Sie machte aus Mussolini den Duce und verlieh dem Faschismus ästhetischen Glanz: Margherita Sarfatti. Die wohlhabende Jüdin verliebte sich in den jungen Mussolini und wurde seine geheime Geliebte. Erst ihrem Einfluss verdankte er seine Verwandlung in den charismatischen Duce. Das dramatische Leben einer fast vergessenen Frau.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.02.2004Mit Frechheit, Tempo und Angriffslust
Zu viele Unschuldslämmer: Karin Wieland erzählt von Mussolinis Geliebter Margherita Sarfatti
Der Fund war glücklich: Die Geschichte der Margherita Sarfatti (1880 bis 1961), einer hochgebildeten Italienerin jüdischer Herkunft, die mit dem militanten jungen Sozialisten Benito Mussolini eine Liaison einging und ihm später auf seinem Weg in den Faschismus folgte, ist ein Stoff, wie er faszinierender nicht gedacht werden kann. Er erlaubt es, die Formen des Romans, der zeitgeschichtlichen Abhandlung und der kulturwissenschaftlichen Analyse zu mischen. Entscheidendes Licht fällt in Karin Wielands Buch auf die kulturellen Voraussetzungen des Faschismus, die von denen des Nationalsozialismus völlig verschieden waren: In Mussolinis Partei sammelten sich steilste Kunstavantgardisten, ehemalige Sozialisten, Syndikalisten, ja Anarchisten und mischten sich mit den Kämpfern der Sturmtruppen, den arditi des Ersten Weltkriegs. Von den arditi übernahm die Bewegung ihren Stil: "wehender Mantel, schwarzes Hemd und Kniebundhose".
In diesem Milieu wuchs das Heldenprojekt einer modernen Frau. Es entbehrte nicht der tragischen Züge, und sie traten nicht erst dann auf, als Margherita Sarfatti sich angesichts der judenfeindlichen Gesetze der späten dreißiger Jahre zur Emigration und zum Abschied von einer Bewegung gezwungen sah, an deren Bildung sie selbst maßgeblichen Anteil genommen hatte. Der Scheideweg zwischen Sozialisten und späteren Faschisten war im Sommer 1914 erreicht. Während die alten Klassenkämpfer pazifistisch argumentierten und der Neutralität Italiens das Wort redeten, plädierten - wie Karin Wieland schreibt - die Demokraten und Freimaurer für den Kriegseintritt, "denn Frankreich, das Land der Menschenrechte, befand sich in Gefahr". Mussolini ging auf Interventionskurs und mußte von der Leitung der sozialistischen Parteizeitung "Avanti" zurücktreten.
Auch Margherita Sarfatti hielt es mit der Entente. Aus Frankreich kolportierte sie deutsche Grausamkeiten und pries den Heroismus der Krankenschwestern. Ihr Sohn meldete sich freiwillig zu den arditi - und fiel. Zu den überzeugendsten Partien des Buches gehört die Analyse der neuen Bindung, die dieser Tod zwischen Margherita Sarfatti und Mussolini stiftete: Die Faschisten sahen in Roberto Sarfatti einen ihrer Helden, dessen Angedenken sie in Totenfeiern ehrten, und die Mutter konnte dem Tod ihres Sohnes einen Sinn zuschreiben, der sich, wie sie glaubte, im Faschismus erfüllte.
Manches Erhellende findet man zur faschistischen Rhetorik, die Frechheit, Tempo und Angriffslust auszeichne. Auf Mussolinis Schreibtisch lagen damals nicht nur Handgranaten und ein Revolver, sondern auch ein Band Heine. Aber man stutzt bei manchen schnell hingeworfenen Urteilen. Mussolini war im Krieg bei einer Übung schwer verletzt worden, als ein Granatwerfer explodierte - kann man deshalb so naseweis behaupten, er sei das "Opfer einer Simulation" geworden?
