Produktdetails
- Verlag: Aufbau-Verlag
- Seitenzahl: 523
- Abmessung: 240mm
- Gewicht: 1142g
- ISBN-13: 9783351024925
- ISBN-10: 3351024924
- Artikelnr.: 24563668
- Herstellerkennzeichnung Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.04.2000Ein deutsches Buch
Friedrich Dieckmann prüft die Geltung der Literatur
Die Literatur betrachten wir als schützenswerte Pflanze, doch wenn ein dickleibiger Sammelband, der ihrer "Geltung" gewidmet ist, das triste Graubraunbeige der Theorie schon als Hülle trägt, erwacht sogleich die Sehnsucht nach des Lebens goldnem Baum, der fern von allen Druckerzeugnissen gedeiht. Der Herausgeber Friedrich Dieckmann muss das geahnt haben, denn er zitiert im Geleitwort den Spruch "Ein Blick ins Buch und zwei ins Leben, / Das wird die rechte Mischung geben", der leichtfertig immer noch Goethe zugeschrieben wird. Die Aufklärung der Autorschaft, heißt es, sei Gegenstand einer Preisfrage der Deutschen Literaturkonferenz. Letztere wiederum ist, wie Dieckmann erläutert, einerseits ein Kind der deutschen Einheit, andererseits aus der Not geboren: Wenn nämlich "Lesen und Leben sich im Verhältnis eins zu zwei miteinander verbänden, wäre eine Einrichtung, die zwei so divergente Wörter wie Literatur und Konferenz zusammenspannt, gewiss überflüssig".
Da die Verhältnisse nun einmal nicht so sind, wurde vor neun Jahren jener Fachverband gegründet, um nicht zu sagen: ins Leben gerufen, dem mittlerweile mehr als zwanzig literaturfördernde Organisationen angehören, vom PEN-Zentrum Deutschland bis zur Verwertungsgesellschaft Wort, vom Börsenverein des Buchhandels bis zur Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, von der Stiftung Lesen bis zum Literarischen Colloquium Berlin. Seit 1991 veranstaltet die Arbeitsgemeinschaft jährliche Symposien in Leipzig, von denen die ersten acht in dem vorliegenden Band protokolliert sind. Der Titel "Die Geltung der Literatur" entspricht dem Tagungsthema von 1998, bezeichnet also den neueren Stand der in diesem Kreis geführten Debatten, an denen sich ein Prozess der Annäherung, aber auch der Aufhebung ablesen lässt: Die Begegnung mit der Literaturlandschaft des Ostens und die Bemühung um deren Integration in die von westlichen Strukturen geprägte Vereinigungs-Kultur, anfangs im Zentrum der Aufmerksamkeit, schien um die Mitte des letzten Jahrzehnts schon weitgehend aufgearbeitet zu sein.
Diskutierte man im Gründungsjahr die "Überlebenschancen" der ostdeutschen Schriftsteller und im folgenden die Lehrbarkeit des Dichtens im Zusammenhang mit der Neugründung des Leipziger Literaturinstituts, wurde 1993 noch westliche und östliche Nachwende-Literatur einander gegenübergestellt und wurden 1994 Schwierigkeiten der Übersetzer aus osteuropäischen Sprachen beleuchtet, so blieb die Lage im Osten danach allenfalls als "Element eines übergreifenden Problemfelds" (der Herausgeber) im Bewusstsein. Man befasste sich mit Geschichtsbildern und ihrer Verarbeitung, mit der Werktreue und dem Wandel der Jugendliteratur, bis man bei der Frage nach der Geltung der Literatur im Medienzeitalter angelangt war. Dazu aber äußerten sich, wenn man von Dieckmann als amtierendem Sprecher der Konferenz absieht, nur noch westdeutsche Referenten - wie überhaupt der Anteil östlicher Stimmen seit Beginn der Symposien kontinuierlich zurückging, wodurch sich das Gesprächsklima auf subtile Weise wandelte.
