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Drei Familien haben in 75 Jahren ein weltumfassendes Firmengeflecht aufgebaut. Rama, Lätta, Sunil, Langnese, Knorr, Pfanni und viele andere Waren und Produkte gehören inzwischen zum Alltag von Millionen Menschen. Eine Erfolgsgeschichte, wie es sie nur wenige gibt, und eine spannende Lesegeschichte aus der Welt der Wirtschaft.

Produktbeschreibung
Drei Familien haben in 75 Jahren ein weltumfassendes Firmengeflecht aufgebaut. Rama, Lätta, Sunil, Langnese, Knorr, Pfanni und viele andere Waren und Produkte gehören inzwischen zum Alltag von Millionen Menschen. Eine Erfolgsgeschichte, wie es sie nur wenige gibt, und eine spannende Lesegeschichte aus der Welt der Wirtschaft.
Autorenporträt
Manfred Bissinger, geboren 1940, ist Journalist und Publizist. Die wichtigsten Etappen seiner journalistischen Laufbahn: stellvertretender Chefredakteur des "Stern", Sprecher des Hamburger Senats, Chefredakteur der Magazine "konkret", "Natur" und "Merian", Herausgeber und Chefredakteur der Wochenzeitung "Die Woche" sowie Geschäftsführer von Hoffmann und Campe Corporate Publishing in Hamburg.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.07.2006

"Liegt dir Gestern klar und offen ..."
Firmengeschichte wird immer häufiger in spannenden Büchern und schönen Bildbänden präsentiert / Von Georg Giersberg

FRANKFURT, 3. Juli. "In einem der hinteren Waggons öffnet ein schlanker Mann die rückwärtige Tür nach draußen. Sie war unverschlossen, eigentlich seltsam. Der junge Mann schaut, auf der rostigen Ein- und Ausstiegstreppe des Waggons stehend, mit nervös-tastenden Blicken immer wieder rasch nach links und rechts, schließlich nach vorne, wo sich direkt hinter der Lok der Waggon mit den amerikanischen Bewachern befindet, schwere Maschinenpistolen bei sich tragend. Plötzlich wird eine schmale Bergschneise sichtbar. Die Chance. Tief atmet der Einundzwanzigjährige nun durch, federt mehrmals mit den Knien, blickt schräg nach vorn zu den leicht abschüssigen Hängen, dahin wo die Schneedecke viel dicker aussieht als bisher, blickt weiter angestrengt nach vorne, wo jetzt die schnaubende und rauchende Lok von der engen Passage verschluckt wird. Jetzt oder nie, keiner wird hier auf dich schießen können. Der Kriegsgefangene befiehlt sich selbst, an nichts Weiteres zu denken. Springen - nur darum geht es. Den Bruchteil einer Sekunde später befindet er sich im freien Fall, . . ."

Das ist nicht der Anfang eines Kriminalromans, sondern der Beginn einer Unternehmensgeschichte. Hier wird das Schicksal von Claus Riedel beschrieben, der nach dem Zweiten Weltkrieg die Glaswerke Riedel wieder aufgebaut hat. Dieses sehr persönlich gehaltene Kapitel ist an den Anfang einer Unternehmensbiographie gestellt worden, die dieser Tage unter dem Titel "Riedel. Glasmacher seit 250 Jahren. Geschichte und Zukunft" bei Droemer erschienen ist.

Dieses schöne Buch steht für zwei Entwicklungen der Unternehmensgeschichte in Deutschland insgesamt. Zum einen findet die Herkunft der Unternehmen wieder Beachtung. Lange Jahre war Unternehmensgeschichte ein Tabu oder Inhalt belangloser Werbeschriften, die nur Erfolge bestimmter Produkte nachzeichneten. Man hielt einerseits die Vergangenheit für vergangen und frei nach Motto, daß Wissen immer schneller veralte, auch für irrelevant. Zum zweiten hatte man in vielen Fällen Angst vor der Aufdeckung dunkler Punkte in der eigenen Geschichte. Vor allem die Aufdeckung der Verstrickungen in den Nationalsozialismus des Dritten Reiches fürchteten viele.

