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Ludwig von Mises (1881-1973), geboren in Lemberg, war in Wien einer der letzten Repräsentanten der Österreichischen Schule der Nationalökonomie. 1934 folgte er einem Ruf nach Genf, emigrierte 1940 nach New York, wo er von 1945 bis zu seinem Tode an der New York University lehrte. Aus seinem dortigen Seminar entwickelte sich die fünfte Generation der Österreichischen Schule, die der »Austro-Misesians«. Mises' reiches literarisches Werk ist "aus einer umfassenden Kenntnis der ökonomischen Theorie und einer Gesamtschau auf die Gesellschaft" (Kurt Leube) entstanden. Zu seinen Hauptwerken zählt das…mehr

Produktbeschreibung
Ludwig von Mises (1881-1973), geboren in Lemberg, war in Wien einer der letzten Repräsentanten der Österreichischen Schule der Nationalökonomie. 1934 folgte er einem Ruf nach Genf, emigrierte 1940 nach New York, wo er von 1945 bis zu seinem Tode an der New York University lehrte. Aus seinem dortigen Seminar entwickelte sich die fünfte Generation der Österreichischen Schule, die der »Austro-Misesians«. Mises' reiches literarisches Werk ist "aus einer umfassenden Kenntnis der ökonomischen Theorie und einer Gesamtschau auf die Gesellschaft" (Kurt Leube) entstanden. Zu seinen Hauptwerken zählt das 1922 erschienene "Die Gemeinwirtschaft", dessen zweite Auflage (1932) eine in der Geschichte der ökonomischen Lehrmeinungen als "Sozialismus-Debatte" bekannt gewordene Diskussion ausgelöst hat. Mises weist hier nach, daß eine Wirtschaftsrechnung in Planwirtschaften, in denen die Lenkung der Produktionsmittel über die Preise versucht wird, unmöglich ist. Durch Ausschaltung von Selbstverantwortlichkeit, Selbstinteresse und Geldwertberechnung ist der Sozialismus außerstande, auch nur den bescheidensten Ansprüchen in bezug auf Wirtschaftlichkeit der Produktion zu genügen. Als konsequent liberaler Nationalökonom ist Ludwig von Mises zeit seines Lebens ein kompromißloser Laisser-faire-Verfechter geblieben.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.04.2022

DAS GEPLANTE CHAOS

Vor 100 Jahren erklärte Ludwig von Mises, weshalb eine staatlich gelenkte Wirtschaft scheitern muss.

Von Philip Plickert

Manche Ideen, obwohl ziemlich schlecht, kommen immer wieder. Vor ein paar Tagen etwa haben die Münchner Jusos eine Resolution beschlossen, in der sie die "Vergesellschaftung" von Supermärkten forderten - also die Verstaatlichung. Nein, es war kein Aprilscherz. Die Versorgung mit Lebensmittel sei existenziell, argumentierten die Jungsozialisten. Diese wichtige Aufgabe dürfe nicht "dem Profitinteresse privater Supermarktkonzerne unterworfen sein", heißt es in dem Beschluss der SPD-Jugend. "Ernährung ist eine Klassenfrage!" Es müsse gemeinsam darüber entschieden werden, was und zu welchen Preisen Nahrungsmittel verkauft werden und wie sie produziert werden sollten.

Der "kapitalistische Markt" sei der Herausforderung nicht gewachsen, gesunde Lebensmittel bereitzustellen. In einem vom Pressesprecher der Münchner Jusos zusätzlich verlinkten Artikel des Magazins "Jacobin" wird die These weiter ausgeführt. Seit dem Kalten Krieg sei der Supermarkt ein "bedeutendes Symbol der kapitalistischen Propaganda", heißt es da. Schon vor Corona habe es aber nicht nur weitverbreitete Ernährungsuntersicherheit in kapitalistischen Ländern gegeben, sondern immer wieder auch Mangel an wichtigen Gütern. In der Corona-Panik habe sich das zugespitzt. Besser wäre eine geplante Wirtschaft. "Eine gerechte Verteilung von Toilettenpapier an alle Haushalte", so der "Jacobin"-Autor, "hätte uns in den letzten Monaten viel Leid ersparen können."

Denn Menschen in sozialistischen Mangelwirtschaften wäre jedoch viel Leid erspart geblieben, wenn man vorher die wirtschaftswissenschaftliche Logik verstanden hätte, warum Sozialismus nicht funktioniert. Schon vor hundert Jahren hat der österreichische Ökonom Ludwig von Mises (1881 bis 1973) in seinem bahnbrechenden Buch "Die Gemeinwirtschaft" dazu zentrale Argumente vorgelegt. Andere Kritiker hatten zuvor vor allem gewarnt, dass im Kommunismus der Anreiz zur Leistung fehle, wenn es kein Privateigentum mehr gebe, keine Gewinne mehr möglich seien und alle das Gleiche erhielten. Aber ist die Anreizproblematik der Hauptfehler des Sozialismus?

