Der Systemwechsel in Polen, dem zweitwichtigsten Land des Warschauer Paktes, gilt aufgrund seines friedlichen Verlaufs als Vorbild für eine gelungene Revolution. Vor dem Hintergrund der neuesten Entwicklungen auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion fragt Agnieszka Zagan´czyk-Neufeld nach den tieferen Ursachen für diesen glücklichen Ausgang.Die Autorin untersucht den politischen Diskurs und fragt nach dem Bezug zu den konkreten Handlungen, durch die in Polen ein weitgehend gewaltloser Wandel möglich wurde. Sie hinterfragt die etablierte Meistererzählung vom Zusammenbruch des Kommunismus aus reiner Systemschwäche und entdeckt folgenschwere Veränderungen im Denken über das Politische schon in den späten 1970er Jahren. Sie analysiert die Rolle der Intellektuellen, die Bedeutung der Untergrundpresse und die tatsächliche Bedeutung der Kirche für die Vorgänge. Auch die politische Strategie, mit der Ministerpräsident Jaruzelski während des Kriegsrechts den Machterhalt nach innen sichern, mit der Opposition im Dialog bleiben und gleichzeitig eine militärische Intervention der Nachbarstaaten vermeiden wollte, wird durchleuchtet. In ihre fundierte Analyse bezieht Agnieszka Zagan´czyk-Neufeld Konzepte von Reinhart Koselleck, Ernesto Laclau, Chantal Mouffe und Carl Schmitt ein - und leistet damit einen beeindruckenden Beitrag zur Neuen Politikgeschichte.
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Frankfurter Allgemeine ZeitungDie Partei mit einem geheimen Helden
Vielfältige Facetten zur Geschichte Polens vor und nach dem Umbruch von 1989
Dass die Solidarnosc sich zumindest aus der Rückschau als Anfang vom Ende des kommunistischen Systems in Ostmitteleuropa verstehen lässt, gehört mittlerweile zum Kernbestand der meisten Analysen und Darstellungen des Umbruchs von 1989. Das vorliegende Buch wählt einen breiteren Zugang, um die "geglückte Revolution" in Polen zu erklären. Es ist im Kern eine Diskursanalyse, die zeitlich nicht nur bis zur Solidarnosc, sondern vor allem bis zur Zäsur von 1976, der Gründung des Komitees zur Verteidigung der Arbeiter (KOR), zurückgreift, ansatzweise auch noch die oppositionellen Debatten nach Wladyslaw Gomulkas Machtantritt im Jahre 1956 einbezieht.
Diskurse werden hier als alternative Vorschläge zur Gestaltung der politischen Ordnung verstanden. Nur als "hegemoniale Diskurse" haben sie die Chance, in praktische Politik umgesetzt zu werden. Die Autorin Agnieszka Zaganczyk-Neufeld will mit der Untersuchung der Diskurse sowohl in der Partei wie in der Opposition eine Antwort auf die Frage finden: Warum kam es in Polen nach der Erklärung des Kriegsrechts 1981 nicht zum Bürgerkrieg, sondern schließlich zum Runden Tisch als Instrument einer Verständigung und des friedlichen Übergangs, obwohl es auf beiden Seiten der Barrikade radikale Gruppen gab, die diesen Runden Tisch ablehnten?
Der zeitlich weit ausholende Ansatz ist für das Verständnis der polnischen Entwicklung durchaus einleuchtend, weil so die vielfältigen Kontroversen in der äußerst lebendigen polnischen intellektuellen Szene in ihren Kontinuitäten und Brüchen sichtbar werden. Mit imponierend gründlicher Recherche werden die Auseinandersetzungen über zwei Jahrzehnte in Polen rekonstruiert. Der Leitfrage tiefergehend nachzuspüren bedeutet auch, die populäre, aber zu einfache Dichotomie von Unterdrückern und Unterdrückten insoweit aufzulösen, dass auch die Diskurse der Herrschenden zunächst einmal ernst genommen werden und als Voraussetzung und Teil der Übereinkunft gewertet werden.
