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Seit der Frühzeit des Menschen hat das Mittelmeer die Welt unserer Vorfahren nachhaltig geprägt. Der Archäologe Cyprian Broodbank entwirft ein grandioses historisches Panorama dieses Meeres - von den Tagen der ersten Begegnung der Hominiden mit dem neuen Lebensraum vor 1,5 Millionen Jahren bis zum Beginn der Klassischen Antike. Cyprian Broodbank führt uns an die Küsten des Mittelmeers und lässt die angrenzenden Kulturräume längst vergangener Epochen wieder lebendig werden. Gemeinsam mit ihm umrunden wir wieder und wieder das Mittelmeer und lernen die seit den Tagen der Jäger und Sammler…mehr

Produktbeschreibung
Seit der Frühzeit des Menschen hat das Mittelmeer die Welt unserer Vorfahren nachhaltig geprägt. Der Archäologe Cyprian Broodbank entwirft ein grandioses historisches Panorama dieses Meeres - von den Tagen der ersten Begegnung der Hominiden mit dem neuen Lebensraum vor 1,5 Millionen Jahren bis zum Beginn der Klassischen Antike. Cyprian Broodbank führt uns an die Küsten des Mittelmeers und lässt die angrenzenden Kulturräume längst vergangener Epochen wieder lebendig werden. Gemeinsam mit ihm umrunden wir wieder und wieder das Mittelmeer und lernen die seit den Tagen der Jäger und Sammler aufblühenden Gesellschaften kennen. Wir begleiten die ersten Menschen, die sich bereits in Einbäumen auf die See wagten, besuchen Fischer, Bauern und Handwerker in ihren Dörfern und lernen die Machtzentren der Alten Welt kennen, deren Herrscher und Eliten Rohstoffe und andere Schätze aus "Übersee" begehrten. Wir erkennen das immer engmaschigere Netz der Hochkulturen, das sich nach und nach über das Meer in der Mitte breitet, und sehen Handelsschiffe und Kriegsflotten, die von der Straße von Gibraltar bis nach Tyros und von Etrurien bis Alexandria das Mittelmeer durcheilen, um an dessen unfassbarem Reichtum teilzuhaben, von dem noch in unseren Tagen atemberaubende archäologische Zeugnisse künden.
Autorenporträt
Cyprian Broodbank ist Professor für Archäologie an University of Cambridge and director of the McDonald Institute for Archaeological Research.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.03.2018