Das Interesse an der Geschichte hat aber wieder zugenommen. Nicht zuletzt die Flut historischer Laienzeitschriften ist ein Indiz dafür. Und die politischen Verstrickungen in den Jahren 1933 bis 1945 schrecken heute weit weniger, seit sich führende Großkonzerne erstens dazu bekannt haben und zweitens diesen Teil ihrer Geschichte von Historikern haben sauber aufarbeiten lassen. Teilweise unberechtigte Vorwürfe und das Tauziehen um die Entschädigung von Holocaust-Opfern und Zwangsarbeitern haben das ihre dazu beigetragen, daß dieser Teil der Unternehmensgeschichte von der Deutschen Bank über Allianz, Daimler, Degussa, Hoechst, Krupp und Volkswagen bis zur Dresdner Bank aufgearbeitet wurde. Diese Aufarbeitung war notwendig, aber für die Beteiligten oft auch quälend.

Man betraute Historiker damit, um einerseits sicherzustellen, daß ein unabhängiger Dritter für die notwendige Objektivität sorgte. Ein Historiker war andererseits aber auch ein Garant dafür, daß nicht zuviel Emotion in die Abhandlung kam. Diese Phase der nüchternen Beschreibung scheint jetzt mehr und mehr abgelöst zu werden vom Mut zur eigenen Geschichte und auch vom Mut zu emotionaleren und damit volksnäheren Darstellungen. Die Abhandlungen der Journalisten Rüdiger Jungbluth ("Die Oetkers", "Die Quandts") und Thomas Veszeleit ("Die Neckermanns", alle drei Bücher bei Campus) zählen dazu.

In letzter Zeit sind aber einige Unternehmensgeschichten erschienen, die das Thema nicht nur sprachlich gefälliger aufbereiten, sondern die über eine gelungene Bildsprache die Unternehmensgeschichte auch optisch gefällig aufbereiten. Neben dem erwähnten Band der Glasmacherei Riedel sind "Die Geschichte der Markenmacher. 75 Jahre Unilever in Deutschland" aus dem Haus Hoffmann & Campe (der Verlag beging selbst gerade seinen 225. Geburtstag) zu nennen sowie "Feuer und Eisen. 275 Jahre Wärme von Buderus" aus dem Piper-Verlag.

Buderus ist mit 275 Jahren eines der ältesten Unternehmen Deutschlands. Unter den großen Firmen Deutschlands können wahrscheinlich nur wenige wie die Schwäbischen Hüttenwerke auf eine längere Firmengeschichte zurückblicken, deren Gründung etwa 300 Jahre zurückliegt. Auf ebenfalls 275 Jahre Firmengeschichte kann die Solinger Schneidwarenfirma Zwilling J. A. Henckels AG verweisen. Buderus entwickelte sich im ältesten deutschen Montangebiet in Mittelhessen an Lahn und Dill hervor, wo Eisengewinnung und Eisenverarbeitung schon eine Rolle spielten, als vom Ruhrgebiet noch gar keine Rede war. Diese lange Geschichte wird in sieben Kapiteln kurzweilig erzählt und ausführlich dokumentiert.

Hier hatten die Autoren das Glück, auf ein großes Archiv zurückgreifen zu können. Buderus gehört zu den Unternehmen, die schon von jeher ihre Geschichte kontinuierlich aufbereitet haben. Zum zweihundertsten Geburtstag im Jahr 1931 hat das Unternehmen (im Jahr 1938) zwei Prachtbände seiner Geschichte herausgebracht. In einer für damalige Zeiten wunderschönen Aufmachung mit zahlreichen Bildern und Zeichnungen hat man nicht nur die Geschichte des Unternehmens beschrieben, sondern sie auch eingebettet in die Geschichte der Montanregion Lahn/Dill. Gemäß dem Goetheschen Motto "Liegt dir Gestern klar und offen, wirkst du heute kräftig frei, kannst auch auf ein Morgen hoffen, das nicht minder glücklich sei" wurde die Vorgeschichte der Eisen- und Stahlerzeugung in Mittelhessen schon damals sehr ausführlich und leicht lesbar einbezogen. Den zwei Bänden - sie erschienen seinerzeit bei Bruckmann in München - folgte 2001 ein dritter Band, der die Geschichte des Unternehmens in der Zeit des Nationalsozialismus und der Nachkriegszeit nachzeichnete. Dieser Band stammte aus der Feder des Bonner Wirtschaftshistorikers Hans Pohl, der vor allem durch die Veröffentlichung über "Die Daimler-Benz AG in den Jahren 1933-1945" bekannt geworden war. Dieser dritte Band ist gegenüber den Vorgängerbänden sehr viel nüchterner gehalten - entsprach damit dem beschriebenen Trend der Zeit, sich durch ein Höchstmaß an Objektivität auch den dunklen Flecken der Vergangenheit zu stellen.