Für die erste Phase von Gomulkas Machtantritt bis zur Gründung des KOR konstatiert die Autorin, dass die herrschende Kommunistische Partei (PVAP) noch einen "relativ geschlossenen, hegemonialen Diskurs kontrollierte". Für die Zeit ab 1976 änderte sich das. Als Novum lässt sich eine "zunehmende Pluralisierung und Institutionalisierung der Akteure, zunächst in der Opposition, später aber auch in der PVAP" feststellen. Von der zweiten Hälfte der 1950er Jahre an interessierten sich die beiden auf den ersten Blick stark verfeindeten Lager füreinander. Aber erst mit dem Jahr 1976, das für die Entwicklung der Opposition in Polen eine wichtige Zäsur bedeutete, gab es einen selbsternannten Repräsentanten der Arbeiterinteressen gegenüber den Machthabern. "Damit übernahm das KOR die wichtigste Funktion der Partei, die ihre Macht theoretisch im Namen der Arbeiter ausübte."
Das Problem war (und blieb) jedoch, dass im KOR fast nur Intellektuelle vertreten waren, obwohl die erste Nummer des vom KOR initiierten "Robotnik" 1977 sich als eine Zeitung vorstellte, "in der die Arbeiter ihre Meinungen veröffentlichten, ihre Erfahrungen austauschen, Verbindungen zu den Arbeitern anderer Betriebe aufnehmen können". Im August 1979 druckte sie aber die "Charta der Arbeiterrechte", zu denen auch die Bildung von unabhängigen Gewerkschaften und das Streikrecht gehörten. Damit wuchs die Attraktivität des KOR, und möglicherweise ist die Ursache für die Form der Proteste im Sommer 1980, die nicht als Straßendemonstrationen, sondern als betriebliche Streiks begannen, hier zu suchen. Ausführlich werden die Auseinandersetzungen im Vorfeld, aber auch innerhalb der Solidarnosc zwischen "Fundamentalisten" und Pragmatikern, teilweise personifiziert in Jacek Kuron und dem späteren Ministerpräsidenten Tadeusz Mazowiecki, dargestellt.
Mit der These, dass durch das Kriegsrecht weniger die praktische Politik als vielmehr das politische Denken einschneidend verändert wurde und zwei bisher verfeindete Diskurse sich einander annäherten, greift die Autorin in eine ausgedehnte, kontroverse Diskussion in Polen ein. Aus einem Bündel von Überzeugungen entwickelte General Wojciech Jaruzelski nach ihrer Meinung seine Politik des Dialogs mit der Gesellschaft: "Während des Kriegsrechts kristallisierte sich in der Parteispitze ebenso wie bei der linken Opposition paradoxerweise die Überzeugung heraus, dass man zueinander verurteilt sei."
Aus dieser Konstellation lässt sich dann folgerichtig der Runde Tisch als Ausdruck für einen Zustand ableiten, in dem "Realisten" an die Macht kamen. Die Politik des Runden Tisches war bekanntlich auch nach dessen Erfolg umstritten und führte zum Vorwurf des rechten Flügels der Opposition an die Linke, sie habe die Ideale der Solidarnosc verraten und keine konsequente "Entkommunisierung" betrieben. Jaroslaw Kaczynski und Mazowiecki lassen sich als die Antipoden dieser "neuen agonistischen Konstellation" benennen. Auch diese "Nachgeschichte" des Umbruchs von 1989 wird noch eingehend erörtert.
Vieles aus der Geschichte der polnischen Opposition ist bekannt. Aber hier werden für deutsche Leser neben den Debatten im KOR auch die in der PVAP minutiös nachgezeichnet. Mieczyslaw Rakowski, Herausgeber der "Polityka" und unter Jaruzelski zunächst stellvertretender, dann letzter Ministerpräsident, wird hier, so der Eindruck des Rezensenten, als der geheime Held in der Partei interpretiert, weil er frühzeitig auf Dialog mit der Opposition setzte, für Öffnung und Reform eintrat und in Jaruzelski den vielleicht einzigen starken Mann sah, der Polen vor dem Ruin retten und einer reformierten Partei wieder auf die Beine helfen konnte. Für die Endphase des kommunistischen Regimes kommt Rakowski, der nach eigenen Worten einen "aufgeklärten Absolutismus" verfocht, eine herausgehobene Rolle zu, wie sich nicht zuletzt anhand seiner umfänglichen Tagebücher zeigen lässt. Sein reformorientierter Kurs hielt Abstand von der Erfolgspropaganda, übte Zurückhaltung gegenüber der politischen Opposition und betonte die notwendige Erweiterung der Bürgerrechte, forderte aber ebenso den unverzichtbaren Respekt des Bürgers gegenüber dem sozialistischen Staat ein.
