Dieses Buch versammelt 16 zentrale Essays von Werner Hofmann, deren gemeinsames Leitthema im Titel "Die gespaltene Moderne" seinen Ausdruck findet. Denn Hofmann weist uns in seinen Texten auf die Brüche und Ambivalenzen hin, die sich in entscheidenden Werken der Moderne finden, und verknüpft sie souverän mit dem jeweiligen geistesgeschichtlichen Kontext. Hofmanns unvoreingenommener Blick wird vielen eine neue Sichtweise auf die Kunst eröffnen.
Werner Hofmann zeigt in diesem Essayband, daß die Moderne nicht ein linear gedachtes Projekt darstellt, sondern sich in Ambivalenzen und Selbstwidersprüchen ereignet. Dabei riskieren es führende Köpfe der Malerei des 20. Jahrhunderts wie Picasso oder Duchamp immer wieder, in Niemandsländer vorzudringen. Bevor Kandinsky in "Gegensätzen und Widersprüchen" die neue Harmonie entdeckte, stellten schon Burckhardt, Nietzsche und Warburg die Auflösung des herkömmlichen Kunstbegriffs in Aussicht und spürten die Rückwendung zu den magischen Ursprüngen der Kunst auf. Daraus gewann die Moderne ihre offenen Umrisse, auf deren Vielseitigkeit seither die verschiedensten Deutungen eine oder mehrere Antworten suchen. Diese Deutungsoffenheit wird an den Thesen dreier großer Kunsthistoriker aufgezeigt, denen Hofmann sich verpflichtet fühlt: Julius von Schlosser, Hans Sedlmayr und Ernst Gombrich. Wie die zeitgenössischen Künstler arbeiteten sie an einem erweiterten, mit Fragezeichen versehenen Kunstbegriff. Die Öffnung wird in dem großen Aufsatz über Das gespaltene Pathos der Moderne dargelegt. Daran schließt sich ein Ausblick auf die "ungewissen Künste" an. Kein Ende wird angekündigt, sondern das Nebeneinander aus Heilserwartungen und Kunsterwartungen, Ausstellungskünsten und Zivilisationsutopien, aus Ironie und Magie.
Werner Hofmann zeigt in diesem Essayband, daß die Moderne nicht ein linear gedachtes Projekt darstellt, sondern sich in Ambivalenzen und Selbstwidersprüchen ereignet. Dabei riskieren es führende Köpfe der Malerei des 20. Jahrhunderts wie Picasso oder Duchamp immer wieder, in Niemandsländer vorzudringen. Bevor Kandinsky in "Gegensätzen und Widersprüchen" die neue Harmonie entdeckte, stellten schon Burckhardt, Nietzsche und Warburg die Auflösung des herkömmlichen Kunstbegriffs in Aussicht und spürten die Rückwendung zu den magischen Ursprüngen der Kunst auf. Daraus gewann die Moderne ihre offenen Umrisse, auf deren Vielseitigkeit seither die verschiedensten Deutungen eine oder mehrere Antworten suchen. Diese Deutungsoffenheit wird an den Thesen dreier großer Kunsthistoriker aufgezeigt, denen Hofmann sich verpflichtet fühlt: Julius von Schlosser, Hans Sedlmayr und Ernst Gombrich. Wie die zeitgenössischen Künstler arbeiteten sie an einem erweiterten, mit Fragezeichen versehenen Kunstbegriff. Die Öffnung wird in dem großen Aufsatz über Das gespaltene Pathos der Moderne dargelegt. Daran schließt sich ein Ausblick auf die "ungewissen Künste" an. Kein Ende wird angekündigt, sondern das Nebeneinander aus Heilserwartungen und Kunsterwartungen, Ausstellungskünsten und Zivilisationsutopien, aus Ironie und Magie.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.12.2004Der Pflanzenwuchs der Phantasie
Werner Hofmann nistet in der gespaltenen Moderne
Die Moderne hat im Mittelalter begonnen. Wer das nicht glaubt, ist ein Klassizist. Denn er hängt einem normativen Schönheitsideal der monofokalen Geschlossenheit, Ganzheit und transzendent rückversicherten Ästhetik an, das antimodern ist. Nur wer in der Lage ist, gezielte Blicke an die Ränder, "en marge", zu werfen, der wird in mittelalterlichen Handschriften Auflösungen, Karikaturen und Transformationen von Geometrischem in Vegetabilisches erkennen, die die wuchernde Phantasie und die Modernität des angeblich so dunklen Zeitalters dokumentieren.