Bei aller ideengeschichtlichen Ausführlichkeit und den schönen Seitenblicken auf Sorel, Péguy und d'Annunzio als geistige Paten der neuen Lehre bleibt in dieser Darstellung doch die wirkliche Genese des faschistischen Terrors und der faschistischen Macht weitgehend unklar. Sie ist nur zu verstehen aus der kritischen Lage Italiens nach dem Krieg. Sehr zu Recht spricht die Verfasserin einmal von der galoppierenden Inflation, den Bauernrebellionen, den Streiks und den Fabrikbesetzungen. Die Sozialistische Partei glaubte angesichts des Umsturzes in Rußland, daß eine Revolution auch in Italien "in die Reichweite des Möglichen gerückt sei". Die gegenwärtige Gesellschaft sei von den Sozialisten "vollständig verneint" worden, das Wort ",Sowjet' übte eine nahezu magische Wirkung aus", schreibt Karin Wieland.
Wenn dem so war, dann kann die andere These dieses Buches nicht stimmen: daß nämlich Mussolini seine Anhänger für einen "fiktiven", von ihm allererst "inszenierten" inneren Krieg vorbereitete. Und noch unverständlicher wird es, wenn die Sozialisten, die soeben, 1918, die "Diktatur des Proletariats" auf ihre Fahnen geschrieben haben, kurz darauf als die reinsten Unschuldslämmer erscheinen, denen der böse Wolf mit seiner verkorksten Psyche zusetzt: "Das Ziel ist zunächst die Zerstörung der mühseligen Aufbauarbeit der Sozialisten. Wie ein Gewebe legten sich sozialistische Einrichtungen und Institutionen über das Land. In ihnen sollte das Volk zur Mündigkeit erzogen werden. Der Faschist übt seine Allmacht aus, indem er dieses Gewebe blindlings zerstört und nichts davon übrigläßt. Wenn alles ausgelöscht ist, dann erst geht das Gesetz des Handelns auf ihn über."
So wichtig dieses Buch ist, es macht einen unebenen, an vielen Stellen nicht völlig durchdachten Eindruck. Befunde, die dem gegenwärtigen Erkenntnisstand entsprechen, mischen sich mit solchen, die an ein Seminar von 1970 über die Übel des "autoritären Charakters" erinnern. Gerade damit ist es nun auch ein typisches Buch. Nicht wenige Historiker des Faschismus und des Nationalsozialismus erinnern in ihren Darstellungen an jene späten Ptolemäer, die, angesichts der frühneuzeitlichen Entdeckungen, immer kompliziertere "Epizyklen" konstruieren mußten, um ihre Lehre von der Erde als Mittelpunkt halten zu können - es waren Komplexitäten, die mit einem Schlag verschwanden, wenn man sich einmal zum kopernikanischen Modell entschloß.
So entwirft man heute an sich verdienstliche Körper- und Generationsgeschichten, man untersucht Diskurstraditionen, die politisierten Religionen und den politisierten Opferkult - aber alles, um der schlichten Einsicht auszuweichen, daß der Erfolg der faschistischen Bewegung nur zu erklären ist, wenn man die vitale Bedrohung der europäischen Eliten nach der Oktoberrevolution mit in Anschlag bringt. Angesichts vieler Abhandlungen zur Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts, die derzeit vorliegen, gewinnt man den Eindruck, daß sie die "weichen", kulturwissenschaftlich sicher reizvollen Themen bevorzugen, um der einen Frage nach der Kausalität auszuweichen. Diese Kausalität gilt heute als ein Geheimwissen, auf das man sich besser nicht beruft. Aber noch in der Mitte der zwanziger Jahre herrschte darüber eine selbstverständliche, von den Kombattanten beider Seiten geteilte communis opinio. Der Faschismus, so Trotzki in seiner Abhandlung "Europa und Amerika", geschrieben 1926 noch unter dem Eindruck von Mussolinis Marsch auf Rom, "kann in verschiedenen Ländern sehr verschieden aussehen, er kann sozial sehr verschieden zusammengesetzt sein, das heißt aus verschiedenen Gruppen bestehen. Aber seinem Wesen nach ist der Faschismus jene aktive Kräftegruppierung, die die bedrohte bürgerliche Gesellschaft bildet, um den Angriff des Proletariats im Bürgerkrieg zurückzuschlagen." Sieh, das historiographisch Gute liegt so nah!