Es ist ein großes Verdienst dieser vielfach sehr ins Detail der Namen und Debatten gehenden Studie, die oft verkürzte Vorgeschichte von 1989 wieder in ihren vielfältigen Facetten vorgestellt zu haben, indem die oppositionellen und keineswegs einheitlichen Diskurse, aber eben auch die in der "führenden Partei", eindrucksvoll und differenziert nachgezeichnet werden. Die Lernprozesse in der Veränderung der Konzepte "des Politischen" dauerten lange und waren höchst widersprüchlich. Insofern geben die von der Autorin anhand zahlloser Artikel und Bücher untersuchten Diskurse einen ebenso faszinierenden wie verwirrenden Einblick in verschiedene Formen von Öffentlichkeit und Teilöffentlichkeiten im Polen der 1980er Jahre, aber auch noch nach der friedlichen Revolution.
Die Thesen und Interpretationen von Agnieszka Zaganczyk-Neufeld werden vermutlich Widerspruch hervorrufen. Dass der Erklärungswert von Diskursanalysen begrenzt bleibt, zumal von der anhaltenden Gewalt der Miliz kaum die Rede ist, wird im (sehr knappen) Fazit des Buches angedeutet. Aber indem neben den Oppositionellen auch die altera pars hier ihre Verteidigung findet, wird die Entwicklung, die in eine geglückte Revolution einmünden konnte, umfassender und komplexer dargestellt.
CHRISTOPH KLESSMANN
Agnieszka Zaganczyk-Neufeld: Die geglückte Revolution. Das Politische und der Umbruch in Polen 1976-1997. Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2014. 454 S., 44,90 [Euro].
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Vielfältige Facetten zur Geschichte Polens vor und nach dem Umbruch von 1989
Dass die Solidarnosc sich zumindest aus der Rückschau als Anfang vom Ende des kommunistischen Systems in Ostmitteleuropa verstehen lässt, gehört mittlerweile zum Kernbestand der meisten Analysen und Darstellungen des Umbruchs von 1989. Das vorliegende Buch wählt einen breiteren Zugang, um die "geglückte Revolution" in Polen zu erklären. Es ist im Kern eine Diskursanalyse, die zeitlich nicht nur bis zur Solidarnosc, sondern vor allem bis zur Zäsur von 1976, der Gründung des Komitees zur Verteidigung der Arbeiter (KOR), zurückgreift, ansatzweise auch noch die oppositionellen Debatten nach Wladyslaw Gomulkas Machtantritt im Jahre 1956 einbezieht.
Diskurse werden hier als alternative Vorschläge zur Gestaltung der politischen Ordnung verstanden. Nur als "hegemoniale Diskurse" haben sie die Chance, in praktische Politik umgesetzt zu werden. Die Autorin Agnieszka Zaganczyk-Neufeld will mit der Untersuchung der Diskurse sowohl in der Partei wie in der Opposition eine Antwort auf die Frage finden: Warum kam es in Polen nach der Erklärung des Kriegsrechts 1981 nicht zum Bürgerkrieg, sondern schließlich zum Runden Tisch als Instrument einer Verständigung und des friedlichen Übergangs, obwohl es auf beiden Seiten der Barrikade radikale Gruppen gab, die diesen Runden Tisch ablehnten?