Das ist die stärkste These, die Werner Hofmann in seinem neuesten Aufsatzband "Die gespaltene Moderne" vertritt. Der Band versammelt Frühes und Aktuelles, bereits Publiziertes und Neugeschriebenes aus der abundant produzierenden Feder Hofmanns - die Spannbreite reicht von einem Essay über "Gegenwelt und Gegenkünste", der 1951 in der Wiener Zeitung erschien, bis hin zu einem Aufsatz über "Das gespaltene Pathos der Moderne" von 2004. Damit der Leser nicht den Überblick verliert in solcher Vielfalt, gibt Hofmann ihm in seiner fulminanten Einleitung einige Leitlinien für die richtige Lektüre seiner Texte an die Hand. Er historisiert sich hier gewissermaßen selbst, indem er - als sein bester und kundigster Exeget - seine Hauptthesen auf den Punkt bringt und versucht, Fixpunkte in seiner eigenen intellektuellen Entwicklung dingfest zu machen, die durch den Rückblick eine gewisse Zwangsläufigkeit gewinnt.
Wer Texte von Werner Hofmann kennt, ist mit seinem merkwürdigen Dreisprung des "einerseits, andererseits, dennoch" vertraut. Das Verstörende des Untersuchungsgegenstandes "Moderne" darf nicht überhandnehmen, es muß in einer spezifischen Form dialektisch versöhnt werden: Die "Integration der Ambivalenz" hat sich Hofmann auf die Fahnen geschrieben - in der modernen Synthese (so die These) werden These und Antithese nicht zu einer neuen Ganzheit verschmolzen, sondern sind gezwungen, in einer Art "Doppelnatur" nebeneinander zu existieren. Die Moderne ist gespalten, aber nicht gebrochen. Sie ist janusgesichtig, ambivalent und voller Spannungen, nicht unversöhnbar, sondern integrativ, mit der Sprengkraft der Gegensätze aufgeladen, was ihr "Verunsicherungspotential" ausmacht. Sie ist "Negation der Negation". Sie vereint Begriff und Gegenbegriff in "einträchtiger Zwietracht", sie koppelt Kontraste und Affekte wie gekuppelte Säulen, sie arbeitet mit Bruchstücken, Montagen, Variationen, Travestien und Ironisierungen. Sie bedient sich der "Gegenkünste" wie Grotesken, Karikaturen und Capricci, um ihre Widerständigkeit gegen die kanonisierte Mainstream-Kunst aufscheinen zu lassen. Ihre emblematische Kunstform ist die Collage. Der moderne Prozeß der Formgenese besteht in der ständigen Metamorphose ohne teleologisch festgelegte Richtung, in der unabschließbaren Transformation, die über die Freiheit der Wahl zwischen unterschiedlichen Modi der Darstellung verfügt. Kanon und Antikanon sind in Hofmanns Moderne komplementäre Erscheinungen. Nichts ist endgültig, das Experimentelle, das Improvisierte, der Versuch haben Kunstwert. Die Moderne macht den Schritt von der Monofokalität zur Polyfokalität - ein weiteres gekoppeltes Begriffspaar, das Hofmann, wie er schreibt, mit nicht überwältigendem Erfolg schon lange propagiert hat.
In Verdichtungsmomenten von Modernität entstanden, so scheint es, Inkunabeln und Ikonen der Moderne, die Hofmanns privates Musée imaginaire bestücken und als Kronzeugen für solche Modernitätsschübe herangezogen werden. Die Auswahl von Collagiertem und Konzeptuellem spiegelt die Kunstvorlieben eines Theoretikers: Paul Klee, Schwitters MERZ-Bau, Duchamps Großes Glas und Bretons Atelierwand. Doch nicht nur Kunstikonen versammelt Hofmann, auch Leitbilder theoretischer Auseinandersetzung mit der Moderne in der Kunstgeschichtsschreibung werden aufgerufen: Daß Nietzsche eine tragende Rolle spielt, versteht sich von selbst. Auch Burckhardt (der unterderhand modernisiert wird), Warburg, Gombrich und Sedlmayr (als totalitärer Unmoderner) sind Vor- und Gegendenker von Hofmanns These. Besonders interessant ist der Text über Julius von Schlosser, den Exzentriker der Wiener Schule, und sein "offenes System" der Kunstgeschichtsschreibung. Seine Untersuchungsgegenstände - Porträtbildnerei in Wachs, Wunderkammern, "Armeleutekunst" - verliehen diesem "Verächter doktrinärer Lehrgebäude" eine Sonderstellung in der kanonfixierten Kunsthistorie.
