Bücher zur Geschichte der Geldanlage können leicht ermüden, wenn sie mit der Antike beginnen und sich dann linear bis in die Gegenwart durchhangeln. Johannes Seuferle vermeidet den Fehler, indem er sein Buch zunächst nach Anlageformen und dann erst nach Zeit und Ländern gliedert. Ihn interessiert
vor allem, wie es den Anlegern früher ergangen ist, welche Anlageformen sich bewährt haben und welche…mehrBücher zur Geschichte der Geldanlage können leicht ermüden, wenn sie mit der Antike beginnen und sich dann linear bis in die Gegenwart durchhangeln. Johannes Seuferle vermeidet den Fehler, indem er sein Buch zunächst nach Anlageformen und dann erst nach Zeit und Ländern gliedert. Ihn interessiert vor allem, wie es den Anlegern früher ergangen ist, welche Anlageformen sich bewährt haben und welche nicht. Aber auch er findet keine ewig gültigen Regeln der Vermögensanlage. Wenn eine Anlageform seit 200 Jahren besser abschneidet als andere, kann das so bleiben oder in den nächsten 200 Jahren das Gegenteil eintreten.
In 17 Kapiteln beschreibt der Autor die historische Entwicklung der wichtigsten Anlageklassen wie Bargeld, Rohstoffe, Gold und Silber, Aktien, Anleihen (Staaten, Banken, Unternehmen), Grundstücke und Immobilien, Kunst und Sammlerobjekte. Immer wieder zeigt Seuferle, dass es neben einigen echten Entwicklungen (z. B. bei Immobilien und Staatsanleihen) auch viele Themen gibt, die keine Entwicklung zeigen - also eher ein Hin und Her (z.B. durch Eingriffe in das Mietrecht, Regulierung der Terminmärkte bzw. deren Entfesselung).
Er geht vielen spannenden Einzelfragen nach: Wie hoch war die Mietrendite von Häusern im Mittelalter? Wie entwickelte sich der Silberpreis in den Jahren des Goldverbotes von 1933 bis 1974? Gab es schon in der Antike wertvolle Gemälde? Wie entwickelten sich japanische Aktien von 1918 bis 1940 und wie reagierten sie auf das Erdbeben von 1923?
Besonders interessant fand ich die Exkurse zu einzelnen Themen wie dem Goldverbot oder den Zusammenhängen zwischen Aktien und Wirtschaftswachstum sowie Staats- und Unternehmensanleihen.
Seuferle berücksichtigt bei seinen Analysen stets das historische, politische, wirtschaftliche und finanzielle Umfeld. Der Ökonom belegt sachlich und neutral, dass die Finanzgeschichte voller kollektiver und für den Anleger schmerzhafter Fehleinschätzungen ist, weil scheinbar vernünftige Analogieschlüsse gezogen wurden. So wurden zur Bekämpfung und Überwindung der Weltfinanzkrise 2008/09 die Bilanzen der wichtigsten Notenbanken massiv ausgeweitet - die erwartete Inflationswelle blieb aus. Die Bekämpfung der Corona-Krise von 2020 erfolgte wiederum durch Geldschöpfung. Diesmal kam es unerwartet zur Inflation, allerdings mit Verzögerung ab 2022.
Obwohl es ein umfangreiches Quellenverzeichnis gibt, wurde aus mir unverständlichen Gründen auf ein Stichwortverzeichnis verzichtet. Bei einem Umfang von über 1.200 Seiten ist es kaum möglich, Informationen nur über das Inhaltsverzeichnis zu finden. Hilfreich wäre es gewesen, wenn im Lieferumfang der Buchausgabe das eBook enthalten wäre oder man zumindest ein Stichwortverzeichnis als PDF auf der Verlagswebseite herunterladen könnte.
Fazit: Das zweibändige Werk der Vermögensgeschichte ist eine Fundgrube qualifizierter Zahlen, Daten und Fakten und es erläutert Zusammenhänge sehr verständlich und nachvollziehbar. In zahlreichen Exkursen greift es Themen auf, die auch heute noch relevant und vor allem hochspannend sind. Es ist keine Anleitung zur Vermögensanlage, trägt aber wesentlich zum Verständnis der historischen Entwicklung bei.
(Dieses Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)