Ein literarisches Abenteuer, ein großer Gesang, ein feministisches Manifest: Feridun Zaimoglus neuer Roman ist ein unverfrorenes Bekenntnis zur Notwendigkeit einer neuen Menschheitserzählung - aus der Sicht der Frau.
Dieses Buch erzählt eine unerhörte Geschichte. Es lässt zehn außerordentliche Frauen zur Sprache kommen vom Zeitalter der Heroen bis in die Gegenwart. Es sind Menschen, deren Sicht auf die Dinge nicht überliefert wurde. Weil Männer geboten, die Wahrheit tilgten und die Lüge zur Sage verdichteten. Diesen Frauen war es vorbehalten, schweigend unsichtbar zu bleiben oder dekorativ im Bild zu stehen. Doch nun sprechen sie - klar und laut, wie eine abgefeuerte Kugel.
Feridun Zaimoglu zeigt sich in seinem neuen Roman erneut als ein Meister der Vielstimmigkeit. Was ihm dabei gelingt, ist ein regelrechtes Wunder. Die Figuren dieses Buches klingen nicht nur lebendig - sie werden es: von Antigone über Judith bis Valerie Solanas. Kraftvoll, poetisch und subversiv. Kein Friedensangebot. Keine Schmeichelei. Tabula Rasa!
Folgende Frauen kommen zu Wort:
Zippora 1490 v. Chr. - schwarzhäutige Frau des Moses Antigone Zeitalter der Heroen - Streiterin gegen Gewaltherrschaft Judith 6. Tag nach der Auferstehung - Jüngerin Jesu, Frau des Judas Brunhild 429 - zaubermächtige Walküre, Kriegerkönigin Prista Frühbottin 1540 - heilkundige Frau, der Hexerei bezichtigt Lore Lay 1799 - Magd, die sich vom Dichter nicht bannen lässt Lisette Bielstein 1849 - rote Fabrikantentochter Hildrun Tilmanns 1945 - Trümmerfrau Leyla 1965 - Gastarbeiterin der ersten Stunde Valerie Solanas 1968 - Feministin, die zur Waffe greift
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Dieses Buch erzählt eine unerhörte Geschichte. Es lässt zehn außerordentliche Frauen zur Sprache kommen vom Zeitalter der Heroen bis in die Gegenwart. Es sind Menschen, deren Sicht auf die Dinge nicht überliefert wurde. Weil Männer geboten, die Wahrheit tilgten und die Lüge zur Sage verdichteten. Diesen Frauen war es vorbehalten, schweigend unsichtbar zu bleiben oder dekorativ im Bild zu stehen. Doch nun sprechen sie - klar und laut, wie eine abgefeuerte Kugel.
Feridun Zaimoglu zeigt sich in seinem neuen Roman erneut als ein Meister der Vielstimmigkeit. Was ihm dabei gelingt, ist ein regelrechtes Wunder. Die Figuren dieses Buches klingen nicht nur lebendig - sie werden es: von Antigone über Judith bis Valerie Solanas. Kraftvoll, poetisch und subversiv. Kein Friedensangebot. Keine Schmeichelei. Tabula Rasa!
Folgende Frauen kommen zu Wort:
Zippora 1490 v. Chr. - schwarzhäutige Frau des Moses Antigone Zeitalter der Heroen - Streiterin gegen Gewaltherrschaft Judith 6. Tag nach der Auferstehung - Jüngerin Jesu, Frau des Judas Brunhild 429 - zaubermächtige Walküre, Kriegerkönigin Prista Frühbottin 1540 - heilkundige Frau, der Hexerei bezichtigt Lore Lay 1799 - Magd, die sich vom Dichter nicht bannen lässt Lisette Bielstein 1849 - rote Fabrikantentochter Hildrun Tilmanns 1945 - Trümmerfrau Leyla 1965 - Gastarbeiterin der ersten Stunde Valerie Solanas 1968 - Feministin, die zur Waffe greift
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
»Wortschatz und Vorstellungskraft des Wuchtbuches sind immens.« Caroline Fetscher Der Tagesspiegel 20190320
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.03.2019Harte Kruste, gedämpftes Herz
Monologe am Bühnenrand: Feridun Zaimoglus "Die Geschichte der Frau"
Zippora, Antigone, Judith, Brunhild, Lisette Bielstein und Valerie Solanas, dazu ein Opfer des Hexenwahns, eine Trümmerfrau, eine türkische Migrantin und eine gewisse Lore Lay: Die Erzählerinnen in Feridun Zaimoglus für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiertem Werk "Die Geschichte der Frau" stammen aus dreitausendfünfhundert Jahren der Menschheitsgeschichte. Anders etwa als im Fall von Christine Brückners "Wenn du geredet hättest, Desdemona" wären einem wohl die wenigsten von ihnen eingefallen, wenn es um ein solches Projekt geht, und nicht nur in dieser Hinsicht wirkt Zaimoglus Buch originell: Zippora, der Frau des Moses, die den meisten Lesern neu sein wird, verleiht der Autor eine Sprache, die von fern an das Deutsch des Alten Testaments erinnert, und das dröhnende Erzählen Brunhilds, die sich selbst "kraftkühne Kriegerin" nennt, zeigt Anklänge an die Stabreimdichtung der Edda.
