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Bayern heute: mit seinen Städten und Landschaften, seinen Schlössern und Seen, seinen Bergen und Biergärten ein beliebtes Reiseziel, wirtschaftlich erfolgreich, politisch konservativ, der Bannerträger des deutschen Förderalismus. Die Geschichte dieses Landes erzählt Friedrich Prinz neu, und er erzählt sie kompetent, lebendig und auf dem neuesten Stand der Forschung.

Produktbeschreibung
Bayern heute: mit seinen Städten und Landschaften, seinen Schlössern und Seen, seinen Bergen und Biergärten ein beliebtes Reiseziel, wirtschaftlich erfolgreich, politisch konservativ, der Bannerträger des deutschen Förderalismus. Die Geschichte dieses Landes erzählt Friedrich Prinz neu, und er erzählt sie kompetent, lebendig und auf dem neuesten Stand der Forschung.
Autorenporträt
Friedrich Prinz, geb. 1928, Historiker, emeritierter Professor der Universität München, ist durch zahlreiche Bücher und Aufsätze als einer der bedeutendsten Frühmittelalterforscher der Gegenwart bekanntgeworden. Weitere Schwerpunkte seiner Arbeit sind die Geschichte Bayerns und der Böhmischen Länder. Der Autor ist auch mit einer Reihe von Fernseh- und Rundfunksendungen hervorgetreten.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.07.1997

In der Venusgrotte schnurrte der Elektromotor
Grüß Gott, du mein lieb' Bayernland: Friedrich Prinz erzählt die bajuwarische Geschichte der letzten zwölf Jahrhunderte

Mit seiner Geschichte Bayerns will Friedrich Prinz - zumindest behauptet er das - "Herz und Vernunft der Leser ansprechen". Ein "lesbares" Buch soll es sein, sogar ein "buntes". Nun, das Herz des Verfassers hängt an dem Sujet, während das des Lesers über weite Strecken weder höher schlagen noch sich zusammenkrampfen wird. Meistens nämlich hält Prinz es doch lieber mit der Vernunft, zumal seine Urteilskraft stärker als seine Suggestivkraft ist, sein Gerechtigkeitssinn ausgeprägter als seine Sentimentalität.

Lesbar im Sinn von verstehbar ist das Werk - mit geringfügigen Ausnahmen. Was bitte ist "ein eher nachempfindendes als substantielles Opus"? Diese Bemerkung über die fünfbändige "Christliche Mystik" von Joseph Görres fällt auf, denn gewöhnlich wird Rätselhaftes vermieden. Wissenschaftsjargon fehlt, erfreulicherweise aber auch sein Gegenteil, der flapsige, angestrengt saloppe Dauersound. Und ein bißchen "bunt" ist notgedrungen jeder Bericht, der ein gutes Jahrtausend auf nicht einmal fünfhundert Seiten abhandelt; Prinz indes ist ein Erzähler, der die Farben dämpft. Er liebt die Dramatik weitaus weniger als die ruhige Betrachtung und ist nicht unzufrieden, wenn nichts passiert.

In der bayerischen Geschichte von Tassilo III. bis Franz Josef Strauß will er "etwas ungemein Stimmiges" entdeckt haben. Das wäre der rote Faden, der einem historischen Werk Sinn und Zusammenhang verleihen soll, der die Geschichte auszeichnet vor Chronik und Statistik. Die Realität, zumal eine jahrhundertelange, besticht aber selten durch Stimmigkeit. Dies zu verschleiern, ist der emeritierte Professor für Mittelalterliche Geschichte und vergleichende Landesgeschichte viel zu ehrlich und seriös.

Manchmal scheint es, als meine er den Volkscharakter. Den aber läßt er, wenn es ernst wird, in der Regel auf sich beruhen und redet lieber von Personen wie dem Grafen Montgelas, der tausend Jahre nach Tassilo tatsächlich die innere Einheit Bayerns, dieses seltsamen Frankenbayerns, geschaffen hat. Ein Mann "mit Energie, Glück und Nervenstärke" - eine Trias, um die er zu beneiden ist. Einmal zögerte Montgelas, sich "mit Feuer" für die Besteuerung des Grundbesitzes auszusprechen und begründete seine Zurückhaltung so: "Ich erwecke sonst den Eindruck, mich für eine Sache einzusetzen, zu deren Kosten ich nicht beitrage." Ein herrlicher Satz, geeignet als Kalenderspruch für fast jeden Politiker, und ein Beispiel dafür, daß Prinz aus den Quellen wirkungsvoll zu zitieren versteht.