In der Dokumentation solcher Veränderungen und Verluste liegt der Wert des Bandes, der im Übrigen fühlbar macht, dass gesamtdeutsches Reden über Literatur recht ermüdend wirkt, wenn es geballt daherkommt. Allerdings kann man der Literaturkonferenz nicht vorwerfen, den Blick ins Leben vernachlässigt zu haben: Schriftsteller und solche, die es sein möchten, werden mit praxisbezogenen Ausführungen zur Künstlersozialversicherung, zum Urheberrecht oder zur Übersetzungsförderung bedient. Auch erfahren wir hier alles über eine vor vier Jahren gestiftete Auszeichnung, mit der die Konferenz herausragende Leistungen im Bibliothekswesen honoriert. "Einzelne Verdienste hervorhebend", heißt es im Geleitwort, "ehrt die Karl-Preusker-Medaille die Arbeit einer ganzen Zunft, die für die Zukunft des Wissens, der Bildung, einer sich über die Niederungen platter Gewinnsucht erhebenden Unterhaltung in unserm Volk von grundlegender Bedeutung ist." Erst das Pathos solcher Sätze verleiht diesem durch und durch deutschen Buch in seinem graubraunbeigen Einband ein Gewicht, das sich in Kilo nicht messen lässt.
KRISTINA MAIDT-ZINKE
Friedrich Dieckmann (Hrsg.): "Die Geltung der Literatur". Ansichten und Erörterungen. Aufbau Verlag, Berlin 1999. 524 S., geb., 148,- DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Friedrich Dieckmann prüft die Geltung der Literatur
Die Literatur betrachten wir als schützenswerte Pflanze, doch wenn ein dickleibiger Sammelband, der ihrer "Geltung" gewidmet ist, das triste Graubraunbeige der Theorie schon als Hülle trägt, erwacht sogleich die Sehnsucht nach des Lebens goldnem Baum, der fern von allen Druckerzeugnissen gedeiht. Der Herausgeber Friedrich Dieckmann muss das geahnt haben, denn er zitiert im Geleitwort den Spruch "Ein Blick ins Buch und zwei ins Leben, / Das wird die rechte Mischung geben", der leichtfertig immer noch Goethe zugeschrieben wird. Die Aufklärung der Autorschaft, heißt es, sei Gegenstand einer Preisfrage der Deutschen Literaturkonferenz. Letztere wiederum ist, wie Dieckmann erläutert, einerseits ein Kind der deutschen Einheit, andererseits aus der Not geboren: Wenn nämlich "Lesen und Leben sich im Verhältnis eins zu zwei miteinander verbänden, wäre eine Einrichtung, die zwei so divergente Wörter wie Literatur und Konferenz zusammenspannt, gewiss überflüssig".
Da die Verhältnisse nun einmal nicht so sind, wurde vor neun Jahren jener Fachverband gegründet, um nicht zu sagen: ins Leben gerufen, dem mittlerweile mehr als zwanzig literaturfördernde Organisationen angehören, vom PEN-Zentrum Deutschland bis zur Verwertungsgesellschaft Wort, vom Börsenverein des Buchhandels bis zur Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, von der Stiftung Lesen bis zum Literarischen Colloquium Berlin. Seit 1991 veranstaltet die Arbeitsgemeinschaft jährliche Symposien in Leipzig, von denen die ersten acht in dem vorliegenden Band protokolliert sind. Der Titel "Die Geltung der Literatur" entspricht dem Tagungsthema von 1998, bezeichnet also den neueren Stand der in diesem Kreis geführten Debatten, an denen sich ein Prozess der Annäherung, aber auch der Aufhebung ablesen lässt: Die Begegnung mit der Literaturlandschaft des Ostens und die Bemühung um deren Integration in die von westlichen Strukturen geprägte Vereinigungs-Kultur, anfangs im Zentrum der Aufmerksamkeit, schien um die Mitte des letzten Jahrzehnts schon weitgehend aufgearbeitet zu sein.