Ganz offensichtlich bemüht sich Zaimoglu insgesamt in diesem Band, jeder Erzählerin eine eigene Sprache zu verleihen und diese wiederum deutlich von der uns vertrauten abzuheben - ein doppelter Ansatz, der naturgemäß auf den ersten Blick eher dort einleuchtet, wo uns auch die Personen zeitlich und kulturell fern sind. Allerdings zielt Zaimoglu gar nicht auf ein realistisches Bild einer bestimmten Frau in einer bestimmten Epoche und schon gar nicht auf eine Sprache, die derjenigen gleicht, die man in einem solchen Fall erwarten könnte. So gibt sich eine gewisse Hiltrud Tillmans in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs und in den ersten des Friedens betont hart und ungerührt, auch wenn sie den Invaliden, mit dem sie gerade noch lange Gespräche geführt hat, bei ihrer Rückkehr in den Unterschlupf mit eingeschlagenem Schädel antrifft. Dann holt sie tief Luft und setzt zur Rede an: "Ein Brand der Vergeltung, haben wir es nicht verdient, nicht die Kinder, nicht die Alten, doch wir haben die Bomber gerufen" - und schließlich: "Tote Nerven, keine Heilung möglich, sie müssten durch viele Krusten schneiden und durch die Läuse, bis sie auf verdorrte Organe stoßen, auf ein gedämpft schlagendes Herz."
Immer wieder sieht man die Erzählerinnen durch die Jahrtausende wie auf einer Bühnenrampe stehen und mit Theaterstimme zu uns sprechen. Und immer wieder macht es sich eine Erzählerin zu leicht, weil sie die angestrengt fremde Sprache für allzu naheliegende Bilder einsetzt, etwa wenn Brunhild die Reaktion ihres ärgsten Feindes auf die Nachricht schildert, ihre Schwägerin Kriemhild habe von Siegfried reich geerbt: ",Der Nibelungenhort', sagt Hagen hart, seine Augen glimmen" - derlei klingt dann nicht sprachmächtig, sondern hilflos. Immerhin: Einen Hagen, der ständig an die Leiche des von ihm ermordeten Siegfried tritt, weil ihn das dann aufs neue fließende Blut so erfreut, kannte die Nibelungenrezeption noch nicht.
TILMAN SPRECKELSEN
Feridun Zaimoglu:
"Die Geschichte der Frau". Roman.
Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2019. 400 S., geb., 24,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Monologe am Bühnenrand: Feridun Zaimoglus "Die Geschichte der Frau"
Zippora, Antigone, Judith, Brunhild, Lisette Bielstein und Valerie Solanas, dazu ein Opfer des Hexenwahns, eine Trümmerfrau, eine türkische Migrantin und eine gewisse Lore Lay: Die Erzählerinnen in Feridun Zaimoglus für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiertem Werk "Die Geschichte der Frau" stammen aus dreitausendfünfhundert Jahren der Menschheitsgeschichte. Anders etwa als im Fall von Christine Brückners "Wenn du geredet hättest, Desdemona" wären einem wohl die wenigsten von ihnen eingefallen, wenn es um ein solches Projekt geht, und nicht nur in dieser Hinsicht wirkt Zaimoglus Buch originell: Zippora, der Frau des Moses, die den meisten Lesern neu sein wird, verleiht der Autor eine Sprache, die von fern an das Deutsch des Alten Testaments erinnert, und das dröhnende Erzählen Brunhilds, die sich selbst "kraftkühne Kriegerin" nennt, zeigt Anklänge an die Stabreimdichtung der Edda.
Ganz offensichtlich bemüht sich Zaimoglu insgesamt in diesem Band, jeder Erzählerin eine eigene Sprache zu verleihen und diese wiederum deutlich von der uns vertrauten abzuheben - ein doppelter Ansatz, der naturgemäß auf den ersten Blick eher dort einleuchtet, wo uns auch die Personen zeitlich und kulturell fern sind. Allerdings zielt Zaimoglu gar nicht auf ein realistisches Bild einer bestimmten Frau in einer bestimmten Epoche und schon gar nicht auf eine Sprache, die derjenigen gleicht, die man in einem solchen Fall erwarten könnte. So gibt sich eine gewisse Hiltrud Tillmans in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs und in den ersten des Friedens betont hart und ungerührt, auch wenn sie den Invaliden, mit dem sie gerade noch lange Gespräche geführt hat, bei ihrer Rückkehr in den Unterschlupf mit eingeschlagenem Schädel antrifft. Dann holt sie tief Luft und setzt zur Rede an: "Ein Brand der Vergeltung, haben wir es nicht verdient, nicht die Kinder, nicht die Alten, doch wir haben die Bomber gerufen" - und schließlich: "Tote Nerven, keine Heilung möglich, sie müssten durch viele Krusten schneiden und durch die Läuse, bis sie auf verdorrte Organe stoßen, auf ein gedämpft schlagendes Herz."
Immer wieder sieht man die Erzählerinnen durch die Jahrtausende wie auf einer Bühnenrampe stehen und mit Theaterstimme zu uns sprechen. Und immer wieder macht es sich eine Erzählerin zu leicht, weil sie die angestrengt fremde Sprache für allzu naheliegende Bilder einsetzt, etwa wenn Brunhild die Reaktion ihres ärgsten Feindes auf die Nachricht schildert, ihre Schwägerin Kriemhild habe von Siegfried reich geerbt: ",Der Nibelungenhort', sagt Hagen hart, seine Augen glimmen" - derlei klingt dann nicht sprachmächtig, sondern hilflos. Immerhin: Einen Hagen, der ständig an die Leiche des von ihm ermordeten Siegfried tritt, weil ihn das dann aufs neue fließende Blut so erfreut, kannte die Nibelungenrezeption noch nicht.
TILMAN SPRECKELSEN
Feridun Zaimoglu:
"Die Geschichte der Frau". Roman.
Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2019. 400 S., geb., 24,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main