Dieses Buch ist verschmitzt, unbekümmert, eigensinnig, schonungslos, aber auch intelligent, gespickt mit Weisheit, unterhaltsam. Welteks Klostertagebuch umkreist in artifizieller Komplexität mythologische, religiöse, allegorische und noch ganz andere Beziehungsfelder, und wir finden, einen solchen Lese-Leckerbissen sollten sich nicht nur Lyrik-Fans auf keinen Fall entgehen lassen, nein, da kommen auch die LiebhaberInnen benachbarter Genres fein auf ihre Kosten, das ist ein All-in-one-Angebot, eine Meta-Rundum-Versorgung der LeserInnen, da bleibt kein Wunsch offen, keine Begierde unbefriedigt, kein Klischee unentlarvt; da ist nichts, was nicht mindestens einmal um sich selbst gedreht würde, kein Register des Schreibens, das nicht virtuos an der Nase gezogen würde: Mystery, Horror, Endzeiterzählung, Crime, Suspense, Utopie, Dystopie, Philosophie, Fabel, Parabel, postmodern gebrochener Entwicklungsroman, spätviktorianische Schauerromantik, latent erotisch aufgeladene Lebensweisheitslyrik, dekonstruierte Poesie, Antipoesie, Zeitkritik, Systemkritik, Gesellschaftskritik, ein kritisches Buch, das uns heutzutage nicht mehr kalt lassen kann, auch wenn wir uns noch so warm anziehen. Dieses Buch ist ein ausgefuchster Schelm. Ein Schelmenroman. Vielschichtig. Mit einer schillernd parzivalischen Hauptfigur, eben jenem Hans-Bernhard Weltek, der, als reiner Tor in einen kafkaesk-comedyhaft anmutenden Plot voller Irrungen und Wirrungen gnadenlos verwickelt, unbeirrbar doch immer wieder sich dem widmet, wofür sein Herzblut rauscht. Der große Weltek will im Grunde nämlich immer nur eines: Gedichte empfangen, austragen, in die Welt pressen. Da wird, natürlich liebevoll, ganz liebevoll mit einem Lächeln, einem Zwinkern im Augenwinkel, die Dichtkunst um und um gerührt, wird aus den kitschgrünen, klischeeblauen Stapeln von Gelegenheitslyrik, Plauderlyrik, Gebrauchslyrik, Verbrauchslyrik, Unterhaltungslyrik, Roadlyrik, Pornolyrik, Institutslyrik, Wettbewerbslyrik der unverwechselbare Ton und Duktus des Poeten Weltek destilliert - sanft, stark, pur, wahrhaftig und immer so, dass der Gegensatz zwischen Sprechkunst und Sprachkunst wie die Spitze eines Eisbergs aus dem Wörtersee ragt, beziehungsweise dass, konkreter und schärfer formuliert, quasi der Wurf eines improvisierten Sprechaktes die Geste des Schreibens zu überbieten scheint, allerdings ohne sie zum Notat herabzumindern! (Ingeborg Endres-Häusler)
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