Diskutierte man im Gründungsjahr die "Überlebenschancen" der ostdeutschen Schriftsteller und im folgenden die Lehrbarkeit des Dichtens im Zusammenhang mit der Neugründung des Leipziger Literaturinstituts, wurde 1993 noch westliche und östliche Nachwende-Literatur einander gegenübergestellt und wurden 1994 Schwierigkeiten der Übersetzer aus osteuropäischen Sprachen beleuchtet, so blieb die Lage im Osten danach allenfalls als "Element eines übergreifenden Problemfelds" (der Herausgeber) im Bewusstsein. Man befasste sich mit Geschichtsbildern und ihrer Verarbeitung, mit der Werktreue und dem Wandel der Jugendliteratur, bis man bei der Frage nach der Geltung der Literatur im Medienzeitalter angelangt war. Dazu aber äußerten sich, wenn man von Dieckmann als amtierendem Sprecher der Konferenz absieht, nur noch westdeutsche Referenten - wie überhaupt der Anteil östlicher Stimmen seit Beginn der Symposien kontinuierlich zurückging, wodurch sich das Gesprächsklima auf subtile Weise wandelte.
In der Dokumentation solcher Veränderungen und Verluste liegt der Wert des Bandes, der im Übrigen fühlbar macht, dass gesamtdeutsches Reden über Literatur recht ermüdend wirkt, wenn es geballt daherkommt. Allerdings kann man der Literaturkonferenz nicht vorwerfen, den Blick ins Leben vernachlässigt zu haben: Schriftsteller und solche, die es sein möchten, werden mit praxisbezogenen Ausführungen zur Künstlersozialversicherung, zum Urheberrecht oder zur Übersetzungsförderung bedient. Auch erfahren wir hier alles über eine vor vier Jahren gestiftete Auszeichnung, mit der die Konferenz herausragende Leistungen im Bibliothekswesen honoriert. "Einzelne Verdienste hervorhebend", heißt es im Geleitwort, "ehrt die Karl-Preusker-Medaille die Arbeit einer ganzen Zunft, die für die Zukunft des Wissens, der Bildung, einer sich über die Niederungen platter Gewinnsucht erhebenden Unterhaltung in unserm Volk von grundlegender Bedeutung ist." Erst das Pathos solcher Sätze verleiht diesem durch und durch deutschen Buch in seinem graubraunbeigen Einband ein Gewicht, das sich in Kilo nicht messen lässt.
KRISTINA MAIDT-ZINKE
Friedrich Dieckmann (Hrsg.): "Die Geltung der Literatur". Ansichten und Erörterungen. Aufbau Verlag, Berlin 1999. 524 S., geb., 148,- DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Kristina Maidt-Zinke gibt einen kurzen Abriss zu Gründung und Symposienthemen der Deutschen Literaturkonferenz, die 1991 als Teil der damals ins Leben gerufenen "Vereinigungs-Kultur" gegründet wurde und inzwischen "mehr als zwanzig literaturfördernde Organisationen" umfasst. Beim Thema der "Geltung der Literatur im Medienzeitalter" war man 1998 angelangt. Der vorliegende Band scheint jedoch nicht nur Beiträge dieser Tagung zu enthalten, sondern vielmehr die Gesamtentwicklung nachzuerzählen (leider äußert sich die Rezensentin darüber nicht dezidiert). Jedenfalls stellt Maidt-Zinke fest, dass der Einigungsprozess auf der Ebene der Diskussion über Literatur hier nachvollziehbar wird, und dass sich durch den kontinuierlichen Rückgang östlicher Stimmen das "Gesprächsklima auf subtile Weise" gewandelt hat, in welche Richtung es dabei ging, schreibt sie allerdings nicht. Interessierten Autoren wird zumindest nicht nur "das triste Graubraunbeige der Theorie" geboten, sondern ihnen werden auch praxisnahe Informationen zu Künstersozialversicherung, Übersetzungsförderung und Urheberrecht z.B. vorgelegt, versichert Maidt-Zinke.
© Perlentaucher Medien GmbH
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