Paris 1818, 23 Jahre sind vergangen, seit der Kronprinz Louis-Charles angeblich im schwarzen Turm starb, inzwischen ist auch Napoleon wieder vertrieben und die Bourbonen erneut an der Macht. François Vidocq, einst selbst ein Sträfling ist inzwischen Chef der Geheimpolizei und Schrecken der Pariser
Unterwelt, als seine Wege sich mit Hector Carpentier, einem Medizinstudenten, kreuzen. Vidoq findet…mehrParis 1818, 23 Jahre sind vergangen, seit der Kronprinz Louis-Charles angeblich im schwarzen Turm starb, inzwischen ist auch Napoleon wieder vertrieben und die Bourbonen erneut an der Macht. François Vidocq, einst selbst ein Sträfling ist inzwischen Chef der Geheimpolizei und Schrecken der Pariser Unterwelt, als seine Wege sich mit Hector Carpentier, einem Medizinstudenten, kreuzen. Vidoq findet Hectors Namen auf einem Zettel in der Tasche eines Ermordeten. Carpentier muß also in irgendeiner Weise in Verbindung zu dem Toten stehen und so bezieht er den jungen Mann in seine Ermittlungen mit ein. Zunächst ist Hector nicht sonderlich davon angetan, doch kann er sich Vidoqs bestimmendem Wesen kaum entziehen. Schon bald stoßen sie auf Charles Rapskeller und ihre Untersuchungen deuten darauf hin, das es sich bei ihm tatsächlich um den tot geglaubten Sohn Marie-Antoinetts `handeln könnte. Doch Rapskeller wird von den Schergen des geheimnisvollen „Monsieur“ verfolgt, der scheinbar mit allen Mitteln verhindern will, das der verschollene Königssohn Ansprüche erhebt.
„Die Geheimnisse des schwarzen Turms“ hat alles was man von einem guten historischen Krimi erwartet, interessante Figuren, einen kniffligen Fall und natürlich einen glaubwürdigen historischen Hintergrund. Einmal angefangen will man unbedingt wissen, wie es weiter geht und nach einem etwas gemächlichen Einstieg wird der Spannungsbogen deutlich höher und bleibt bis zum Ende erhalten.
Die Geschichte beginnt zunächst mit Tagebuchartigen Arztberichten, die scheinbar nichts mit der eigentlichen Geschichte zu tun haben. Erst nach und nach ergeben sich hier Zusammenhänge, die vordergründig Licht in den Krimifall zu bringen scheinen und die Ermittler auf die richtige Spur führen.
Ob ein historischer Hintergrund nun wirklich historisch korrekt ist, kann man ja als Leser in den wenigsten Fällen wirklich beurteilen, aber Louis Bayard ist es hier gelungen, ein farbenprächtiges, wenn auch vom Verfall geprägtes Paris Anfang des 19. Jh. zu schildern, das mir sehr glaubhaft und plastisch erschien, ich konnte in die Zeit eintauchen und Personen und Lokalitäten regelrecht vor mir sehen. Auch die Figurenzeichnung ist dem Autor sehr gut gelungen. Neben der dominierenden Person des François Vidocq, ist aber auch Hector Carpentier gut gezeichnet, von einem am Anfang recht ziellosen jungen Mann, der sich eher planlos durch sein Leben treiben und von seiner Mutter dominieren läßt, wird er im Lauf der Ereignisse zunehmend selbstbewusster und tatkräftiger. Wirklich interessant war aber für mich die Person von Charles Rapskeller, mit diesem Charakter ist dem Autor eine sehr undurchsichtige, schwer zu deutende Figur geglückt über deren wahren Charakter man auch noch nach Ende des Buches nachgrübeln kann.
Auch sprachlich hat mir das Buch gut gefallen, gerade die Dialoge wirken glaubhaft und die in Abständen eingefügten Tagebuchberichte verleihen dem Ganzen noch zusätzlich Spannung.
Das Ende ist in sich stimmig und paßt auf jeden Fall zu den realen Vorgaben, hier konnte ja auch nie wirklich geklärt werden, was mit Louis-Charles wirklich passiert ist. Der Autor fabuliert hier gekonnt und bietet dem Leser verschiedene Möglichkeiten, die viel Platz für eigene Spekulationen lassen und ich grübel immer noch drüber nach, für welche Variante ich mich nun entscheiden soll!
Am Ende des Buches gibt es eine Zeittafel und einen Stammbaum der Bourbonen. Ich hätte ein Glossar, das die div. französischen Begriffe erklärt und einen zeitgemäßen Stadtplan von Paris hilfreich gefunden, das hätte auf jeden Fall zum besseren Verständnis beigetragen.
FaziT: ein kniffliger, mysteriöser Krimifall mit realen Vorgaben, der zu eigenen Spekulationen anregt und ein sehr anschaulicher historischer Hintergrund bieten eine gelungene Mischung aus Historie, Krimi und Fiktion!