Examensarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,0, Universität Mannheim (Neuere Germanistik), Sprache: Deutsch, Abstract: Im Mai 2008 erschien der Debutroman Feuchtgebiete von Charlotte Roche in Deutschland. Innerhalb kürzester Zeit löste er eine Diskussion aus, was Literatur darf und was nicht, und ob ein solches Buch lesenwert sei. Bemerkenswert ist dabei einmal, dass diese Diskussion nicht ausschließlich in den Feuilletons der Zeitungen geführt wurde, sondern, durch Talkshows und ausgedehnte Lesereisen der Autorin Charlotte Roche angefeuert, auch die Leserschaft und damit den Teil der Gesellschaft, der durch Zeitungen nicht angesprochen wird. Dabei spalteten sich diese in zwei gegensätzliche Lager: die einen finden das Buch absolut unlesbar und die anderen meinen, dass Frau Roche endlich etwas ausgesprochen habe, das schon längst hätte ausgesprochen werden müssen.Die Zeitungen erweckten den Eindruck, der besagte Roman sei ein Skandalroman, der ein absolutes Tabu bräche, in diesem Fall die Sexualität einer jungen Frau und deren Körperlichkeit inklusive der biologischen Prozesse derselben, und dass sie Dinge sage, die heute wie auch früher nicht ausgesprochen, geschweige denn öffentlich geschrieben werden dürfen. Dennoch oder gerade deswegen verkaufte der Roman sich außerordentlich gut. Doch wird hier tatsächlich ein Tabu gebrochen und wenn ja, welches? Dies ist eine der Fragen, die in der folgenden Arbeit geklärt werden. Zudem stelle ich die These auf, dass die obszöne Sprache der Protagonistin Helen, also die benutzten Ausdrücke wie auch die beschriebenen Situationen, nicht nur dazu dient, den Leser zu schockieren, sondern darüber hinaus eine Funktion erfüllt. Da die Sprecherin dieser Sprache die Hauptfigur und gleichzeitig die einzige Erzählinstanz der Geschichte ist, werde ich besonders der Frage nach dem Erzähler, seiner Perspektive und seinem Standort nachgehen. Denn auch, wenn uns die Berichte in der Zeitung das glauben machen wollen, eine derbe Ausdrucksweise und bildliche Berichte über sexuelle und sehr körperliche Tätigkeiten sind in Schrift und Bild keineswegs neu, genauso wenig wie die Diskussion darüber. Das Obszöne hat in der Literatur eine lange Tradition und diente nicht nur der Abschreckung, sondern bediente vielmehr eine heimliche Lust am Verbotenen. Das Obszöne und das Pornographische, wie auch das Komische und das Kunstvolle, sind nicht immer klar voneinander zu trennen, gewisse Unschärfen diesbezüglich sind der Ambiguität der Begriffsgeschichte geschuldet, die ich vorangestellt habe.
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