Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.04.2006Blick zurück in Sehnsucht
Daß Pommernland abgebrannt ist, wie wir aus dem Kinderlied wissen, gilt ganz besonders für die Insel Usedom. Im Wortsinn ist Usedom abgebrannt durch die Bombenangriffe zuerst auf Peenemünde, am 12. März 1945, aber auch auf Swinemünde, damals eine Stadt voller Flüchtlinge. Im übertragenen Sinn ist die Insel abgebrannt, weil ihr auf ausdrückliche Forderung Stalins das Zentrum abgeschnitten wurde, eben Swinemünde am östlichen Ende der Insel. Die Stadt kam zu Polen und wurde von den neuen Besitzern wörtlich übersetzt: "Swinoujscie". Es ging bei dieser Entscheidung gar nicht um Swinemünde, sondern um die Zufahrt zum ebenfalls polnisch gewordenen Hafen von Stettin. Die DDR tat dann ihr übriges, um den Usedomer Rest verwahrlosen zu lassen. Der Nordteil um Peenemünde blieb wie in der Zeit der Nationalsozialisten, die dort an den "Vergeltungswaffen" probten, Militärgebiet. Der Südteil wurde Feriengebiet für die Massen. Das Ende der DDR kam gerade noch rechtzeitig, um die alte, verspielte Seebadarchitektur zu retten. Usedom blüht auf, wenigstens entlang der Ostseeküste. Das hat auch das Interesse an der Geschichte der Insel geweckt als einen Teil der pommerschen Geschichte. Doch arbeitet sich Dirk Schleinert in seinem Band nicht nur an historischen Daten ab, er beleuchtet auch die wirtschaftliche, kulturelle, soziale Entwicklung Usedoms. Schleinert ist zwar Greifswalder, aber er hat sein Buch sozusagen unter Heimweh geschrieben: Er arbeitet im Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt in Magdeburg. Ein Archivar läßt sich nichts durchgehen. So ist das Solide, Sorgsame, Genaue dem Buch auf jeder Seite anzumerken. Für Usedom-Reisende ist das Sekundärliteratur, für die vielen schon gewonnenen Freunde der Insel eine gern wahrgenommene Pflicht.
F.P.
"Die Geschichte der Insel Usedom" von Dirk Schleinert. Hinstorff Verlag, Rostock. 2005, 192 Seiten, zahlreiche Abbildungen und Karten. Gebunden, 12,90 Euro. ISBN 3-356-01081-6.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Daß Pommernland abgebrannt ist, wie wir aus dem Kinderlied wissen, gilt ganz besonders für die Insel Usedom. Im Wortsinn ist Usedom abgebrannt durch die Bombenangriffe zuerst auf Peenemünde, am 12. März 1945, aber auch auf Swinemünde, damals eine Stadt voller Flüchtlinge. Im übertragenen Sinn ist die Insel abgebrannt, weil ihr auf ausdrückliche Forderung Stalins das Zentrum abgeschnitten wurde, eben Swinemünde am östlichen Ende der Insel. Die Stadt kam zu Polen und wurde von den neuen Besitzern wörtlich übersetzt: "Swinoujscie". Es ging bei dieser Entscheidung gar nicht um Swinemünde, sondern um die Zufahrt zum ebenfalls polnisch gewordenen Hafen von Stettin. Die DDR tat dann ihr übriges, um den Usedomer Rest verwahrlosen zu lassen. Der Nordteil um Peenemünde blieb wie in der Zeit der Nationalsozialisten, die dort an den "Vergeltungswaffen" probten, Militärgebiet. Der Südteil wurde Feriengebiet für die Massen. Das Ende der DDR kam gerade noch rechtzeitig, um die alte, verspielte Seebadarchitektur zu retten. Usedom blüht auf, wenigstens entlang der Ostseeküste. Das hat auch das Interesse an der Geschichte der Insel geweckt als einen Teil der pommerschen Geschichte. Doch arbeitet sich Dirk Schleinert in seinem Band nicht nur an historischen Daten ab, er beleuchtet auch die wirtschaftliche, kulturelle, soziale Entwicklung Usedoms. Schleinert ist zwar Greifswalder, aber er hat sein Buch sozusagen unter Heimweh geschrieben: Er arbeitet im Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt in Magdeburg. Ein Archivar läßt sich nichts durchgehen. So ist das Solide, Sorgsame, Genaue dem Buch auf jeder Seite anzumerken. Für Usedom-Reisende ist das Sekundärliteratur, für die vielen schon gewonnenen Freunde der Insel eine gern wahrgenommene Pflicht.
F.P.
"Die Geschichte der Insel Usedom" von Dirk Schleinert. Hinstorff Verlag, Rostock. 2005, 192 Seiten, zahlreiche Abbildungen und Karten. Gebunden, 12,90 Euro. ISBN 3-356-01081-6.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Mehr als ein Reiseführer, nämlich eigentlich schon "Sekundärliteratur" ist dieses Usedom-Buch aus der Sicht von Rezensent Frank Pergande. Lobend hebt er besonders das "Sorgsame, Solide, Genaue" hervor, das dem Buch seinem Eindruck zufolge auf jeder Seite anzumerken ist. Autor Dirk Schleinert stelle nicht nur die Geschichte der Insel dar, sondern beleuchte auch alle Aspekte ihrer Entwicklung.
© Perlentaucher Medien GmbH
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