Die einzelnen Künstler- und Theoretikerstimmen aus der Vorgeschichte der Moderne, die Hofmann zu Wort kommen läßt, werden in Dialoge verwickelt, die zum Teil so (rezeptionsästhetisch korrekt) nie stattgefunden haben. Wie soll es möglich sein, daß Duchamp in seiner Arbeit "Fresh Widow" Malewitschs Schwarzes Quadrat kommentiert, wenn er es (wie Hofmann annimmt) gar nicht kannte? Nur, wenn er den Künstler als Seher in Reinform repräsentiert. Dennoch entbehren viele dieser Geistergespräche dank der evokatorischen Kraft des Autors, der über den von ihm gerne zitierten Musilschen "Möglichkeitssinn" verfügt, nicht einer gewissen Plausibilität - sie hätten so geführt werden können. Neben den "Leitfiguren" gibt es für Hofmann offensichtlich auch "Leitdikta", die sich basso-continuo-artig durch seine Texte ziehen: Goethes olympische Äußerung über das gelungene Kunstwerk - "da ist Notwendigkeit, da ist Gott" - gehört ebenso dazu wie Mephistos Bonmot aus Faust II: "Gestaltung, Umgestaltung. Des ewigen Sinnes ewige Unterhaltung".
Es geht Hofmann um "ein konstantes Gerüst von Argumenten (Strukturmerkmalen)", deshalb gibt es in seinem "Zitatenfundus einen festen Bestand, der sich - polyfokal - für verschiedene Bezugs- und Problemfelder verwenden läßt". Diese offensiv vorgetragene Entschuldigung tröstet den Leser bei fortschreitender Lektüre immer seltener über die Griffe des Autors in die immer gleichen Schubladen des Zettelkastens seiner Belesenheit. Insbesondere - und damit autopoietisch angemessen - hangelt sich Hofmann in seinem Text über das "Kunstprinzip Capriccio" (1998) nur noch von Zitat zu Zitat.
Am Ende kündigt sich der nächste Aufsatzband an: Dort fühlt sich der Autor gereizt, über das (selbstkreierte) "kühne Wort" nachzudenken, daß bereits im Rokoko "die Wurzeln der Skepsis des neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts" keimten. Einerseits darf man gespannt sein. Andererseits ahnt man, worauf das wohl hinauslaufen wird.
CHRISTINE TAUBER
Werner Hofmann: "Die gespaltene Moderne". Aufsätze zur Kunst. C. H. Beck Verlag, München 2004. 210 S., 35 Abb., br., 19,90 [Euro].
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Werner Hofmann nistet in der gespaltenen Moderne
Die Moderne hat im Mittelalter begonnen. Wer das nicht glaubt, ist ein Klassizist. Denn er hängt einem normativen Schönheitsideal der monofokalen Geschlossenheit, Ganzheit und transzendent rückversicherten Ästhetik an, das antimodern ist. Nur wer in der Lage ist, gezielte Blicke an die Ränder, "en marge", zu werfen, der wird in mittelalterlichen Handschriften Auflösungen, Karikaturen und Transformationen von Geometrischem in Vegetabilisches erkennen, die die wuchernde Phantasie und die Modernität des angeblich so dunklen Zeitalters dokumentieren.
Das ist die stärkste These, die Werner Hofmann in seinem neuesten Aufsatzband "Die gespaltene Moderne" vertritt. Der Band versammelt Frühes und Aktuelles, bereits Publiziertes und Neugeschriebenes aus der abundant produzierenden Feder Hofmanns - die Spannbreite reicht von einem Essay über "Gegenwelt und Gegenkünste", der 1951 in der Wiener Zeitung erschien, bis hin zu einem Aufsatz über "Das gespaltene Pathos der Moderne" von 2004. Damit der Leser nicht den Überblick verliert in solcher Vielfalt, gibt Hofmann ihm in seiner fulminanten Einleitung einige Leitlinien für die richtige Lektüre seiner Texte an die Hand. Er historisiert sich hier gewissermaßen selbst, indem er - als sein bester und kundigster Exeget - seine Hauptthesen auf den Punkt bringt und versucht, Fixpunkte in seiner eigenen intellektuellen Entwicklung dingfest zu machen, die durch den Rückblick eine gewisse Zwangsläufigkeit gewinnt.