Von Ugarit nach Marseille
Das Mittelmeer war und ist eine Schicksalsregion. Der Archäologe Cyprian Broodbank erzählt,
wie die Menschen den Winden trotzten – und wie sie so einen einzigartigen Kultur- und Wirtschaftsraum schufen
VON JOHAN SCHLOEMANN
Dies ist eine Reise, die man nie wieder vergisst. Man wird sich, wie es so ist im Leben, nicht mehr erinnern an jeden Ortsnamen, jedes Datum, jede Fischgräte, jede Scherbe, jeden Hafen. An all das also, was man unterwegs gezeigt bekam und was für sich genommen schon interessant war. Aber wie über Millionen Jahre, und dann in entscheidenden Zehntausenden Jahren, von der Natur und von sehr hartnäckigen Menschen eine Schicksalsregion der Weltgeschichte geformt wurde, die wir das Mittelmeer nennen – das kriegt man nicht mehr aus dem Kopf, wenn man mit dem englischen Archäologen Cyprian Broodbank bis zum Ende seiner großen Geschichte mitgefahren ist.
Das Mittelmeer nimmt nur ein Prozent aller Weltmeere ein, aber es ist das größte Gewässer, das überall von Land umschlossen ist. Es ist zerklüftet, gefährlich und fruchtbar. Meer und hohe Gebirge liegen, außer im östlichen Nordafrika, nah beieinander. Die Küsten sind 46 000 Kilometer lang, ein ganzes Drittel von dieser Küstenlinie gehört den Inseln. Das Wasser hat leckere Sardinen und fiese Winde, für die einst pustende Götter verantwortlich waren; am Land gibt es schroffe Schönheit, einige Vulkane und die Hälfte aller aroma- und ölhaltigen Pflanzenarten der Welt.
Jeder assoziiert mit dem Mittelmeer glitzerndes Wetter, duftende Kulturlandschaften und gutes Essen. Mancher auch Mafia, alte Monumente und Gestrigkeit, verfallenden Glanz. Die gewaltige Leistung von Cyprian Broodbank ist es, all das vom Touristischen aufs Elementare zurückzuführen. Viele Geschmäcker zum Beispiel, die wir mit der „mediterranen“ Küche verbinden, stammen eigentlich aus Nord- oder Südamerika oder Südasien. Aber die einheimischen Olivenbäume und die Weinreben, die vermutlich von Georgien in den Nahen Osten und zum Mittelmeer gewandert sind, haben dort uralte Wurzeln; was heute weltweit Gegenstand kulinarischer Verfeinerung ist – welche Sorte ist die beste? –, war dies zwar zum Teil auch schon im Altertum, aber erst einmal war es eine Grundlage der gesamten Kultur und Ökonomie des Mittelmeerraums zwischen Syrien und Spanien.
Noch viel weiter zurück, vor die Domestizierung von Pflanzen und die Sesshaftigkeit, reicht die Geschichte der Seefahrt – auch so etwas, was uns beinahe selbstverständlich gegeben erscheint, wegen der Gewöhnung an Flugzeuge, LKWs und Fähren, was aber jetzt, angesichts der Migration aus Afrika, wieder so unfassbar mutig aussieht, wie es am Anfang einmal war.
Unser Reiseführer, der in diesem Buch jeden Reiseführerton vermeidet, macht in der Frühzeit auch einmal auf der Insel Lampedusa zwischen Tunesien und Sizilien Halt und erklärt, wie die heutigen Flüchtlinge, die für die Überfahrt ihr Leben riskieren, dorthin oder gleich weiter nach Süditalien gelangen: nämlich „auf einer Route, die vor etwa 8000 Jahren mit Schiffen eröffnet wurde, die mindestens so seetüchtig waren wie die heutigen“.
Im Jahr 2015 sagte Cyprian Broodbank, der an der Universität Cambridge lehrt, bei einer Vorstellung der Originalausgabe („The Making of the Middle Sea“) in Amerika: „Wir leben in einem mediterranen Moment, und nicht in einem guten Sinne.“ Auch gegenwärtig wieder spaltet die Flucht übers Mittelmeer Europa und hat soeben die Parlamentswahl in Italien beeinflusst, auch nicht in einem guten Sinne.
Viele gute mediterrane Momente jedoch waren anfangs nötig, bis man überhaupt von einem verbundenen Kultur- und Wirtschaftsraum sprechen konnte. Auskunft darüber geben Grabungen, Genetik, Geologie und neuerdings auch hinzu gekommene Daten aus der Klimageschichte. Sehr lange wagten sich die Vor- und Frühmenschen gar nicht aufs Meer bei ihrem Aufbruch aus Afrika. Das sieht man klar an den separaten Spuren menschlicher Evolution auf den Routen nördlich und südlich des Mittelmeers, welches eben dadurch zur Aufspaltung der Arten in Neandertaler und Homo sapiens beitrug. Die Schaltstelle dieser Wanderungen war, wie auch für spätere Kulturschübe Richtung Mittelmeer, das heutige Krisengebiet zwischen syrischer, libanesischer, israelischer Küste und dem Irak, also die gesegnete, geplagte Levante.
Dann aber muss der Respekt vor den Salzfluten langsam geschwunden sein. Die Vorfahren, was immer sie sprachen oder grunzten oder gestikulierten, tasteten sich näher an den Strand vor. Das beweisen etwa 82 000 Jahre alte Muschelschalen, die durchbohrt sind, Ockerflecken aufweisen und in einer Höhle in Marokko gefunden wurden. Wann aber trauten sich diese Jäger und Sammler zum ersten Mal, auf wackeligen Flößen oder Baumstämmen ins ungewisse Element aufzubrechen, ohne sichtbares Ziel vor Augen?
Die Belege dafür sind nicht die ältesten Schiffswracks, sondern die viel älteren indirekten, aber eindeutigen Spuren der Bewegung übers Wasser, nämlich datierbares menschliches Leben auf Inseln, von denen man weiß, dass sie auch damals nicht mit dem Festland zusammenhingen. Der erste Preis dafür geht nach heutigem Stand nicht ans Mittelmeer, sondern an die Menschen, die um 45 000 v. Chr. sechzig bis einhundert Kilometer nach Australien überquert haben müssen.
Der früheste sichere Hinweis auf Seefahrt im Mittelmeer ist dann ein zwischen 30 000 und 16 800 v. Chr. zu datierender Menschenknochen in der Corbeddu-Höhle im Osten Sardiniens, das damals noch mit Korsika zusammenhing, aber auf jeden Fall nur übers Meer zu erreichen war. Um 10 000 v. Chr. schaffte man es dann nach Zypern. Und nicht lange danach begann etwas weiter östlich die „Revolution“ der Jungsteinzeit, die sich in drei Jahrtausenden Schritt für Schritt, durch „punktuelle Sprünge kleiner Pioniergruppen“ (Broodbank), in den Norden Europas und bis Spanien ausbreitete. Das Mittelmeer bekam damit aus dem Osten das ganze neue „Paket“ von Vorratsspeicherung, Nutztieren, Eigentumsvorstellungen und Hierarchien, autarken Haushalten und religiösen Ritualen, verband aber diese bäuerliche, bald auch städtische Lebensweise mit einem entscheidenden Plus: der Mobilität des Seehandels. Waren, Metalle, Menschen, Fertigkeiten und Geschichten gingen hin und her, erst auf Einbäumen, dann auf Segelbooten, später auch auf wendigen Kriegs- und Piratenschiffen.
Würde man nun auch nur in den allergrößten Sprüngen weiter durchmessen, was „Die Geburt der mediterranen Welt“ noch zu erzählen hat, bis dann in homerischer Zeit, also im 8. Jahrhundert v. Chr., schätzungsweise 20 Millionen Menschen im Mittelmeerraum lebten, Tendenz steigend, und bis um die Mitte des ersten vorchristlichen Jahrtausends Athen, Karthago und Rom aufstiegen, aufbauend auf jener lange zurückreichenden Kultur- und Mobilitätsgeschichte – keine Chance, dann wäre man noch viel schneller am Ende dieser Rezension, als man mit einem Motorboot von einer Kykladeninsel zur nächsten düsen kann. Wir müssen also zum Schluss die ganze Reise in den Blick nehmen: Cyprian Broodbank ist überhaupt der einzige Forscher in jüngerer Zeit, der es gewagt hat, eine Gesamt-Frühgeschichte des Mittelmeers auf aktuellem archäologischen Stand zu schreiben.
Das Buch will erklären, wie es überhaupt zu all dem kam, wovon Mittelmeergeschichten wie die von Fernand Braudel (1949) oder von Peregrine Horden und Nicholas Purcell („The Corrupting Sea“, 2000) erzählen. Kontinuitäten, Innovationen und Rückschläge bilden da ein wachsendes Netz an Erfahrungen, ohne das kein späterer historischer „Kick-off“ möglich wäre.
Es ist erstaunlich, wie Broodbank aus Massen von örtlich und zeitlich versprengten Spezialforschungen eine lesbare Synthese macht, ohne die lokalen Tempo- und Kulturunterschiede von Ugarit bis Marseille zu übergehen. Kleines und Großes hängt zusammen, etwa wenn das Mittelmeer von den Großreichen in Ägypten, Mesopotamien und Anatolien verändert wird, sich aber auch lange eine anarchische Unabhängigkeit bewahrt.
Über Einzelnes können Fachleute streiten, und sie tun es auch. Ethnische Faktoren werden, wohl etwas zu heutig gedacht, heruntergespielt, und die Erklärung für den Untergang der Paläste der Bronzezeit ist arg marktwirtschaftlich geraten. Beim Lesen dieses dicken Buches braucht man mal die zähe Ausdauer der Eiszeitmenschen, mal folgt man atemlos der kulturellen Dynamik. Aber die Erfahrung dieser großen Fahrt, wie gesagt, die bleibt.
Cyprian Broodbank: Die Geburt der mediterranen Welt. Von den Anfängen bis zum klassischen Zeitalter. Aus dem Englischen von Klaus Binder und Bernd Leineweber. Verlag C. H. Beck, München 2018. 951 Seiten, 44 Euro, E-Book 36,99 Euro.
Jeder assoziiert glitzerndes
Wetter, duftende Landschaften
und gutes Essen
Zur Sesshaftigkeit aus dem
Osten kam Entscheidendes
hinzu: der Handel übers Wasser
Mal muss der Leser zäh sein wie
die Frühmenschen, mal folgt er
atemlos der kulturellen Dynamik
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"Ein überaus detailreiches, spannendes Gemälde der Vor- und Frühgeschichte bis etwa 500 v. Chr."
Angesagt!, Christoph Auffahrt

