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Während eines Aufenthaltes in Paris mit ihrem Mann kommt die vierzigjährige Berie ins Sinnieren und erinnert sich an ihre Jugend, die ersten Flirts und die beste Freundin. Poetisch und voller Sprachwitz erzählt Lorrie Moore vom Aufbruch ins Leben.

Produktbeschreibung
Während eines Aufenthaltes in Paris mit ihrem Mann kommt die vierzigjährige Berie ins Sinnieren und erinnert sich an ihre Jugend, die ersten Flirts und die beste Freundin. Poetisch und voller Sprachwitz erzählt Lorrie Moore vom Aufbruch ins Leben.
Autorenporträt
Lorrie Moore, geb. 1957 in Glens Falls, New York, lebt in Madison und lehrt Anglistik an der University of Wisconsin. Moore gehört zu den renommiertesten Autorinnen zeitgenössischer amerikanischer Literatur.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.09.1996

Der Busen ist ein Spukgespenst
Lorrie Moore war auch einmal ein Mädchen

Auf die Suche nach der verlorenen Weiblichkeit begeben sich Schriftstellerinnen noch immer an Hand der Muster der männlichen Literatur. Die Seele, die Verena Stefan Ende der siebziger Jahre in ihrem Roman "Häutungen" enthüllte, war in einem Körper voll plumper erotischer Wünsche eingesperrt, wie sie sich die männliche Pornographie ausgedacht hat. Und die rabiaten Ehefrauen von Elfriede Jelinek sind nichts als Kopien der Schwankfiguren, die mit dem Nudelholz den Mann begrüßen, Karikatur also der Karikatur. Auch in den Kinder- und Jugendbüchern genießen die Mädchen nicht ihre eigene Freiheit, sondern die von Knaben, sie steigen auf Bäume und spielen Indianer, sind Wildfänge und süße Bengel, die man am liebsten in Lederhosen stecken möchte.

In Lorrie Moores "Froschkönigin" enthalten die ersten fünfzig Seiten Szenen einer Kindheit, die kein literarisches Modell vorgeschrieben hat und die deshalb wohl auch nicht der Vorschlag für ein ganz neues Modell, eines aus weiblicher Erfahrung nämlich, werden können. Die Anekdoten von einer Mädchenfreundschaft sind taufrisch aus der persönlichen Erinnerung aufs Papier gebracht, und obwohl sie jeder, der einmal ein Mädchen war, wiedererkennt, reden sie doch nicht wie gedruckt. Nur der deutsche Roman in der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts hat manchmal Szenen aus dem Leben von solch eindringlicher Zufälligkeit beschrieben, die ihren poetischen Reiz gerade daraus beziehen, daß sie nicht noch einmal erzählt werden können.

Die Freundschaft der beiden fünfzehnjährigen Mädchen lebt von der Bewunderung der einen für die andere, der Pechmarie für die Goldmarie, sie hat nichts von knabenhaft-pubertärer Konkurrenz und dient nicht der Einübung in die Gesten des späteren Lebens. Ein großäugiges Staunen bindet die eine an die andere, ihre Bewunderung für die hohe Figur der Freundin, ihr blondes Haar, ihren schönen Busen - überhaupt: Der Busen ist das Spukgespenst, das die Phantasie dieser Mädchen kitzelt.

Unschuldig kann ein erotisches Spiel nicht sein, denn was sonst wäre in diesen frühen Jahren schuldig, aber es ist unbeschwert und unmittelbar zu Gott, wenn schließlich die beiden Freundinnen die Mutter so lange quälen, bis sie sie endlich einmal ihren Busen sehen läßt - wann wäre kicherndes Vergnügen je ein literarisches Motiv gewesen? Auch das "Froschhospital", in dem die beiden Mädchen verunglückte Frösche pflegen und ihnen die malträtierten Beine bandagieren - der amerikanische Titel "Who Will Run the Frog Hospital" ist in der Übersetzung einem billigen Märchenschema angepaßt worden -, ist die Erfindung eines Spieltriebs, so sinnlos-schön, wie ihn nur junge Tiere haben, von denen wohl noch keine Literatur erzählt hat.

Tausend solcher kleinen Szenen hätten zwar keinen Roman ergeben, wohl aber ein Schatzkästlein des Kinderglücks und eine heitere Lektüre. Heiterkeit freilich ist nur ein kurzer Zustand des Wohlbehagens und Diskontinuität ihre notwendige Voraussetzung. In der Literatur kommt sie so selten vor, weil aus unzusammenhängenden Vergnüglichkeiten noch keine Handlung mit gehörigem Abschluß wird.

Auch Lorrie Moore mußte daher ihre Kindheitserinnerungen mit melancholischem Schwarz umrahmen und sie auf den roten Faden eines Entwicklungsromans auffädeln, um sich als Autorin vorzustellen. Sie hat also ein Werk zustande gebracht, dem zwar nicht der Charme, wohl aber das Ungewöhnliche abhanden gekommen ist. Die Freundinnen müssen erwachsen werden, denn nur so schließen sich ihre Erlebnisse zum Werk.

Zunächst also opfern sich die Mädchen füreinander, verhelfen sich durch kleine verbrecherische Tricks zu dem Geld, das für eine Abtreibung nötig ist, einer von ihnen werden deshalb einmal kurz Handschellen angelegt, und diese landet auch noch im Internat, schließlich verzweigen sich ihre Wege und münden in die Ehe, die nicht unglücklich, aber auch nicht glücklich ist - kurz: nach den ersten fröhlichen Seiten dieses Buches beginnt ein weiblicher Lebenslauf, so erdenklich wie je und zu lesen wie schon so oft. HANNELORE SCHLAFFER

Lorrie Moore: "Froschkönigin". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Patricia Klobusiczky. Rowohlt Verlag, Reinbek 1996. 190 S., geb., 36,- DM.

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