Ludwig von Mises hob in seinem 1922 publizierten Buch ein anderes Defizit hervor: Es fehle an Informationen und Wissen, damit eine zentrale Wirtschaftsplanung effizient möglich sei. Mises schrieb hart und apodiktisch: "Die Theorie der Wirtschaftsrechnung zeigt, dass im sozialistischen Gemeinwesen Wirtschaftsrechnung nicht möglich ist." Ohne Privateigentum und ohne freien Austausch am Markt bilden sich keine aussagekräftigen Preise, die Knappheit, Begehrtheit und Nutzen von unterschiedlichen Gütern ausdrücken.

Somit fehlt die essenzielle Information für eine rationale Allokation von Ressourcen. Man kann nicht sagen, was mit den vorhandenen Ressourcen (Arbeit, Rohstoffe, Kapital) produziert werden soll. Mehr Äpfel oder Birnen, mehr Stahl oder Aluminium, Autos, Züge, Smartphones oder Kühlschränke? Es fehlt das Signal, in welche Verwendung die Ressourcen gelenkt werden sollen. Die zentrale Planungsbehörde tappt im Dunkeln. Ihre Produktion, geplant im Blindflug, geht am Bedarf vorbei: Von manchen Produkten gibt es zu viel, an anderen herrscht Mangel. Sie können nicht flexibel auf Nachfrageänderungen reagieren, wenn diese nicht über Preise kommuniziert werden. Und diese Probleme sind umso schwerwiegender, je komplexer eine Wirtschaft wird.

Die Geschichte der Sowjetunion (gegründet 1922, als das Buch "Die Gemeinwirtschaft" herauskam), der DDR und vieler anderer sozialistischer Staaten hat Mises' Argument eindrucksvoll bestätigt. Sie hatten nicht nur ständig mit Anreizproblemen, sondern vor allem mit inhärenten Informations- und Innovationsproblemen zu kämpfen. Die bürokratisch erstellten Pläne passten vorne und hinten nicht zusammen, ständig fehlte es an Vorprodukten, kam es zu Stockungen im Produktionsablauf, mussten die Pläne korrigiert und neujustiert werden. Mises sprach später von einem "geplanten Chaos". Vor allem aber gab es gigantische Ineffizienz und Ressourcenverschwendung. Die Wirtschaft verfiel, die Bevölkerung verarmte.

In Wien war Mises in den Zwischenkriegsjahren ein wichtiger Ökonom, dessen Worte gehört wurden. Schon 1919 hatte der Liberale seine Gedanken in der Nationalökonomischen Gesellschaft auch vor sozialistischen Kollegen erläutert, die nach dem Weltkrieg und angesichts der Oktoberrevolution in Russland überzeugt waren, dass dem Sozialismus die Zukunft gehöre. Seine Argumente zur Wirtschaftsrechnung lösten einen jahrelangen wissenschaftlichen Streit aus, die sogenannte "sozialistische Kalkulationsdebatte". Die marxistischen Ökonomen Oskar Lange und Abba Lerner stellten die Gegenthese auf, dass auch im Sozialismus eine rationale und effiziente Wirtschaftsrechnung möglich sei, indem nämlich Markt und Wettbewerb von den staatlichen Unternehmen in gewisser Weise simuliert würden. In einem Prozess von Versuch und Irrtum werde der Plan perfektioniert.

Später, nach dem Zweiten Weltkrieg, hoffte Lange (der im kommunistischen Polen wichtige politische Posten innehatte), dass Großcomputer in der Lage sein könnten, die richtigen Preise auszurechnen, wenn sie mit allen nötigen Informationen gefüttert würden. Im Beschluss der Münchner SPD-Jugend von Anfang April schwingt noch immer etwas von dieser Ansicht mit, wenn sie schreiben, dass in Supermarktkonzernen für die Planung des Sortiments "komplexe Datensätze und Algorithmen angewandt werden, die viele schwankende Variablen berücksichtigen". Die Münchner SPD-Jugend meint, wenn ein privater Konzern seine Angebote mit Daten und Computern steuere, dann könne das ja auch eine Staatswirtschaft.

Doch das ist falsch. Den Irrtum hat Mises' Freund Friedrich August von Hayek erklärt. Denn die "Daten", die man für eine solche Großberechnung brauchte (etwa Schattenpreise und Opportunitätskosten), sind ja gar nicht gegeben und zentral verfügbar. Sie bilden sich dezentral im Austausch von Millionen Menschen, gespiegelt in Preisen. Kein Planer kann jemals die Informationen vorab zentral sammeln, betonte Hayek. Es ist unmöglich, die Effizienz von Märkten als dezentrale Informationsmechanismen zu erreichen. Würde man alle Supermärkte verstaatlichen ("vergesellschaften", wie die Jusos schreiben), wären Mangel und höhere Kosten die Folge. Planwirtschaft wird immer ineffizient sein. Das verhindert freilich nicht, dass sozialistische Ideen offenbar unausrottbar immer wieder neue Anhänger finden.

James Clark: Warum wir Supermärkte verstaatlichen sollten, Jacobin Online-Magazin, 6.12.2021

Ludwig von Mises: Die Gemeinwirtschaft: Untersuchungen über den Sozialismus, Wien 1922 (Neuauflage Stuttgart 2007).

Thorsten Polleit: Ludwig von Mises: Der kompromisslose Liberale, München 2022

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