"Wer diese engen Verknüpfungen, die Europas Gegenwart innen- wie außenpolitisch heute wieder entscheidend prägen, verinnerlichen will, der greife zu (diesem) Buch (...) ein Zeitpanorama von mehr als einer Million Jahren."
Neue Zürcher Zeitung, Thomas Speckmann

"Wer sich darin vertieft, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus."
Mannheimer Morgen, Hans-Dieter Füser

"Wer sich für das Mittelmeer interessiert, kann in diesem Buch tief tauchen (...) Broodbanks packende Schilderungen enden in der klassischen Antike - und machen große Lust auf eine Fortsetzung."
Stern

"(...) Ein Pageturner. Broodbank schreibt geistreich, spannend, ja verspielt witzig, andererseits zollt man ihm allergrößten Respekt für die intellektuell schier unfassbare Beherrschung eines derart breit aufgefächerten Riesenbündels an höchst unterschiedlichen Materien, Kulturen, Sprachen über Millionen von Jahren hinweg."
Alexander Kluy, Der Standard, 7. Juli 2018

"Mit großer erzählerischer Kraft, ja mit Leidenschaft bereitet Broodbank sein Wissen aus, stets anschaulich und voller fesselnder sprachlicher Eindringlichkeit. Es wird zu einem intellektuellen Vergnügen, seiner neuartigen Perspektive auf die Mittelmehrgesellschaften zu folgen."
Monika Melchert, Lesart, 2/2018

"Eine glänzend erzählte Enzyklopädie."
Romain Leick, LiteraturSPIEGEL, 31. März 2018

"Es ist erstaunlich, wie Broodbank aus Massen von örtlich und zeitlich versprengten Spezialforschungen eine lesbare Synthese macht."
Johan Schloemann, Süddeutsche Zeitung, 13. März 2018

"Das Panorama ist überwältigend. ... Dass das Werk mit dem renommiertesten britischen Preis für Geschichtsschreibung ausgezeichnet wurde, kann bei alldem nicht überraschen."
Praxis Geschichte, Michael Brabänder
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