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Einer der bedeutendsten Romane der koreanischen Literatur des 20. Jahrhunderts erstmals auf Deutsch - die ergreifende Chronik eines nordkoreanischen Arztes, der am Krieg und an den Folgen der Teilung von Land und Volk zerbricht. In einem heruntergekommenen Mehrfamilienhaus in Seoul stirbt im Jahr 1968 ein alter Mann, einsam und verarmt. Die Nachbarn, die ihn kaum kannten, weil er, der Nordkoreaner, ihnen suspekt war, streiten sich um das frei gewordene Zimmer. Wer aber war dieser Herr Han?
Han Yongdok ist Professor für Gynäkologie am Universitätskrankenhaus in Pjöngjang, als 1950 der
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Produktbeschreibung
Einer der bedeutendsten Romane der koreanischen Literatur des 20. Jahrhunderts erstmals auf Deutsch - die ergreifende Chronik eines nordkoreanischen Arztes, der am Krieg und an den Folgen der Teilung von Land und Volk zerbricht.
In einem heruntergekommenen Mehrfamilienhaus in Seoul stirbt im Jahr 1968 ein alter Mann, einsam und verarmt. Die Nachbarn, die ihn kaum kannten, weil er, der Nordkoreaner, ihnen suspekt war, streiten sich um das frei gewordene Zimmer. Wer aber war dieser Herr Han?

Han Yongdok ist Professor für Gynäkologie am Universitätskrankenhaus in Pjöngjang, als 1950 der Koreakrieg ausbricht. Er entgeht der Mobilisierung, was ihn allerdings beunruhigt, ahnt er doch bereits, dass dies bedeutet, offenbar nicht auf Parteilinie zu sein. Er wird stattdessen der für die politischen Kader reservierten Sonderstation des Krankenhauses zugeteilt, hält sich aber nicht an die damit verbundenen Vorschriften und behandelt trotz Verbot auch Patienten aus dem Volk. Als er dabei erwischt wird, wie er ein schwer verletztes Mädchen operiert, wird er zum Tode verurteilt. Wie durch ein Wunder überlebt Han die Erschießung und flieht über den Fluss Daedong nach Südkorea und in die vermeintliche Freiheit. Frau und
Autorenporträt
Hwang, Sok-Yong
Hwang Sok-yong wurde 1943 in der Mandschurei geboren. Seine Werke erzählen von der bewegten Geschichte des Landes und wurden mehrfach ausgezeichnet. Hwang Sok-yong veröffentlicht 1962 seine ersten Erzählungen und erhält sofort einen Nachwuchspreis. Es folgen zahlreiche weitere Erzählungen, bis er im Jahr 1972 mit seinem ersten Roman 'Die Geschichte des Herrn Han' den großen Durchbruch schafft. 1978 zieht er aus Seoul nach Gwangju, wo er 1980 den Aufstand gegen die Militärdiktatur miterlebt, dessen blutiger Ausgang ihn für eine Weile auf die Insel Jeju zwingt. 1982 kehrt er nach Gwangju zurück und veröffentlicht zwei Jahre später den zehnbändigen Roman 'Dschang Gilsan'.

1989 reist er auf Einladung des Literatur- und Kunstverbandes zum ersten Mal nach Nordkorea, gefolgt von einer weiteren Reise im folgenden Jahr zur Versammlung aller Völker nach Pjöngjang. 1989/90 Aufenthalt als Gastschriftsteller in der Akademie der Künste in Berlin, 1991 bis 1993 Aufenthalt als Gastschriftsteller an der Long Island University in den USA. 1993 kehrt er nach Südkorea zurück und wird wegen seiner Reisen nach Nordkorea zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt.

1998 wurde er im Rahmen einer Amnestie für politische Gefangene vom neugewählten Präsidenten Südkoreas, Kim Dae-jung, nicht nur freigelassen, sondern danach sogar offiziell als südkoreanischer Kulturvertreter nach Nordkorea geschickt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.10.2005

Wenn die Freiheit das größere Gefängnis ist
Gesellschaftsbesichtigung: Hwang Sok-yongs bewegende koreanische Jahrhundertchronik / Von Steffen Gnam

Der 1943 geborene Schriftsteller Hwang Sok-yong verwebt im Universum seiner Romane Privates und Zeitgeschichtliches, innere und äußere Vorgänge, Umbrüche und Tragödien. Ein unbestechlicher Streiter für die Demokratisierung und Versöhnung zwischen den beiden Koreas, mußte Hwang von 1993 bis 1998 wegen einer Reise zu einem Schriftstellertreffen nach Nordkorea eine Haftstrafe verbüßen. Die retrospektive Rekonstruktion einer Biographie im Spannungsfeld politischer Anschauungen und Systeme zieht sich denn auch leitmotivisch durch das Schaffen Hwangs. Zwei in dieser Hinsicht exemplarische Werke sind nun auf deutsch erschienen.

