„Die fünf Gaben (Valenias Töchter 1)“ von Rebecca Ross ist ein Fantasyroman für Jugendliche ab 14 Jahren und erfüllt sämtliche Erwartungen an dieses Genre. Leider, muss ich ergänzen, denn ich hätte mir gewünscht, dass die Autorin hier und da mit den Erwartungen bricht, überrascht und mich auf eine
unbekannte Reise mitnimmt. So ist die Geschichte solide und durchaus spannend und schön zu lesen,…mehr„Die fünf Gaben (Valenias Töchter 1)“ von Rebecca Ross ist ein Fantasyroman für Jugendliche ab 14 Jahren und erfüllt sämtliche Erwartungen an dieses Genre. Leider, muss ich ergänzen, denn ich hätte mir gewünscht, dass die Autorin hier und da mit den Erwartungen bricht, überrascht und mich auf eine unbekannte Reise mitnimmt. So ist die Geschichte solide und durchaus spannend und schön zu lesen, bietet mir aber nichts Neues. Darüber hinaus gibt es weitere Aspekte, die mich etwas störten, auf die ich in meiner Rezension zu sprechen kommen werde.
Allem voran: Brauchen wir wirklich noch eine Geschichte, in der sich Frauen in fünf sogenannten Passionen ausbilden lassen, um anschließend einen Gönner zu finden? Gut, die Gönner können sowohl männlich als auch weiblich sein, doch die Passionen entsprechen sehr einem überholten Rollenbild von Frauen. So werden die jungen Mädchen je nach Gabe in diesen Passionen unterrichtet: Kunst, Musik, Schauspiel, Esprit oder Wissen. Wissen wäre noch die emanzipierteste Passion, da es hier darum geht, sich in verschiedensten Fachrichtungen weiterzubilden, wie zum Beispiel Medizin oder Geschichte. Das Gesamtbild ist mir aber zu einseitig. Brienna wird im Wissen unterrichtet und lernt viel über die Geschichte ihres Landes, Valenia. Dabei stößt sie auf ein großes Unrecht, dass dem Nachbarkönigreich Maveana widerfahren ist.
An dieser Stelle gibt es in „Die fünf Gaben“ einen positiveren Twist, denn in Maevana waren es ursprünglich stets die Frauen, die als Königinnen auf dem Thron saßen und das Land regierten. Bis es zu einem Krieg kam, in dessen Folge ein Mann zum König ernannt und mögliche Thronfolgerinnen getötet wurden. Dieses Unrecht gilt es wieder ungeschehen zu machen und Brienna findet sich mittendrin, da sie eine wichtige Schlüsselfunktion innehat. Diese Entwicklung hat mir gut gefallen, da der Fokus von der Ausbildung weg, hin zu einer starken Protagonistin geht. Brienna steht im Rest des Buches mutig für das ein, woran sie glaubt und fürchtet keine der vielen Gefahren.
Allerdings konnte mich diese Entwicklung nicht immer vollständig überzeugen, da sie teils zu oberflächlich dargestellt wurde. Das möchte ich an einem Beispiel kurz erläutern: Brienna muss nicht nur in kürzester Zeit sehr viel Neues über Maevana und die Geschichte des Landes lernen, sie befindet sich zudem in völlig neuer Gesellschaft – und zwar in der ihres Gönners und seiner Familie. Diese Familie spielt eine zentrale Rolle und Brienna nimmt die Zielen der Familie sehr schnell und bedingungslos als ihre eigenen an. Sie vertraut ihrem Gönner, der sie als Tochter adoptiert, in kürzester Zeit, ohne ihn wirklich zu kennen und sie fühlt sich ihrem „Vater“ verbunden, als wäre er ihr leiblicher Vater. Für mich nicht nachvollziehbar.
Dieser Eindruck von Oberflächlichkeit zieht sich bis zum Ende des Buches weiter. Brienna war mir als Protagonistin zu farblos, ihre Ängste berührten mich kaum, gleiches gilt für ihre übrigen Gedanken. Teils kann ich das auf den Schreibstil zurückführen, der wenig auffällig ist und selten durch besondere Ausdrücke oder Bilder hervorsticht. Dadurch fehlt es der Gedanken- und Gefühlswelt von Brienna leider oft an Schärfe und Individualität. Der Vorteil des Schreibstils: Das Buch liest sich wahnsinnig schnell und flüssig.
Abseits der Kritikpunkte, die selbstverständlich sehr persönlicher Natur sind, gibt es natürlich auch einige positive Aspekte. Was mir extrem gut gefiel war, dass in „Die fünf Gaben“ keine Liebesgeschichte im Mittelpunkt steht. Sie wird in vielen Momenten angedeutet, doch sie nimmt niemals so viel Raum ein, als dass alle anderen Handlungen daneben verblassen. Auch war die Liebesgeschichte realistisch und nachvollziehbar. Das Abenteuer ist für sich genommen ebenfalls gut. Magie, Königreiche, Könige und Königinnen, Legenden, Kriege und Aufstände. Eine tolle Mischung, aus der Rebecca Ross meiner Meinung nach schlicht noch mehr hätte herausholen können.