Er schreibt aber keine Geschichte der inneren Einheit Bayerns. Sein Thema ist auch nicht das Spannungsverhältnis des Teils zum Ganzen, des Bayernlandes zu Deutschland. Strenggenommen hat er überhaupt kein Thema, sondern nur Interesse an einem Territorium von häufig wechselnder Gestalt. Er hat gelernt, daß es mit der politischen Geschichte nicht getan ist, vielmehr auch die Wirtschafts-und Sozialgeschichte zu ihrem Recht kommen müssen und etwas Kulturgeschichte nicht schaden kann. Wie aber steht es mit der Philosophie? Da hatte also im vierzehnten Jahrhundert Kaiser Ludwig der Bayer es plötzlich mit einem William von Occam und einem Marsilius von Padua zu tun. Das wird denn auch geschildert, menschlich eindrucksvoll und ideengeschichtlich präzis. War es dann aber für Jahrhunderte aus mit der Philosophie? Dem Schweigen des Verfassers könnte entnommen werden, die Bayern seien geistig ganz ohne Descartes, Hume und Kant ausgekommen. So geht es, wenn nicht klar ist, worüber berichtet werden soll.

In dem Kapitel über Literatur und Gesellschaft vor dem Ersten Weltkrieg stellt der Autor an München "gewisse Defizite" fest und begründet das unter anderem mit der Bemerkung, die Stadt habe Richard Strauss ziehen lassen, ihren größten musikalischen "Genius". Was Musik betrifft, sind jedoch die Defizite beim Verfasser weitaus größer als bei der Stadt München. Über Strauss weiß er nichts zu sagen, außer daß die Heimatstadt ihn ziehen ließ. Vielleicht versteht Prinz nur wenig von Musik, was belanglos wäre, wenn er sich bloß über Kaiser Ludwig oder den Grafen Montgelas äußerte, was jedoch störend ist, da er sich der bayerischen Vielfalt und Eigenartigkeit annimmt. Am meisten liegt ihm, wenngleich nicht seinen Bayern, die Literatur. Mit wenigen sicheren Strichen wird Jean Paul charakterisiert, in gebührender Ausführlichkeit Johann Andreas Schmeller gewürdigt, der von Jacob Grimm hochgeschätzte Schöpfer eines philologischen Meisterwerks, des "Bayerischen Wörterbuchs".

Zum Glück ist das Bayern-Buch von anderem Kaliber als sein Umschlagbild, eine Kitschpostkartenansicht von Schloß Neuschwanstein im Dunst. Zu einem wirklichen Kenner König Ludwigs II., wie Prinz es ist, paßt das nicht. Da paßt schon eher seine Anmerkung über "ein Paradoxon besonderer Art", über den ersten funktionsfähigen Elektromotor der Firma Siemens, Bestandteil der Venusgrotte bei Schloß Linderhof. Zum Glück ist auch die Bemerkung, das Oktoberfest habe "identitätsstiftend" gewirkt, nur ein Ausrutscher ohne Folgen für die Gesamtdarstellung.

Prinz kommt immer wieder auf Momente der Modernität zu sprechen und überläßt die Folklore denen, die darauf hereinfallen möchten. Wohl erwähnt er das "unterschwellige Mißtrauen" der Bevölkerung "gegen allzu Neues", doch schließt er sich durch Verwendung der Vokabel "allzu" diesem Mißtrauen gewissermaßen an. Feuerbachs Strafrechtsreform zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts war jedenfalls beispielhaft. Schon zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts hatte München im "Müllerschen Volksbad" eine im Sommer wie im Winter funktionierende Badeanstalt für jedermann und in einem Harlachinger Krankenhaus die erste städtische Lungenheilstätte. Und in der Zeit des Jugendstils wurde der Smog zwar nicht so genannt, dafür aber gemessen und schlechter Werte wegen der Botanische Garten aus der Münchner Innenstadt nach Nymphenburg verlegt. ROSWIN FINKENZELLER

Friedrich Prinz: "Die Geschichte Bayerns". Piper Verlag, München, Zürich 1997. 525 S., Abb., geb., 68,- DM.

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»Friedrich Prinz erreicht eine Leserschaft, wie sie nur wenigen Historikern vergönnt ist.«
(Frankfurter Allgemeine Zeitung)