"Die Geschichte des Herrn Han" aus dem Jahr 1972 ist noch ganz im Stil des "kritischen Realismus" des politisch engagierten Jugendwerks gehalten. Eingebettet in die Rahmenerzählung einer traditionellen koreanischen Totenwache, zeigt der parabelartige Roman den Aufstieg und Fall eines nordkoreanischen Arztes auf. Han Yongdok, ein Professor der Gynäkologie an der Kim-Il-Sung-Universität in Pjöngjang, entgeht der Mobilisierung für den Korea-Krieg, indem man ihn in eine für Parteimitglieder eingerichtete Kaderstation versetzt. Weil er sich aber verbotenerweise immer wieder um Verletzte aus dem Volk kümmert, wird er nach einer geheimen Operation zum Tode verurteilt. Durch eine Fügung des Schicksals überlebt er das Erschießungskommando und flüchtet ohne Frau und Kinder in den Süden, wo er eine Praxis eröffnet. Aber auch in seiner neuen Heimat ist er, nur aus umgekehrter politischer Richtung, dem Teufelskreis aus Verdächtigungen, Repressalien, Folter und schließlich einer langen Gefängnisstrafe ausgesetzt.

In einer klaren, unprätentiösen Sprache erzählt das Buch vom "Wahnsinn, den dieses Jahrhundert heimsuchte". Hwang entwirft expressive Stilleben des Elends wie gespenstergleiche Gefangenenmärsche oder Flüchtlingskolonnen, die schweigend über Felder ziehen. Mit einem ihm eigenen Duktus der Ruhelosigkeit skizziert der Autor Korea als Spielball der Mächte und als Manövriermasse der Ideologien. Mit analytischer Schärfe schildert Hwang die mit der Waffenruhe in Südkorea einkehrende Anarchie und die Probleme eines Aufrichtigen, im Chaos und Werteverfall der Nachkriegsgesellschaft zu überleben.

Als Han die illegale Gewerbetätigkeit der Kollegen seiner Praxisgemeinschaft aus Gewissensgründen publik macht, wird er von ihnen aus Rache als Spion aus dem Norden verleumdet. Immer aussichtsloser verfängt er sich in einem Netz aus Denunziation, Beamtenwillkür, Komplotten und Korruption. Bei aller ungeschönten Realitätsnähe erweist sich Hwang aber gerade in seiner allegorischen Naturlyrik als Meister der Zwischentöne und als Optimist: "Der Krieg war zu Ende. Das heißt, in Wahrheit war es eher so wie bei einem Fluß, der plötzlich an der Oberfläche gefriert. Die politischen Querelen ebenso wie die Hoffnungen der Menschen überwintern einfach unter dem Eis und warteten auf die neue Jahreszeit."

Im Spätwerk "Der ferne Garten" (2000) eignet sich der Autor eine introspektive Schreibweise und Weltsicht an, welche die irdischen Intrigen zugunsten einer buddhistisch angehauchten Universalität überwindet. Standen in der "Geschichte des Herrn Han" der Korea-Krieg und seine Folgen im Vordergrund, so geht es hier um Koreas turbulente und studentenbewegte achtziger Jahre. Im belletristischen Zeitraffer rekapituliert Hwang den Gwangju-Aufstand von 1980 und seine blutige Niederschlagung, Brandanschläge auf amerikanische Kulturinstitute oder die Massendemonstrationen für direkte Präsidentschaftswahlen von 1987.

Der politische Gefangene Oh Hyunuh kehrt 1999 nach siebzehn Jahren Haft in ein nach außen demokratischeres, aber ihm mittlerweile entfremdetes Südkorea zurück. Mit einer die Tragik untermalenden Ironie beschreibt Hwang die mühsame Resozialisierung Hyunuhs im öffentlichen Leben. Während er sich in der Gegenwart nur schwer zurechtfindet, ziehen vor seinem geistigen Auge revolutionäre Jugendaktivitäten der achtziger Jahre, Landschaften seines Flüchtlingslebens und hinterlassene Liebschaften vorbei. Doch von seiner Schwester, bei der er zunächst wohnt, erfährt er, daß seine ehemalige Geliebte, die Malerin Yunhi, drei Jahre vor seiner Entlassung verstorben ist.

Beim Versuch, die bewegte Vergangenheit wiederaufleben zu lassen, bedient sich der Autor verschiedener Erinnerungsverfahren: Zum einen bereist Hyunuh selbst die Orte seiner Revolten und Lieben wie das Dorf Galmö, wo er in einem als Atelier eingerichteten Gartenhaus mit Yunhi fast zwanzig Jahre zuvor unbeschwerte Sommertage verbrachte. Dort findet er ihre Skizzen, Briefe und an ihn adressierte Tagebücher, deren Einträge sich im Roman mit Hyunuhs Reminiszenzen wechselseitig ergänzen und überlagern.