Zum 275. Geburtstag hat Buderus dem trockenen Textband einen Bildband nachgereicht, der die Geschichte des Heizungsherstellers nicht weiterführt, sondern sie in Bildern dokumentiert. Als Autor wurde neben dem Haushistoriker Rainer Haus der Rundfunkjournalist Hans Sarkowicz gewonnen, der vor allem als Herausgeber der Werke von Erich Kästner bekannt ist und für eine Serie über hessische Unternehmen ausgezeichnet wurde. Er hat die vielen abgebildeten Dokumente in sieben Zeitabschnitte gegliedert und jedem Zeitabschnitt einen informativen wie auch gut lesbaren Einführungstext vorangestellt.

Um einiges leichter hatten es die Autoren von Hoffmann & Campe, die das Unilever-Jubiläum in Deutschland mit einem Buch krönten. Zum einen ging es um einen Zeitraum von 75 Jahren, aus dem eine Fülle von Bildmaterial vorliegt. Zum zweiten handelt es sich bei Unilever um einen Markenartikelhersteller, dessen Produkte (Rama, Langnese-Eis, Sunlicht, Magnum-Eis, Sanella oder Knorr) jedermann bekannt sind. Aber wie auch die Autoren der ersten Buderus-Bände greifen auch die Unilever-Schreiber weit in die Geschichte zurück. "Die Ausrottung der Armut" unter der Herrschaft Napoleons III. stand am Anfang der Margarine-Entwicklung in Europa. In leicht zugänglichen, informativen und stark illustrierten Texten ist die Lektüre nicht nur vergnüglich, sondern auch außerordentlich lehrreich, weil immer wieder auf allgemeine historische Entwicklungen bis hin zum Volkssturm im Zweiten Weltkrieg oder zur deutschen Wiedervereinigung 1990 rekurriert wird. Und wer die Folgen des Dreißigjährigen Krieges nicht mehr aus der Schulzeit parat hat, der kann sie in dem Buch über die Glaswerke Riedel nachlesen. Denn der erste Riedel erblickte gut 20 Jahre nach Beendigung dieses grausamen Krieges in Nordböhmen das Licht der Welt.

Bei Sarkowicz kann man etwas über den - verglichen mit Amerika - schweren Einzug der Zentralheizung in deutsche Häuser nachlesen, aber auch einiges über die wirtschaftlich wechselvolle Geschichte von Buderus selbst. Buderus war schon lange kein Familienunternehmen mehr. Die Gründerfamilie hat schon 1896 die Mehrheit an der hochverschuldeten Firma abgegeben; so etwas gab es auch schon damals. Sechzig Jahre später ging man wieder in Familienbesitz über, als 1956 die Friedrich Flick KG die Aktienmehrheit erwarb. Im Dezember 1985 wurde die Feldmühle Nobel AG, die aus der Friedrich Flick Industrieverwaltung KGaA hervorgegangen war, neue Obergesellschaft von Buderus. Im Januar 1992 landete Buderus unter dem Dach der Metallgesellschaft. Im Juni 1994 verkaufte diese ihre Beteiligung an der Börse. Nach einer kurzen Zeit der genossenen Selbständigkeit schluckte Bosch das attraktive Unternehmen. Heute ist Buderus nur noch eine Marke der Sparte BBT (Bosch-Buderus Thermotechnik) im Hause Bosch. Um so schöner, daß sich der Autozulieferer dennoch entschloß, die Geschichte von Buderus in einem ansprechenden Bildband aufarbeiten zu lassen.

Rainer Haus / Hans Sarkowicz: Feuer und Eisen. 275 Jahre Wärme von Buderus. Piper Verlag, München 2006, 240 Seiten, 39,90 Euro.

Manfred Bissinger (Hrsg.): Die Geschichte der Markenmacher. 75 Jahre Unilever in Deutschland. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2005, 220 Seiten, 25 Euro.

Stefan Esser: Riedel. Glasmacher seit 250 Jahren. Geschichte und Zukunft. Droemer Verlag, München 2005, 205 Seiten, 28 Euro.

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