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»Was tue ich eigentlich die ganze Zeit, während ich denke, daß ich spreche?« »Soll (will und kann) ich die Dinge mit den Augen derer sehen, die sie selber nicht mehr sehen oder noch nicht?« - Die elfunddreißig Ichs, welche in Oswald Eggers lyrischem Roman wie augenblicklich umgehende Schelmwesen toben, verflüchtigen sich in etwas, was - seit Augustinus - die ganze Zeit verheißt: Aufmerksamkeit, Erwartung und Erinnerung in einem. Die Jetzt-Sätze der Erzählung springen feixend ineinander: Gnome, Habergeißen und anderes Wolkengetier erringen fabelhaftes Eigenleben und hüpfen von der Maskenbühne…mehr

Produktbeschreibung
»Was tue ich eigentlich die ganze Zeit, während ich denke, daß ich spreche?« »Soll (will und kann) ich die Dinge mit den Augen derer sehen, die sie selber nicht mehr sehen oder noch nicht?« - Die elfunddreißig Ichs, welche in Oswald Eggers lyrischem Roman wie augenblicklich umgehende Schelmwesen toben, verflüchtigen sich in etwas, was - seit Augustinus - die ganze Zeit verheißt: Aufmerksamkeit, Erwartung und Erinnerung in einem. Die Jetzt-Sätze der Erzählung springen feixend ineinander: Gnome, Habergeißen und anderes Wolkengetier erringen fabelhaftes Eigenleben und hüpfen von der Maskenbühne tolldreist ins Parterre der Ungereimtheit. Sie führen dort ungeheure, verblichene, oft schroffe Szenerien einer bald abenteuerlichen, bald wilden Jagd nach Vergeblichem auf, wobei gilt: Zeit ist Welt.

Oswald Egger erbrachte in Diskrete Stetigkeit den »Nachweis, daß man über poetische Prinzipien und Muster verstörender, frischer, befreiter denken kann als so, daß es eben wieder zu den üblichen Gedichten führt« (Jörg Drews). Jetzt bringt Die ganze Zeit das Denken und die Genres in Bewegung: 800 wortdichte, einnehmende, mit sprachlichem Aplomb vom Autor typografisch gestaltete Seiten. Welche Welt!
Autorenporträt
Oswald Egger wurde 1963 in Lana/Südtirol geboren. Seine Prosa und Gedichte sind in mehrere Sprachen übersetzt und wurden vielfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem Georg-Büchner-Preis 2024. Seit 2011 ist er Professor für Sprache und Gestalt an der Muthesius Kunsthochschule in Kiel. 2014 erhielt er das Villa-Massimo-Stipendium, 2020 das Robert-Musil-Stipendium. Oswald Egger lebt und arbeitet auf der Raketenstation Hombroich.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.07.2010

Wirbel um Schlafmittel im Buchhandel

rik. BERLIN, 28. Juli. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) hat Pläne des Gesundheitsministeriums zurückgewiesen, den Verkauf bestimmter Schlafmittel über den Sortimentsbuchhandel auch offiziell freizugeben. Wie ein Sprecher der ABDA gestern in Berlin mitteilte, sehen die Verbandsmitglieder die Gesetzesnovelle zur Freigabe von schweren Hypnotica als weiteren Schlag gegen die qualifizierte Arzneimittelversorgung der Bevölkerung. "Nur der Fachhandel garantiert eine kompetente Beratung", so die ABDA. Selbst erfahrene Buchhändler wüssten oft nicht, welche Risiken die von ihnen immer häufiger angebotenen Nebenprodukte beinhalteten.