Immer wieder arbeitet Hwang dabei mit Oppositionen: Galmö als Locus amoenus wird Gwangju als Ort des Grauens und Sinnbild für die Brutalität der Militärdiktatur entgegengestellt. Hwang relativiert dabei "linke" und "rechte" Begrifflichkeiten ebenso wie die Metaphorik von "drinnen" und "draußen", wobei die minutiösen Einblicke in den öden Vollzugsalltag zu den stärksten Romanszenen zählen. Psychologisch überzeugend ist auch die Passage einer "Gesellschaftsbesichtigung", ein von Wärtern in Zivil begleiteter Wochenendausflug per Bahn zu Verwandten in die Freiheit, welchen der Erzähler letztlich als Rückkehr in das "größere Gefängnis" empfindet.

Dabei bettet der Kosmopolit Hwang das "Draußen" in einen komplexeren Denkhorizont als den rein koreanischen ein. So beschließt Yunhi gegen Ende des Buches, zum Kunststudium nach Berlin zu fliegen, "in diese trübe Stadt, die man oft in Spionagefilmen sah". Wie Hwang in seinem Berliner Exil 1989 bis 1991, erlebt Yunhi den Fall der Mauer vor Ort, die Wiedervereinigungseuphorie und die Auflösung des sowjetischen Staatssozialismus.

In den Berliner Tagebucheinträgen Yunhis, die den Freiheitskampf ihres immer noch in Korea inhaftierten Geliebten fortführen will, werden die Illusionen und Restriktionen von Revolutionen im Vergleich der koreanischen Studentenbewegung mit 1968 in Europa zur Sprache gebracht. Immer wieder ergeht sich der "realistische Idealist", wie Hwang sich gerne nennt, in Gedanken über Kapitalismus und die Kolonialisierung des Geistes, über Indoktrination und Agitation, Literatur und politische Opposition.

Erst nach Yunhis Tod und seiner Haftentlassung erfährt Hyunuh aus ihren Tagebüchern von der Existenz einer gemeinsamen Tochter. Das Treffen mit ihr in Seoul gerät zum etwas melodramatischen, aber symbolischen Schlußpunkt des Buchs. So entwirft Hwang auf privater und politischer Ebene in beiden Romanen in autobiographisch gefärbten Geschichten über Trennung, Entzweiung und Annäherung eine vielschichtige, nach vorne gerichtete koreanische Jahrhundertchronik. Zwischen den Zeilen schimmert dabei immer auch die Vision einer "Endzeit der Teilung" hervor. Hwang Sok-yong, dieses Eindrucks kann sich der Leser seiner zwischen Revolution und Romantik, düsterem Realismus und leuchtkräftiger Fiktion oszillierenden Romane nicht erwehren, glaubt an das weltverändernde Moment in der Literatur.

Hwang Sok-yong: "Die Geschichte des Herrn Han". Roman. Aus dem Koreanischen übersetzt von Oh Dong-sik, Kang Seung-hee und Torsten Zaiak. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2005. 140 Seiten, br., 12,- [Euro].

Hwang Sok-yong: "Der ferne Garten". Roman. Aus dem Koreanischen übersetzt von Oh Dong-sik, Kang Seung-hee und Torsten Zaiak. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2005. 520 S., br., 15,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Dorothea Dieckmann erklärt, warum Hwang Sok-yongs Roman aus dem Jahr 1972 im Stile eines "fast dokumentarischen Realismus" verfasst ist: Weil in Korea das Drama des 20. Jahrhunderts, das mit der japanischen Kolonialherrschaft seinen Anfang nahm und sich nach dem Zweiten Weltkrieg fortsetzte, als "Russen, Amerikaner und Chinesen (an Korea) zerrten wie an einem Beutetier", noch immer keinen Abschluss fand - weil die "Unbegreiflichkeit des Wirklichen", der man sich im ruhigen Europa schreibend annäherte, in Korea die Realität war. Der Realismus war ein Imperativ für die Schriftsteller, die sich dieser Realität annahmen, genau wie die tarnende Metaphorik, die dazu diente, der Zensur ein Schnippchen zu schlagen. Und was für eindringliche Metaphern finden sich in diesem Roman! Die Geschichte von Herrn Han, einem Arzt, der als Leichenwäscher arbeitet, der den Kommunisten im Norden entkam, um im Süden als nordkoreanischer Agent gefoltert zu werden, ist Dieckmann zufolge die Geschichte einer ganzen Generation.

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