Der zeitlich weit ausholende Ansatz ist für das Verständnis der polnischen Entwicklung durchaus einleuchtend, weil so die vielfältigen Kontroversen in der äußerst lebendigen polnischen intellektuellen Szene in ihren Kontinuitäten und Brüchen sichtbar werden. Mit imponierend gründlicher Recherche werden die Auseinandersetzungen über zwei Jahrzehnte in Polen rekonstruiert. Der Leitfrage tiefergehend nachzuspüren bedeutet auch, die populäre, aber zu einfache Dichotomie von Unterdrückern und Unterdrückten insoweit aufzulösen, dass auch die Diskurse der Herrschenden zunächst einmal ernst genommen werden und als Voraussetzung und Teil der Übereinkunft gewertet werden.
Für die erste Phase von Gomulkas Machtantritt bis zur Gründung des KOR konstatiert die Autorin, dass die herrschende Kommunistische Partei (PVAP) noch einen "relativ geschlossenen, hegemonialen Diskurs kontrollierte". Für die Zeit ab 1976 änderte sich das. Als Novum lässt sich eine "zunehmende Pluralisierung und Institutionalisierung der Akteure, zunächst in der Opposition, später aber auch in der PVAP" feststellen. Von der zweiten Hälfte der 1950er Jahre an interessierten sich die beiden auf den ersten Blick stark verfeindeten Lager füreinander. Aber erst mit dem Jahr 1976, das für die Entwicklung der Opposition in Polen eine wichtige Zäsur bedeutete, gab es einen selbsternannten Repräsentanten der Arbeiterinteressen gegenüber den Machthabern. "Damit übernahm das KOR die wichtigste Funktion der Partei, die ihre Macht theoretisch im Namen der Arbeiter ausübte."
Das Problem war (und blieb) jedoch, dass im KOR fast nur Intellektuelle vertreten waren, obwohl die erste Nummer des vom KOR initiierten "Robotnik" 1977 sich als eine Zeitung vorstellte, "in der die Arbeiter ihre Meinungen veröffentlichten, ihre Erfahrungen austauschen, Verbindungen zu den Arbeitern anderer Betriebe aufnehmen können". Im August 1979 druckte sie aber die "Charta der Arbeiterrechte", zu denen auch die Bildung von unabhängigen Gewerkschaften und das Streikrecht gehörten. Damit wuchs die Attraktivität des KOR, und möglicherweise ist die Ursache für die Form der Proteste im Sommer 1980, die nicht als Straßendemonstrationen, sondern als betriebliche Streiks begannen, hier zu suchen. Ausführlich werden die Auseinandersetzungen im Vorfeld, aber auch innerhalb der Solidarnosc zwischen "Fundamentalisten" und Pragmatikern, teilweise personifiziert in Jacek Kuron und dem späteren Ministerpräsidenten Tadeusz Mazowiecki, dargestellt.
Mit der These, dass durch das Kriegsrecht weniger die praktische Politik als vielmehr das politische Denken einschneidend verändert wurde und zwei bisher verfeindete Diskurse sich einander annäherten, greift die Autorin in eine ausgedehnte, kontroverse Diskussion in Polen ein. Aus einem Bündel von Überzeugungen entwickelte General Wojciech Jaruzelski nach ihrer Meinung seine Politik des Dialogs mit der Gesellschaft: "Während des Kriegsrechts kristallisierte sich in der Parteispitze ebenso wie bei der linken Opposition paradoxerweise die Überzeugung heraus, dass man zueinander verurteilt sei."
Aus dieser Konstellation lässt sich dann folgerichtig der Runde Tisch als Ausdruck für einen Zustand ableiten, in dem "Realisten" an die Macht kamen. Die Politik des Runden Tisches war bekanntlich auch nach dessen Erfolg umstritten und führte zum Vorwurf des rechten Flügels der Opposition an die Linke, sie habe die Ideale der Solidarnosc verraten und keine konsequente "Entkommunisierung" betrieben. Jaroslaw Kaczynski und Mazowiecki lassen sich als die Antipoden dieser "neuen agonistischen Konstellation" benennen. Auch diese "Nachgeschichte" des Umbruchs von 1989 wird noch eingehend erörtert.
