Eine aufschlussreiche Analyse des Glücks
Bereits im Vorwort bringt Stefan Klein das Thema auf den Punkt: „So, wie wir mit der Fähigkeit zu sprechen auf die Welt kommen, sind wir auch für die guten Gefühle programmiert.“ Er vergleicht diese Entdeckung hinsichtlich seiner Bedeutung für die Menschen
mit Freuds Theorie vom Unbewussten.
Bis vor 40 Jahren glaubten Wissenschaftler, dass der Mensch…mehrEine aufschlussreiche Analyse des Glücks
Bereits im Vorwort bringt Stefan Klein das Thema auf den Punkt: „So, wie wir mit der Fähigkeit zu sprechen auf die Welt kommen, sind wir auch für die guten Gefühle programmiert.“ Er vergleicht diese Entdeckung hinsichtlich seiner Bedeutung für die Menschen mit Freuds Theorie vom Unbewussten.
Bis vor 40 Jahren glaubten Wissenschaftler, dass der Mensch als unbeschriebenes Blatt auf die Welt kommt und Emotionen durch Nachahmung erlernt. Seit den Forschungen von Paul Ekman in Papua-Neuguinea wissen wir, dass Kultur kaum Einfluss auf Emotionen hat. Elementare Emotionen und die Art, wie unser Körper sie ausdrückt, sind angeboren.
Autor Klein bezieht sich in seinen Ausführungen u.a. auf den bekannten Neurologen Antonio Damasio und dessen Untersuchungen zur Intuition. Dieses Bauchgefühl gibt es und es hat seine Berechtigung. Wir entscheiden uns oftmals aufgrund eines Gefühls richtig, ohne das näher begründen zu können. Manchmal weiß der Körper mehr als der Verstand.
Emotionen entstanden im Zuge der Evolution, damit Lebewesen vergleichsweise einfache Fragen schnell lösen können. Vernunft allein lenkt uns nicht in sinnvolle Bahnen. Klein unterscheidet Emotionen von Gefühlen. Eine Emotion ist eine automatische Antwort des Körpers auf eine bestimmte Situation und ein Gefühl erleben wir, wenn wir diese Emotion bewusst wahrnehmen.
Mit dem Mittel des Vergnügens verführt die Natur uns zu tun, was uns am meisten nützt. Erlebnis und Erwartung des Glücks dienen dazu, unser Handeln zu steuern. Dabei ist Glück nicht das Gegenteil von Unglück. Beides kann nebeneinander existieren. Diese Ambivalenz kann durch den Aufbau des Gehirns erklärt werden. Unterschiedliche Bereiche im Hirn sind für Glück bzw. Unglück zuständig.
Im zweiten Teil des Buches beschäftigt sich Klein mit der Entwicklungsgeschichte der Emotionen. Emotionen sind auch im Tierreich bekannt. Ob bzw. wie Tiere fühlen, ist dagegen unbekannt. Erstaunlich ist, wie Emotionen verändert werden können. Klein berichtet über Versuche mit dem Neurotransmitter Dopamin („Glückshormon“) und anderen biochemischen Botenstoffen. Die Wirkungsweise von Dopamin wurde in dem Film „Zeit des Erwachens“ einem breiten Publikum vorgestellt.
Das Gehirn wird von Spaß angetrieben. Damit ist auch der Nährboden für Suchterscheinungen gegeben, wie Klein anhand verschiedener Versuche deutlich macht. Sucht bedient sich der gleichen Mechanismen, die im Alltag für Lernen und Vorfreude zuständig sind; Sucht ist ein Unfall auf der Suche nach Glück. Abhängigkeit ist Begehren, welches aus dem Ruder läuft.
Der Mensch ist in der Lage, seine angeborenen Triebe, Lüste und Ängste in geordnete Bahnen zu lenken. Hiervon handelt der dritte Teil des Buches. Glück gibt es nur in der Gegenwart in Verbindung mit Erfahrungen. Dabei genügt es nicht, glücklich zu sein, sondern man muss sein Glück auch erkennen. In Momenten hoher Aufmerksamkeit steht die Zeit still und man gerät in einen Zustand, der als „Fließen“ bezeichnet wird.
Neu ist auch die Erkenntnis, dass mystische Erfahrungen den Naturwissenschaften zugänglich sind. Solche Erfahrungen können künstlich durch elektromagnetische Reizung der Schläfenlappen hervorgerufen werden. Meditierende schaffen das auch ohne künstliche Eingriffe dank jahrelangen Trainings.
Stefan Kleins Schreibstil ist ansprechend, seine Ausführungen haben ein naturwissenschaftliches Fundament und sind verständlich. Erfreulich, dass er auf esoterische Spekulationen verzichtet. Im Epilog fasst er wichtige Prinzipien zusammen, die er in den vorderen Kapiteln ausführlich behandelt hat. Das Buch macht deutlich, dass man Glück lernen kann.