LORENZ JÄGER
Karin Wieland: "Die Geliebte des Duce". Das Leben der Margherita Sarfatti und die Erfindung des Faschismus. Hanser Verlag, München 2004. 376 S., geb., Abb., 24,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Zu viele Unschuldslämmer: Karin Wieland erzählt von Mussolinis Geliebter Margherita Sarfatti
Der Fund war glücklich: Die Geschichte der Margherita Sarfatti (1880 bis 1961), einer hochgebildeten Italienerin jüdischer Herkunft, die mit dem militanten jungen Sozialisten Benito Mussolini eine Liaison einging und ihm später auf seinem Weg in den Faschismus folgte, ist ein Stoff, wie er faszinierender nicht gedacht werden kann. Er erlaubt es, die Formen des Romans, der zeitgeschichtlichen Abhandlung und der kulturwissenschaftlichen Analyse zu mischen. Entscheidendes Licht fällt in Karin Wielands Buch auf die kulturellen Voraussetzungen des Faschismus, die von denen des Nationalsozialismus völlig verschieden waren: In Mussolinis Partei sammelten sich steilste Kunstavantgardisten, ehemalige Sozialisten, Syndikalisten, ja Anarchisten und mischten sich mit den Kämpfern der Sturmtruppen, den arditi des Ersten Weltkriegs. Von den arditi übernahm die Bewegung ihren Stil: "wehender Mantel, schwarzes Hemd und Kniebundhose".
In diesem Milieu wuchs das Heldenprojekt einer modernen Frau. Es entbehrte nicht der tragischen Züge, und sie traten nicht erst dann auf, als Margherita Sarfatti sich angesichts der judenfeindlichen Gesetze der späten dreißiger Jahre zur Emigration und zum Abschied von einer Bewegung gezwungen sah, an deren Bildung sie selbst maßgeblichen Anteil genommen hatte. Der Scheideweg zwischen Sozialisten und späteren Faschisten war im Sommer 1914 erreicht. Während die alten Klassenkämpfer pazifistisch argumentierten und der Neutralität Italiens das Wort redeten, plädierten - wie Karin Wieland schreibt - die Demokraten und Freimaurer für den Kriegseintritt, "denn Frankreich, das Land der Menschenrechte, befand sich in Gefahr". Mussolini ging auf Interventionskurs und mußte von der Leitung der sozialistischen Parteizeitung "Avanti" zurücktreten.
Auch Margherita Sarfatti hielt es mit der Entente. Aus Frankreich kolportierte sie deutsche Grausamkeiten und pries den Heroismus der Krankenschwestern. Ihr Sohn meldete sich freiwillig zu den arditi - und fiel. Zu den überzeugendsten Partien des Buches gehört die Analyse der neuen Bindung, die dieser Tod zwischen Margherita Sarfatti und Mussolini stiftete: Die Faschisten sahen in Roberto Sarfatti einen ihrer Helden, dessen Angedenken sie in Totenfeiern ehrten, und die Mutter konnte dem Tod ihres Sohnes einen Sinn zuschreiben, der sich, wie sie glaubte, im Faschismus erfüllte.
Manches Erhellende findet man zur faschistischen Rhetorik, die Frechheit, Tempo und Angriffslust auszeichne. Auf Mussolinis Schreibtisch lagen damals nicht nur Handgranaten und ein Revolver, sondern auch ein Band Heine. Aber man stutzt bei manchen schnell hingeworfenen Urteilen. Mussolini war im Krieg bei einer Übung schwer verletzt worden, als ein Granatwerfer explodierte - kann man deshalb so naseweis behaupten, er sei das "Opfer einer Simulation" geworden?
Bei aller ideengeschichtlichen Ausführlichkeit und den schönen Seitenblicken auf Sorel, Péguy und d'Annunzio als geistige Paten der neuen Lehre bleibt in dieser Darstellung doch die wirkliche Genese des faschistischen Terrors und der faschistischen Macht weitgehend unklar. Sie ist nur zu verstehen aus der kritischen Lage Italiens nach dem Krieg. Sehr zu Recht spricht die Verfasserin einmal von der galoppierenden Inflation, den Bauernrebellionen, den Streiks und den Fabrikbesetzungen. Die Sozialistische Partei glaubte angesichts des Umsturzes in Rußland, daß eine Revolution auch in Italien "in die Reichweite des Möglichen gerückt sei". Die gegenwärtige Gesellschaft sei von den Sozialisten "vollständig verneint" worden, das Wort ",Sowjet' übte eine nahezu magische Wirkung aus", schreibt Karin Wieland.
