Das divergierende Selbstverständnis beruflicher Sozialarbeit wird entschei dend von ihren heterogenen historischen Ursprüngen geprägt, deren unter schiedliche Konturen und Traditionen das prosoziale Verhalten bis in die sog. Postmoderne hinein beeinflussen. Institutionell konkretisieren sich diese Diffe renzen in den unterschiedlichen Trägern und Einrichtungen sozialer Arbeit; in der beruflichen Praxis in den vielfaItigen Arbeitsfeldern und Arbeitsformen so zialer Hilfstätigkeit. Darüber hinaus basieren aber auch die Auseinanderset zungen aufwissenschaftstheoretischer Ebene, insbesondere geführt in den hef tigen Debatten zur Problematik des Theorie- und Praxisdilemmas sowie den Kontroversen innerhalb des Professionalisierungs- und Methodenstreits, oft mals auf entwicklungsgeschichtlich bedingten, normativen Implikationen. Konsens besteht lediglich darüber, daß die professionelle Sozialarbeit das Pro dukt tiefgreifender gesellschaftlicher Veränderungsprozesse ist, die ideenge schichtlich geprägt wurden durch die Philosophie der Aufklärung, des Libera lismus sowie des vom ,laisser faire'-Prinzip geprägten industriellen Kapitalis mus Adam Smithscher Provenienz. Gesellschaftspolitisch leitete dieses ideengeschichtliche Gedankengut spätestens zu Beginn des 19. Jahrhunderts einen Prozeß sozialen Wandels ein, der als Übergang von der ständisch-feuda len zur modernen bürgerlichen Industriegesellschaft zu charakterisieren ist und sich konkretisierte in dynamischen Technisierungs- und Produktionspro zessen, Migrationsbewegungen, zunehmender Urbanisierung und demogra phischen Umschichtungsbewegungen. Im Vergleich zu den anderen europäischen Nachbarstaaten nahm das vor industrielle England diesbezüglich eine unangefochtene Pionierrolle ein und kann daher ohne Übertreibung als das Mutterland institutionalisierter sozialer Arbeit bezeichnet werden. Um so bemerkenswerter ist der Umstand, daß sich berufsgeschichtlich orientierte Publikationen der Sozialarbeit primär mit der Entstehung der öffentlichen und privaten Armenfürsorge in Deutschland aus einandersetzen, ohne deren historische Wegbereiter dezidierter zu erforschen.