Anlass des jüngsten Streits ist der umstrittene Vertrieb eines gerade erschienenen, hochwirksamen Produkts der neueingerichteten Suhrkamp-Pharma-Sparte über den stationären Buchhandel: "Die ganze Zeit" heißt das von dem Südtiroler Experimentalautor Oswald Egger in Zusammenarbeit mit der alchemistischen Forschungsabteilung des Suhrkamp-Lektorats entwickelte Schlafmittel auf säure- und humorfreier Papier-Prosa-Basis. Neben dem innovativen, mehrspaltigen Layout und den zahlreichen eingestreuten Zeichnungen, die an Seemannsknoten oder auch den Mathe-Leistungskurs erinnern, haben sich Egger und sein Team vor allem eine neuartige Verbindung von Wirkstoff und Beipackzettel patentieren lassen, die sogenannte "endlose Reflexionsschleife", deren vollständige Wirkungsweise noch gar nicht erforscht ist.

Renommierte Schlafforscher halten daher die flächendeckende Freigabe des auffallend günstigen Präparats (44,80 Euro für 744 Seiten unverdünnter Druckfarbe) für bedenklich. Eine einzige Seite genüge unter Umständen schon zum sofortigen Wegnicken. "Sätze wie ,Ganz langsam wankt die grüne Linie am Lid' oder ,So lange ein ungefrorenes Vieh siedet, so lange warte ich', zwei von Tausenden ähnlicher, wirken unmittelbar. Da kann man gar nicht wach bleiben", so ein Testleser: "Das ist nicht mehr mit der Edition Suhrkamp zu vergleichen. Die war gegen diese Egger-Pille ja praktisch ein Aufputschmittel." Das neue, unter anderem auf der ehemaligen Raketenstation Hombroich bei Neuss entwickelte Buchprodukt gehört zur Gruppe der Barbiturate. Das sind potente Schlafmittel mit hohem Risiko, da sie dosisabhängig nicht nur schlaffördernd, sondern geradezu schlaferzwingend wirken - vor allem, da sich die Wirkung in Verbindung mit gleichzeitigem Alkoholkonsum potenziert.

Suhrkamp-Chefentwicklerin Ulla Berkéwicz ("Zimzum") erklärte die ungewöhnliche Strategie des Verlags mit kabbalistischen Beschwörungsformeln. Die Verlagerung der Produktion von Frankfurt in die Hauptstadt habe sich so schon bezahlt gemacht: "Berlin ist ein Schlaflabor." Unterdessen wurden Überlegungen der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung (DGSM) und des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels bekannt, "Die ganze Zeit" für nach den Mitteln der Schulmedizin austherapierte Schlafstörungen einzusetzen. "Dieses Werk könnte die Schlafforschung revolutionieren", so ein bekannter Somnologe und Büchnerpreisträger. Der 1963 geborene Egger, der bereits vor zwei Jahren mit seiner Langzeitstudie "Diskrete Stetigkeit. Poesie und Mathematik" für große Unaufmerksamkeit sorgte, gilt unter Insidern nun als ernsthafter Anwärter auf den Nobelpreis für Chemie. Mitbewerber fürchten derweil, Suhrkamp könne als Nächstes auch in den lukrativen Markt für rezeptfreie Aphrodisiaka einsteigen.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Beatrice von Matt fühlt sich geehrt durch ihren neuen "Hausgenossen", den 742 Seiten starken Lyrikband "Die ganze Zeit" von Oswald Egger. Der neue Mitbewohner brauche viel Ruhe, könne aber immer, wenn einem danach ist, zur Hand genommen und mit Muße studiert werden, davon ist die Rezensentin überzeugt. Dann entfalte sich Eggers experimentelle Lyrik zu einer opulenten Verbindung zwischen Romantik und Moderne, wie die Rezensentin beinahe ehrfürchtig beschreibt. Sie preist den Gedichtband als ein echtes "Opus Magnum".

© Perlentaucher Medien GmbH
»So raunt der Text und entfaltet trotz aller hermetischen Schwere dennoch einen Sog. Der Grund dafür dürfte sein, dass diese komplexen Sprachgebilde einer inneren Zwangsläufigkeit folgen. Selbst Wortneuschöpfungen und 'Nicht-Worte', also sinnfreie Vokabeln, passen sich ein in den lyrischen Strom. So liest man, versteht und versteht doch nicht.« Enno Stahl Deutschlandfunk Kultur 20101122