Wenn dem so war, dann kann die andere These dieses Buches nicht stimmen: daß nämlich Mussolini seine Anhänger für einen "fiktiven", von ihm allererst "inszenierten" inneren Krieg vorbereitete. Und noch unverständlicher wird es, wenn die Sozialisten, die soeben, 1918, die "Diktatur des Proletariats" auf ihre Fahnen geschrieben haben, kurz darauf als die reinsten Unschuldslämmer erscheinen, denen der böse Wolf mit seiner verkorksten Psyche zusetzt: "Das Ziel ist zunächst die Zerstörung der mühseligen Aufbauarbeit der Sozialisten. Wie ein Gewebe legten sich sozialistische Einrichtungen und Institutionen über das Land. In ihnen sollte das Volk zur Mündigkeit erzogen werden. Der Faschist übt seine Allmacht aus, indem er dieses Gewebe blindlings zerstört und nichts davon übrigläßt. Wenn alles ausgelöscht ist, dann erst geht das Gesetz des Handelns auf ihn über."
So wichtig dieses Buch ist, es macht einen unebenen, an vielen Stellen nicht völlig durchdachten Eindruck. Befunde, die dem gegenwärtigen Erkenntnisstand entsprechen, mischen sich mit solchen, die an ein Seminar von 1970 über die Übel des "autoritären Charakters" erinnern. Gerade damit ist es nun auch ein typisches Buch. Nicht wenige Historiker des Faschismus und des Nationalsozialismus erinnern in ihren Darstellungen an jene späten Ptolemäer, die, angesichts der frühneuzeitlichen Entdeckungen, immer kompliziertere "Epizyklen" konstruieren mußten, um ihre Lehre von der Erde als Mittelpunkt halten zu können - es waren Komplexitäten, die mit einem Schlag verschwanden, wenn man sich einmal zum kopernikanischen Modell entschloß.
So entwirft man heute an sich verdienstliche Körper- und Generationsgeschichten, man untersucht Diskurstraditionen, die politisierten Religionen und den politisierten Opferkult - aber alles, um der schlichten Einsicht auszuweichen, daß der Erfolg der faschistischen Bewegung nur zu erklären ist, wenn man die vitale Bedrohung der europäischen Eliten nach der Oktoberrevolution mit in Anschlag bringt. Angesichts vieler Abhandlungen zur Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts, die derzeit vorliegen, gewinnt man den Eindruck, daß sie die "weichen", kulturwissenschaftlich sicher reizvollen Themen bevorzugen, um der einen Frage nach der Kausalität auszuweichen. Diese Kausalität gilt heute als ein Geheimwissen, auf das man sich besser nicht beruft. Aber noch in der Mitte der zwanziger Jahre herrschte darüber eine selbstverständliche, von den Kombattanten beider Seiten geteilte communis opinio. Der Faschismus, so Trotzki in seiner Abhandlung "Europa und Amerika", geschrieben 1926 noch unter dem Eindruck von Mussolinis Marsch auf Rom, "kann in verschiedenen Ländern sehr verschieden aussehen, er kann sozial sehr verschieden zusammengesetzt sein, das heißt aus verschiedenen Gruppen bestehen. Aber seinem Wesen nach ist der Faschismus jene aktive Kräftegruppierung, die die bedrohte bürgerliche Gesellschaft bildet, um den Angriff des Proletariats im Bürgerkrieg zurückzuschlagen." Sieh, das historiographisch Gute liegt so nah!