Wer Texte von Werner Hofmann kennt, ist mit seinem merkwürdigen Dreisprung des "einerseits, andererseits, dennoch" vertraut. Das Verstörende des Untersuchungsgegenstandes "Moderne" darf nicht überhandnehmen, es muß in einer spezifischen Form dialektisch versöhnt werden: Die "Integration der Ambivalenz" hat sich Hofmann auf die Fahnen geschrieben - in der modernen Synthese (so die These) werden These und Antithese nicht zu einer neuen Ganzheit verschmolzen, sondern sind gezwungen, in einer Art "Doppelnatur" nebeneinander zu existieren. Die Moderne ist gespalten, aber nicht gebrochen. Sie ist janusgesichtig, ambivalent und voller Spannungen, nicht unversöhnbar, sondern integrativ, mit der Sprengkraft der Gegensätze aufgeladen, was ihr "Verunsicherungspotential" ausmacht. Sie ist "Negation der Negation". Sie vereint Begriff und Gegenbegriff in "einträchtiger Zwietracht", sie koppelt Kontraste und Affekte wie gekuppelte Säulen, sie arbeitet mit Bruchstücken, Montagen, Variationen, Travestien und Ironisierungen. Sie bedient sich der "Gegenkünste" wie Grotesken, Karikaturen und Capricci, um ihre Widerständigkeit gegen die kanonisierte Mainstream-Kunst aufscheinen zu lassen. Ihre emblematische Kunstform ist die Collage. Der moderne Prozeß der Formgenese besteht in der ständigen Metamorphose ohne teleologisch festgelegte Richtung, in der unabschließbaren Transformation, die über die Freiheit der Wahl zwischen unterschiedlichen Modi der Darstellung verfügt. Kanon und Antikanon sind in Hofmanns Moderne komplementäre Erscheinungen. Nichts ist endgültig, das Experimentelle, das Improvisierte, der Versuch haben Kunstwert. Die Moderne macht den Schritt von der Monofokalität zur Polyfokalität - ein weiteres gekoppeltes Begriffspaar, das Hofmann, wie er schreibt, mit nicht überwältigendem Erfolg schon lange propagiert hat.
In Verdichtungsmomenten von Modernität entstanden, so scheint es, Inkunabeln und Ikonen der Moderne, die Hofmanns privates Musée imaginaire bestücken und als Kronzeugen für solche Modernitätsschübe herangezogen werden. Die Auswahl von Collagiertem und Konzeptuellem spiegelt die Kunstvorlieben eines Theoretikers: Paul Klee, Schwitters MERZ-Bau, Duchamps Großes Glas und Bretons Atelierwand. Doch nicht nur Kunstikonen versammelt Hofmann, auch Leitbilder theoretischer Auseinandersetzung mit der Moderne in der Kunstgeschichtsschreibung werden aufgerufen: Daß Nietzsche eine tragende Rolle spielt, versteht sich von selbst. Auch Burckhardt (der unterderhand modernisiert wird), Warburg, Gombrich und Sedlmayr (als totalitärer Unmoderner) sind Vor- und Gegendenker von Hofmanns These. Besonders interessant ist der Text über Julius von Schlosser, den Exzentriker der Wiener Schule, und sein "offenes System" der Kunstgeschichtsschreibung. Seine Untersuchungsgegenstände - Porträtbildnerei in Wachs, Wunderkammern, "Armeleutekunst" - verliehen diesem "Verächter doktrinärer Lehrgebäude" eine Sonderstellung in der kanonfixierten Kunsthistorie.
