1214 bis 1270) deutet noch auf etwas anderes hin: Die zentralitätsbildende Monarchie des europäischen Westens erzwang zwar nicht, begünstigte aber stärkere persönliche Bindungen. Wie bei Friedrich seine Mutter Konstanze von Aragón hat Ludwigs Mutter Blanka von Kastilien die ersten Jahre für den verwaisten Sohn die Regentschaft geführt, diese aber als Mitregierung noch weit über dessen Volljährigkeit hinaus beibehalten. Die Zuneigung von Mutter und Sohn ist hier deutlich bezeugt; sie hat Ludwigs Ehefrau bis zum Tod der Mutter (1252) zweifellos stark belastet. Der keusche König, der die Prostitution verachtete, scheint auch nur bei seiner Frau Margarete von der Provence gelegen zu haben. Mit ihr hatte er, der anders als das Einzelkind Friedrich selbst mit zahlreichen Geschwistern aufgewachsen war, selbst elf Kinder. In Frankreich konnte man, wenn Charakter und Erziehung das Ihre beisteuerten, als König doch wohl leichter heilig werden als im römisch-deutschen Reich.
Im Ganzen, so möchte es nach Osters Buch erscheinen, können wir über die Frauen der mittelalterlichen Herrscher nur wenig wissen. Nur wo sie als Figuren im Spiel der Mächtigen bewegt und gelegentlich selbst aktiv werden, gewinnen sie bei ihm ein wenig Profil. Leider hat der Autor aber seinen Anspruch nicht einlösen können, die Geschichte Friedrichs II. aus der Perspektive seiner Frauen zu schreiben. Eine leitende Fragestellung, gar ein bedrängendes Problembewusstsein hat ihn nirgends angetrieben. So bietet sein Werk anspruchslose gedankliche Kost und bei jeglichem Mangel an literarischer Ambition nicht einmal gute Unterhaltung.
MICHAEL BORGOLTE
Uwe A. Oster: "Die Frauen Kaiser Friedrichs II." Piper Verlag, München 2008. 256 S., 16 farb. Bildtafeln, geb., 18,- [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Der in Berlin lehrende Historiker Michael Borgolte kann Uwe A. Osters Monografie über die Frauen im Leben des Staufer-Kaisers Friedrich II. nichts Gutes abgewinnen. Auch wenn der Rezensent um die schwierige Quellenlage weiß, vermisst er in Osters Werk einen fesselnden Ansatz und auch das "Problembewusstsein", mit dem der Autor an sein Thema geht, scheint dem Rezensenten wenig ausgeprägt. Dem formulierten Vorsatz, aus dem Blickwinkel der Ehefrauen und Geliebten von Friedrich II. zu berichten, wird der Autor ebenfalls nicht gerecht, meckert Borgolte weiter, der schließlich zu Protokoll gibt, dass er sich nicht einmal gut unterhalten hat.
© Perlentaucher Medien GmbH
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