LORENZ JÄGER
Karin Wieland: "Die Geliebte des Duce". Das Leben der Margherita Sarfatti und die Erfindung des Faschismus. Hanser Verlag, München 2004. 376 S., geb., Abb., 24,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Karin Wieland zeichnet in ihrer exzellent recherchierten Biografie das Bild einer starken, modernen Frau, die sich in der Liebe verliert und am Ende nichts gewinnt." Stern/Biografie, 1/04
"Die Geliebte des Duce" ist ein wichtiges und ... spannend zu lesendes Buch, eine Mischung aus Roman, kulturgeschichtlicher Analyse und historischer Abhandlung, die gerade für deutsche Leser interessant ist, weil sie hierzulande wenig bekannte Seiten des italienischen Faschismus beleuchtet." Franziska Sperr, Süddeutsche Zeitung, 22.03.04
"Über Margherita Sarfatti, ihren märchenhaften Aufstieg und tragischen Fall hat die Berliner Historikerin Karin Wieland ein faszinierendes Buch geschrieben, die erste deutschsprachige Publikation überhaupt.Unglaublich viel lässt sich aus dieser Biografie über die Geschichte des modernen Italiens lernen. ... Umso größer ist Karin Wielands Verdienst, dieses Leben wiederentdeckt und für historische Erkenntnis fruchtbar gemacht zu haben." Hubert Leber, Literaturen, 04.2004
"Mehr als eine eindimensionale Biografie, ein erhellendes Stück Ideengeschichte." Ina Boesch, Neue Zürcher Zeitung am Sonntag, 20.06.2004
"Die Geliebte des Duce" ist ein wichtiges und ... spannend zu lesendes Buch, eine Mischung aus Roman, kulturgeschichtlicher Analyse und historischer Abhandlung, die gerade für deutsche Leser interessant ist, weil sie hierzulande wenig bekannte Seiten des italienischen Faschismus beleuchtet." Franziska Sperr, Süddeutsche Zeitung, 22.03.04
"Über Margherita Sarfatti, ihren märchenhaften Aufstieg und tragischen Fall hat die Berliner Historikerin Karin Wieland ein faszinierendes Buch geschrieben, die erste deutschsprachige Publikation überhaupt.Unglaublich viel lässt sich aus dieser Biografie über die Geschichte des modernen Italiens lernen. ... Umso größer ist Karin Wielands Verdienst, dieses Leben wiederentdeckt und für historische Erkenntnis fruchtbar gemacht zu haben." Hubert Leber, Literaturen, 04.2004
"Mehr als eine eindimensionale Biografie, ein erhellendes Stück Ideengeschichte." Ina Boesch, Neue Zürcher Zeitung am Sonntag, 20.06.2004
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
"La Belle et la Bete." Schön war sie sicher, die Geliebte des Duce, und er ein Biest. Doch, und da lässt Karin Wielands Biografie für die Rezensentin Franziska Sperr keinen Zweifel offen, ein Biest war Margherita Sarfatti auch. Ausführlich trete bei Wieland zutage, wie das sozialistische und anarchistische Umfeld der Jüdin Sarfatti, und nicht zuletzt sie selbst, sich einer Art Rausch hingegeben hat, aus der dann der italienische Faschismus wurde - und die kultivierten Linksextremen zu Faschisten. Interessant findet die Rezensentin Wielands Schilderung von der Begegnung mit dem "scheuen, gehemmten Lehrer und Journalisten" Mussolini, damals ebenfalls Sozialist. Die Sarfatti, mit dem Scharfsinn, der sie niemals verlassen sollte, habe in seinem Blick gesehen, "dass er eine Vision verfolgte und nicht die Erkenntnis suchte". Offenbar, so die Rezensentin, war es "das Gewalttätige und Irrationale", das sie an Mussolini unwiderstehlich fand. Mit der Geschichte der Sarfatti, lobt die Rezensentin, liefert die Autorin "ein spannendes Stück Zeitgeschichte, das wieder einmal deutlich macht, dass unsere nachträglichen Ein- und Zuordnungen den konkreten Lebensverhältnissen nicht gerecht werden". Besonders verdienstvoll findet sie darüber hinaus, dass Wieland - gerade in Deutschland - den Blick für "die Besonderheiten des italienischen Faschismus" schärft. Schade nur, so Sperr, dass die "sozialen und politischen Bedingungen", unter denen sich der Faschismus zur "Massenbewegung" entwickeln konnte, "zu kurz kommen".
© Perlentaucher Medien GmbH
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