Die einzelnen Künstler- und Theoretikerstimmen aus der Vorgeschichte der Moderne, die Hofmann zu Wort kommen läßt, werden in Dialoge verwickelt, die zum Teil so (rezeptionsästhetisch korrekt) nie stattgefunden haben. Wie soll es möglich sein, daß Duchamp in seiner Arbeit "Fresh Widow" Malewitschs Schwarzes Quadrat kommentiert, wenn er es (wie Hofmann annimmt) gar nicht kannte? Nur, wenn er den Künstler als Seher in Reinform repräsentiert. Dennoch entbehren viele dieser Geistergespräche dank der evokatorischen Kraft des Autors, der über den von ihm gerne zitierten Musilschen "Möglichkeitssinn" verfügt, nicht einer gewissen Plausibilität - sie hätten so geführt werden können. Neben den "Leitfiguren" gibt es für Hofmann offensichtlich auch "Leitdikta", die sich basso-continuo-artig durch seine Texte ziehen: Goethes olympische Äußerung über das gelungene Kunstwerk - "da ist Notwendigkeit, da ist Gott" - gehört ebenso dazu wie Mephistos Bonmot aus Faust II: "Gestaltung, Umgestaltung. Des ewigen Sinnes ewige Unterhaltung".
Es geht Hofmann um "ein konstantes Gerüst von Argumenten (Strukturmerkmalen)", deshalb gibt es in seinem "Zitatenfundus einen festen Bestand, der sich - polyfokal - für verschiedene Bezugs- und Problemfelder verwenden läßt". Diese offensiv vorgetragene Entschuldigung tröstet den Leser bei fortschreitender Lektüre immer seltener über die Griffe des Autors in die immer gleichen Schubladen des Zettelkastens seiner Belesenheit. Insbesondere - und damit autopoietisch angemessen - hangelt sich Hofmann in seinem Text über das "Kunstprinzip Capriccio" (1998) nur noch von Zitat zu Zitat.
Am Ende kündigt sich der nächste Aufsatzband an: Dort fühlt sich der Autor gereizt, über das (selbstkreierte) "kühne Wort" nachzudenken, daß bereits im Rokoko "die Wurzeln der Skepsis des neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts" keimten. Einerseits darf man gespannt sein. Andererseits ahnt man, worauf das wohl hinauslaufen wird.
CHRISTINE TAUBER
Werner Hofmann: "Die gespaltene Moderne". Aufsätze zur Kunst. C. H. Beck Verlag, München 2004. 210 S., 35 Abb., br., 19,90 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Außerordentlich angetan zeigt sich Michael Diers von dem Band "Die gespaltene Moderne", der sechzehn Essays des Hamburger Kunsthistorikers Werner Hofmann aus fünf Jahrzehnten versammelt und damit eine Summe seiner Schriften über Kunst und Kunstgeschichte der Moderne bildet. Im Mittelpunkt von Hofmanns Überlegungen sieht Diers den Zwiespalt und die Zerrissenheit der Moderne, die in ihrer Kunst anschaulich werden. Hofmann spüre den "Ambivalenzen und Widersprüchen, Konflikten und Kontrasten, Gegensätzen und Umbrüchen, Pendelschwüngen und Ausgleichsbewegungen, Antithesen und Synthesen der Moderne" nach. Dabei habe er das Modell der Komplementarität, ein nach Niels Bohr "erkenntniskritisch notwendiges Nebeneinander zweier widersprechender Betrachtungsweisen", für sein Schreiben und Nachdenken über die Kunst äußerst fruchtbar gemacht. Methodisch führe dies allerdings bisweilen dazu, dass Hofmann "auf die diagnostizierten Zwiespälte in der Geschichte der modernen Kunst gelegentlich mit Synthesen, jedenfalls Ausgleichsangeboten und auf Syntheseangebote der Kunst mit kritischen Zwiespaltungen antworten zu müssen". Durch diese rhetorisch "immer brillant" vorgetragen Ausgleichsbestrebungen werde der Rauheit ein "glatter Anstrich" verliehen. Diese Anmerkung will Diers freilich nicht als "Einrede" gegen das Buch verstanden wissen, zumal dieses voll von "Anregungen und Aufregungen" sei. Überhaupt verstehe es Hoffmann in seinen Aufsätzen Einsichten mit Aussichten zu verbinden und auch mit Ansichten nicht hinter dem Berg zu halten. Vor allem eins rechnet ihm der Rezensent hoch an: Hofmann nimmt "die Kunst, hier diejenige vom Rokoko bis zur Gegenwart, von Hogarth und Picasso, in ihrer Formensprache und Gedankenwelt sehr ernst."
© Perlentaucher Medien GmbH
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