Vieles aus der Geschichte der polnischen Opposition ist bekannt. Aber hier werden für deutsche Leser neben den Debatten im KOR auch die in der PVAP minutiös nachgezeichnet. Mieczyslaw Rakowski, Herausgeber der "Polityka" und unter Jaruzelski zunächst stellvertretender, dann letzter Ministerpräsident, wird hier, so der Eindruck des Rezensenten, als der geheime Held in der Partei interpretiert, weil er frühzeitig auf Dialog mit der Opposition setzte, für Öffnung und Reform eintrat und in Jaruzelski den vielleicht einzigen starken Mann sah, der Polen vor dem Ruin retten und einer reformierten Partei wieder auf die Beine helfen konnte. Für die Endphase des kommunistischen Regimes kommt Rakowski, der nach eigenen Worten einen "aufgeklärten Absolutismus" verfocht, eine herausgehobene Rolle zu, wie sich nicht zuletzt anhand seiner umfänglichen Tagebücher zeigen lässt. Sein reformorientierter Kurs hielt Abstand von der Erfolgspropaganda, übte Zurückhaltung gegenüber der politischen Opposition und betonte die notwendige Erweiterung der Bürgerrechte, forderte aber ebenso den unverzichtbaren Respekt des Bürgers gegenüber dem sozialistischen Staat ein.
Es ist ein großes Verdienst dieser vielfach sehr ins Detail der Namen und Debatten gehenden Studie, die oft verkürzte Vorgeschichte von 1989 wieder in ihren vielfältigen Facetten vorgestellt zu haben, indem die oppositionellen und keineswegs einheitlichen Diskurse, aber eben auch die in der "führenden Partei", eindrucksvoll und differenziert nachgezeichnet werden. Die Lernprozesse in der Veränderung der Konzepte "des Politischen" dauerten lange und waren höchst widersprüchlich. Insofern geben die von der Autorin anhand zahlloser Artikel und Bücher untersuchten Diskurse einen ebenso faszinierenden wie verwirrenden Einblick in verschiedene Formen von Öffentlichkeit und Teilöffentlichkeiten im Polen der 1980er Jahre, aber auch noch nach der friedlichen Revolution.
Die Thesen und Interpretationen von Agnieszka Zaganczyk-Neufeld werden vermutlich Widerspruch hervorrufen. Dass der Erklärungswert von Diskursanalysen begrenzt bleibt, zumal von der anhaltenden Gewalt der Miliz kaum die Rede ist, wird im (sehr knappen) Fazit des Buches angedeutet. Aber indem neben den Oppositionellen auch die altera pars hier ihre Verteidigung findet, wird die Entwicklung, die in eine geglückte Revolution einmünden konnte, umfassender und komplexer dargestellt.
CHRISTOPH KLESSMANN
Agnieszka Zaganczyk-Neufeld: Die geglückte Revolution. Das Politische und der Umbruch in Polen 1976-1997. Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2014. 454 S., 44,90 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Umfassend und komplex findet sich Christoph Klessmann mit diesem Buch von Agnieszka Zaganczyk-Neufeld über die Vorgeschichte, die Hintergründe und den Verlauf der Solidarność-Bewegung in Polen informiert. Dass die Autorin das oft verkürzt dargestellte Narrativ von der geglückten Revolution als Vorgeschichte zu 1989 einmal in aller Ausführlichkeit zeigt, von der Gründung des Komitees zur Verteidigung der Arbeiter (KOR) 1976 ausgehend, dass sie die Namen, Diskurse und Kontroversen der Partei und der Opposition ins Spiel bringt und untersucht, um herauszufinden, warum diese Revolution friedlich verlaufen konnte, dass sie ferner Brüche und Kontinuitäten der politischen Szene sichtbar macht, rechnet Klessmann ihr hoch an. Wenn sich im Verlauf der Lektüre mitunter die Dichotomie von Unterdrückten und Unterdrückern aufzulösen scheinen, wie Klessmann erklärt, nimmt der Rezensent das als Ausweis der Tatsache, dass die Autorin Herrschaftsdiskurse ernstnimmt. Auch oder gerade weil das Buch zu Widerspruch anregt, findet er, ist es unbedingt lesenswert.
© Perlentaucher Medien GmbH
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